Wirtschaftsministerium kürzt Förderung für Energieberatung – wegen zu hoher Nachfrage

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Wegen der hohen Nachfrage senkt das Wirtschaftsministerium die Förderung für Energieberatung. Für eine Gruppe ist die Beratung jedoch verpflichtend.

Berlin – Wenn es durch die Fenster zieht, die Kälte durch die Ritzen kriecht und die Energiekosten in die Höhe schießen, kann eine energetische Sanierung sinnvoll sein. Energieberater erstellen dafür einen individuellen Sanierungsfahrplan. Bisher wurde ein großer Teil dieser Beratungen gefördert – das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Wirtschaftsministerium reduziert Förderung zur Energieberatung – der Grund ist eigenwillig

Die Energieberatung für einen Sanierungsfahrplan wurde vom Bund ursprünglich mit 80 Prozent gefördert Doch ab dieser Woche beträgt die Unterstützung nur noch 50 Prozent. Der Grund dafür, den das Bundeswirtschaftsministerium angibt, ist überraschend: Die Nachfrage nach der Förderung ist zu hoch. Ab sofort liegt der Zuschuss pro Beratung bei maximal 650 Euro für Ein- oder Zweifamilienhäuser und 850 Euro für Gebäude mit drei oder mehr Wohnungen.

Aufgrund der Rekordzahl an Anträgen wurde die Förderungsmöglichkeit nun reduziert. Bis Juli 2024 wurden bereits 80.000 Anträge für die Energieberatung in Wohngebäuden gestellt. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es nur 10.000, und 2023 erreichte die Zahl 130.600. Laut dem Ministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll durch die Senkung des Fördersatzes sichergestellt werden, dass weiterhin möglichst viele Interessierte Zugang zu geförderter Energieberatung erhalten und die Programme auf einem hohen Niveau fortgeführt werden können.

Robert Habeck zeigt hunderte Hassnachrichten an
Aus einer Mitteilung aus dem Ministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck geht hervor, dass eine beliebte Förderung gekürzt wird – wegen zu hoher Nachfrage. © Britta Pedersen/dpa

Die Hauptförderung zielt auf die eigentliche Sanierung ab: Werden die im Sanierungsfahrplan vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich umgesetzt, erhöht sich der Zuschuss um fünf Prozentpunkte. So gibt es beispielsweise für den Austausch von Türen und Fenstern, die Installation digitaler Systeme oder den Wechsel von Heizungspumpen anstelle von 15 Prozent dann 20 Prozent Förderung. Zudem verdoppeln sich mit einem Sanierungsfahrplan die maximal förderfähigen Kosten auf 60.000 Euro.

Die Energieberatung beim Heizungstausch ist für eine Gruppe verpflichtend

„Der individuelle Sanierungsfahrplan lohnt sich vor allem dann, wenn Hausbesitzer eine Sanierung in mehreren Schritten planen“, so Martin Pehnt vom Heidelberger Ifeu-Institut. „Ein guter Sanierungsfahrplan nimmt Rücksicht auf die Gegebenheiten vor Ort: Wie alt ist die Heizung, in welchem Zustand ist das Dach? Wann ziehen die Kinder aus oder wie viel Geld und Förderung steht zur Verfügung?“ Die Verbraucherzentralen weisen darauf hin, dass der Sanierungsfahrplan nicht dazu verpflichtet, die aufgelisteten Maßnahmen auch umzusetzen – er beschreibe, welche Schritte in welchem zeitlichen Ablauf am sinnvollsten sind.

Die Beratung ist allerdings für eine bestimmte Gruppe verpflichtend: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) erfordert bei der Planung einer neuen Gas- oder Ölheizung eine Fachberatung. Mit dem Beratungsgespräch soll sichergestellt werden, dass sämtliche Alternativen und Kostenszenarien durchdacht worden sind.

Nachfrage nach Energieberatungen stark gestiegen: Zahl unseriöser Anbieter wächst

Eine energetische Sanierung ist anspruchsvoll, da sie eine sorgfältige Planung und die Koordination verschiedener Maßnahmen wie Dämmung, Fensteraustausch und effizienteren Heizungserneuerung erfordert, um die Energieeffizienz eines Gebäudes nachhaltig zu verbessern. Dabei ist es für Eigentümer häufig schwierig einzuschätzen, welche Maßnahmen besonders dringend sind. „Der individuelle Sanierungsfahrplan, kurz iSFP, ist eine auf Sie zugeschnittene Strategie, um Ihr Gebäude Schritt für Schritt zu sanieren. Ein Energieberater legt diese Strategie gemeinsam mit Ihnen fest. Diese Sanierungsschritte sind dabei so aufeinander abgestimmt, dass Ihre Umbau- und Modernisierungsaktivitäten ökonomisch und energetisch optimiert sind“, schreibt die deutsche Verbraucherzentrale von Nordrhein-Westfalen auf ihrer Website.

Die Nachfrage nach Energieberatungen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Während 2022 laut einer Statistik der Bafa über 230.000 Beratungen gefördert wurden, lag die Zahl 2013 noch bei knapp über 20.000. Dabei häufen sich Berichte über zweifelhafte Anbieter. Anfang des Jahres warnte die Verbraucherzentrale Brandenburg vor unseriösen Energieberatern. Einem Bericht des RBB zufolge empfahlen diese teils unpassende Sanierungsmaßnahmen, die am Ende zu höheren Heizkosten führten. Der Verdacht: Die Berater könnten von Heizungsherstellern Provisionen erhalten haben. Laut Verbraucherschützern handelt es sich hierbei nicht um Einzelfälle.

Energieberater-Branche zeigt sich verunsichert

Die Branche sei nun nach der Kürzung der Förderung erneut stark verunsichert, schreibt der MDR. Energieberater Konrad Nickel, der auch Landesvorsitzender des Berufsverbands GIH für Energieberatende ist, erinnert sich im Gespräch an den Beginn: „Wenn ich an die Umsätze im Jahr denke, naja. Es war sehr wenig. Das hat sich über die Jahre gewaltig gesteigert – genauso, wie es immer mehr Energieberater gibt.“ In ganz Deutschland soll es inzwischen 16.000 bis 18.000 Energieberater geben. Die Branche zeigt sich verärgert, denn das Hin und Her beim Heizungsgesetz und die nun reduzierte Förderung für Energieberatungen verunsichern.

Eine aktuelle ImmoScout24-Analyse aus Deutschland zeigt auf, dass es beim Verkauf eines Hauses zu großen Preisunterschiede je nach Energieeffizienzklasse kommt. Bei Altbauten können die Preise zwischen den Klassen A und H sogar um bis zu 49 Prozent variieren. Daher lohnt es sich oft, die Energieeffizienz der eigenen Immobilie zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren. (tsb auch mit dpa)

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