Sie „teilen sich inzwischen eine Pizza“: Gardasee-Wirte verwundert über deutsche Urlauber

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Geteilte Pizza statt Mercedes-Protz: Auch weil die deutschen Gardasee-Urlauber immer mehr sparen, kämpfen die lokalen Wirte ums Überleben.

Bardolino – Ein Italien-Urlaub in Saus und Braus? Das war mal. Wo früher geklotzt wurde, wird heute oftmals geknausert. So auch am Gardasee. Wo Deutsche früher viel Geld ausgaben, fällt italienischen Wirten mittlerweile ein Umschwung auf. Die Urlauber aus dem Norden sparen in vielen Fällen. Die Feriengäste teilen sich oft eine Pizza zu zweit, trinken Bier statt Wein und bringen ihr eigenes Wasser mit.

Immer weniger Deutsche kommen an den Gardasee, und sie müssen dabei sparen.
Immer weniger Deutsche kommen an den Gardasee, und sie müssen dabei sparen. © IMAGO/Michael Bihlmayer

Unter den preisbewussten Urlaubern leiden Wirte wie Maria Luisa Olivieri, die seit 31 Jahren das Restaurant „Al Porto“ in Bardolino führt. Sie sprach mit dem Focus über den Wandel bei ihren deutschen Gästen. Trotz Klagen über ausbleibende zahlungskräftige Touristen ärgern sich die Menschen am Gardasee indes auch über den Massentourismus.

Mercedes-Touristen verschwunden – die deutschen Urlauber sparen am Gardasee

„Die Deutschen, die Jahrzehnte mit einem Mercedes gekommen sind, sind weg! Die, die jetzt zu uns kommen, gehen deutlich sparsamer mit ihrem Geld um“, berichtet Olivieri von ihrem Restaurant mit Seeblick. Das Sparverhalten zeigt sich überall: „Es gibt Paare, die teilen sich inzwischen eine Pizza“, erzählt die Wirtin. Beim Wein wird ebenfalls gespart – statt einer ganzen Flasche bestellen Gäste nur noch ein Glas oder greifen gleich zum günstigeren Bier.

Olivieri ist nicht allein mit ihren Sorgen. Ihr Restaurant verzeichne zwanzig Prozent weniger Umsatz. Fabio Pasqualini, Präsident des Handelsverbands Confcommercio Bardolino, bestätigt gegenüber Corriere del Veneto die dramatische Entwicklung: „Es gibt einen Wandel im Tourismus.“ Die Zahlen sind alarmierend: „Der Handel leidet viel mehr als andere Bereiche, wir rechnen mit einem Rückgang von zehn bis zwanzig Prozent“, erklärt Pasqualini. Besonders bitter: „Der See zieht nicht mehr so an wie früher“. Nach 22.30 Uhr seien die Straßen wie ausgestorben, wo früher bis Mitternacht Leben herrschte.

Brenner-Stau und explodierende Preise führen zu Problemen für Gardasee-Tourismus

Ein Grund für das Fernbleiben seien die Bauarbeiten am Brennerpass. Die Fahrt aus Bayern dauert jetzt sieben statt fünf Stunden. Selbst Besitzer von Ferienhäusern kämen nicht mehr jedes Wochenende. Dazu kommen die explodierenden Preise. Virginia Torre, Hoteliers-Präsidentin von Lazise, rechnet vor: „Auch um Pizza zu essen zahlt eine 4-köpfige Familie, die früher 50 Euro ausgab, jetzt das Doppelte“. Besonders dramatisch: „Last-Minute-Buchungen fehlen völlig“, klagt Torre.

Neue Gäste aus den Niederlanden und Dänemark könnten die fehlenden Deutschen nicht ersetzen. „Sie machen keine Aperitifs oder Shopping in den Geschäften, sie bleiben hauptsächlich auf Campingplätzen“, beschreibt Pasqualini das andere Konsumverhalten. Die Auswirkungen seien überall spürbar: Im Juli waren Plätze und Straßen ungewöhnlich leer, die Gardesana-Straße ohne die gewohnten Kolonnen ausländischer Autos. Restaurants stehen leer, Hotels kämpfen mit weniger Buchungen.

Trotz der schwierigen Situation gibt sich Wirtin Olivieri optimistisch. „Der Gardasee wird niemals sterben, dafür ist er viel zu schön“, sagt sie und hofft auf bessere Zeiten. Die Krise trifft eine Region, die jahrzehntelang vom deutschen Tourismus lebte. Zwischen 2014 und 2024 stiegen die Touristenzahlen um 27 Prozent auf über 18 Millionen Besucher in den Sommermonaten - bis jetzt der Einbruch kam. (cgsc)

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