Allgäu will weiterhin auf Natur statt Gentechnik setzen
Die „neue Gentechnik“ beschäftigt auch den Oberallgäuer Kreistag. Der hatte sich im Jahr 2007 ausdrücklich in einem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss zur „kleinbäuerlichen Landwirtschaft ohne Agro-Gentechnik“ bekannt. Inzwischen wird in der Gentechnik auch mit der „Schere“ gearbeitet; und diese Technologie soll, so die Pläne der EU-Kommission, nicht kennzeichnungspflichtig sein. Genau das kritisiert der Arbeitskreis GENial. Der Landkreis Oberallgäu erweiterte jedenfalls sein Bekenntnis zur Gentechnikfreiheit in diese Hinsicht.
Oberallgäu – Die Initiative GENial wird von einem breiten Bündnis verschiedener bäuerlicher Organisationen im Allgäu getragen. Dazu gehören unter anderem Kreisverbände des Bayerischen Bauernverbandes - BBV, der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL und verschiedene Bioanbauverbände. Unterstützt wird die Arbeit von den Landkreisen Lindau, Oberallgäu und Ostallgäu mit ihren Gemeinden sowie der Stadt Kempten, sowie entsprechenden Initiativen in Vorarlberg und der Bodenseeregion. Ziel ist es, eine gentechnikfreie Anbau- und Fütterungsregion für das Allgäu und die angrenzende Bodenseeregion zu erreichen und zu sichern.
Im März 2009 konnte dann die „Agro-Gentechnik freie Region Oberallgäu-Kempten“ verkündet werden. Kriterium dafür ist, dass sich mindestens zwei Drittel der Landwirte einer Region durch eine entsprechende schriftliche Erklärung verpflichten, auf den Anbau und die Verfütterung von gentechnisch veränderten Organismen zu verzichten
Die Herausforderungen der neuen Gentechnik
Das Prinzip der Genschere erläuterte in der jüngsten Kreistagssitzung in Sonthofen Dr. Christoph Then von Testbioteche.V. Bei den bisherigen Gentechnikmethoden werden artfremde Gene in die Zelle eingebracht, bei der Neuen Gentechnik können mittels der sogenannten Genschere bestimmte Gene ausgeschaltet oder neue Gene eingefügt werden, erklärte Then. Es gehe um Veränderungen innerhalb der Art.
Über eine Art hinausspringen werde die Veränderung nicht. Then verwies jedoch auf die besondere Crux bei der neuen Gentechnik: Es gehe um Patentrechte und somit um den Zugang zu modifiziertem Saatgut. Er rät dem Gremium: „Ein entsprechender Beschluss kann ein wichtiges Signal sein: hier nicht!“ Mit der neuen Gentechnik kann man die DNA zwar an einer bestimmten Stelle präzise schneiden, nicht erwähnt werde jedoch, dass dabei Fehler und unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können, kritisiert die Initiative GENial. Veränderte Pflanzen können sich auskreuzen, verbreiten und die Artenvielfalt bedrohen.
Natürliche Wege bevorzugt
Das sieht auch Grünen-Kreisrat Thomas Gehring so: „Ein Signal an die EU: Die Prüfung und Kennzeichnungspflicht muss kommen!“ Die Idee von der gentechnikfreien Region unterstütze regionale Erzeuger und Vermarkter. Die ehemalige Kreisbäuerin Monika Mayer forderte ebenfalls eine Erneuerung des früheren Beschlusses: „Das hat es uns ermöglicht, soweit zu kommen!“ Die Kennzeichnung „gentechnik-frei“ habe viel bewegt. „Wir müssen uns nochmal dafür stark machen!“ Kreisrat Peter Neßler (ÖDP/UB) ergänzte: „Wir müssen es uneingeschränkt weiterführen. Wir brauchen keine Genschere, wir verlassen uns auf die Natur.“
Ob der Kreistag nicht „überfordert“ sei, sich mit den möglichen Auswirkungen der neuen Gentechnik zu befassen, stellte CSU-Kreisrat Alfons Zeller in den Raum. Auch der Landtagsabgeordnete Eric Beißwenger (CSU) sprach von einem „komplexen Thema“ zu dem es keine „einfache Antwort“ geben könne „Viel Diskussionsbedarf“ bekannte Landrätin Indra Baier-Müller: „Darüber können wir nach der Sitzung diskutieren bis wir schwarz werden!“ Der Kreistag setzte das „Signal“ und erneuerte den Beschluss aus dem Jahr 2007 mit der Ergänzung, dass sich das Bekenntnis zur Gentechnikfreiheit künftig auch auf neue gentechnische Verfahren zur Veränderung von Saatgut und Pflanzen erstrecke.