Trump-Hetze gegen US-Justiz hat Folgen: Richter planen offenbar eigene Sicherheitseinheit
Immer mehr Richter in den USA fürchten um ihre Sicherheit. Das hängt mit der Regierung von Donald Trump zusammen. Nun werden sie deshalb wohl selbst aktiv.
Washington – Die USA sollen wieder groß und sicher werden. Dieses Ziel hat sich Donald Trump für seine zweite Amtszeit als US-Präsident auf die Fahnen geschrieben. Dabei vergisst er allerdings offenbar ausgerechnet jene Berufsgruppe, die für Rechtsprechung und damit die Achtung von Verfassung und Gesetz sorgen soll. Denn Richter bangen auch wegen des Republikaners und seiner Gefolgsleute um ihre Sicherheit.
Nach Informationen des Wall Street Journal (WSJ) diskutieren Bundesrichter mittlerweile sogar darüber, ob sie sich für ihren Schutz eigene bewaffnete Sicherheitskräfte zulegen sollten. Während dem Supreme Court eine eigene Polizeieinheit zusteht, werden Bundesrichter vom US Marshals Service geschützt. Dieser untersteht Justizministerin und Generalstaatsanwältin Pam Bondi.
Trump legt sich mit Justiz an: Schimpftirade auf Truth Social wegen Richterspruch zu Abschiebung
Die 59-Jährige gilt Trump gegenüber allerdings als extrem loyal. Daher befürchten die Richter, sie könnte die Sicherheitskräfte auf Anweisung des Staatschefs zurückhalten, falls dieser mit einem Richterspruch nicht einverstanden sein sollte. Auf Trumps Social-Media-Dienst Truth Social lässt sich immer wieder lesen, wie er mit unliebsamen Urteilen umgeht.
So ging er erst vor wenigen Tagen auf einen Bundesrichter aus Boston los und warf diesem vor, völlig ahnungslos zu sein. Der Anlass seiner Tirade: Seine Administration wollte „acht der gewalttätigsten Verbrecher der Welt“ in den Südsudan verfrachten, doch diese müssen zunächst in Dschibuti verbleiben, weil ihre Abschiebung vorerst gestoppt wurde.
Trumps Wut griff während des Posts aber auch auf alle anderen Richter über. Sie seien „völlig außer Kontrolle, sie schaden unserem Land und sie wissen nichts über konkrete Situationen oder darüber, was sie tun“, giftete der Republikaner. Es war nur einer von Unmengen an Posts, mit denen unverhohlene Kritik an der Arbeit der Frauen und Männer geübt wurde, die unabhängige Entscheidungen treffen sollen.
Trump-Lager schießt gegen Richter: Musk, Vance und Bondi halten sie für „korrupt“ oder „verrückt“
In seinem Lager steht Trump damit keineswegs alleine da. Die internationale Nachrichtenagentur Reuters zählte bereits zwischen Ende Januar und Anfang März mehr als 30 Posts von Elon Musk auf dessen Social-Media-Dienst X, in denen der Tech-Milliardär über Richter herzog. Diese bezeichnete er wahlweise als „korrupt“, „radikal“ oder „teuflisch“, auch von einer „Tyrannei der Justiz“ sprach der mittlerweile weltweit in der Kritik stehende Tesla-Chef. Seine Schimpftiraden waren oft darauf zurückzuführen, dass Richtersprüche seine Tätigkeit für die vermeintliche Effizienz-Behörde DOGE erschwerten.
Vizepräsident J.D. Vance zählte ebenfalls zu jenen, die US-Richtern öffentlich die Leviten lasen. Der 40-Jährige versuchte sogar, diese zu delegitimieren. „Wenn ein Richter versucht, der Generalstaatsanwältin Anweisungen zu erteilen, wie sie ihre Arbeit ausüben soll, ist das illegal. Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren“, gab er kurz nach der Amtsübernahme via X Einblick in seine Auffassung der Gewaltenteilung.

Auch Bondi äußerte sich bereits kritisch zur Justiz. Sie reagierte bei Fox auf den Fall einer Richterin aus Milwaukee, die die Festnahme eines illegalen Einwanderers verhindert haben soll, indem sie ihn durch einen Seitengang des Gerichtssaals verschwinden ließ. „Sie sind verrückt, mehr fällt mir nicht ein. Ich glaube, manche dieser Richter glauben, sie stünden über dem Gesetz, aber das tun sie nicht“, schimpfte die einstige Trump-Anwältin.
Drohungen gegen Richter: Von perfiden Pizza-Lieferungen bis zum SWAT-Team vor der Haustür
Justiz und Regierung rasseln insbesondere bei den großflächig geplanten Deportationen von Migranten durch die Trump-Administration regelmäßig aneinander. Denn das Weiße Haus will sich offensichtlich den Umweg über Gerichtsprozesse vor der Ausweisung ersparen. Stellen sie sich dann quer, werden die Richter beinahe zu Staatsfeinden erklärt. Im Trump-Lager wird gerne der Vorwurf genutzt, die Gerichte würden die Sicherheit der Bürger aufs Spiel setzen.
Welche Auswirkungen das gezeichnete Bild auf die Sicherheit der Richter haben kann, wird offenbar nicht wirklich hinterfragt. Oder die mitschwingende Gefahr für deren Leib und Leben wird sogar billigend in Kauf genommen. Vielleicht als Strafe dafür, dass sie Trump & Co. die Arbeit erschweren.
Dem WSJ-Bericht zufolge bekamen bereits Dutzende Richter anonym Pizza-Lieferungen an ihre Heimatadressen zugestellt. Dahinter wird die Botschaft vermutet: „Wir wissen, wo Sie wohnen.“ Besonders perfide: Seit April hätten Richter und Angehörige auch Pizza-Lieferungen auf den Namen eines verstorbenen Sohnes einer Bezirksrichterin bekommen – dieser war 2020 vor seinem Elternhaus von einem verärgerten Prozessbeteiligten erschossen worden.
Zudem wird eine Bombendrohung erwähnt. Ein weiterer Richter habe Besuch von einem SWAT-Team bekommen, das zu seinem Haus gerufen worden sei.
Richter vertrauen Staat unter Trump nicht mehr: Würde Marshals Service für Sicherheit sorgen?
Die Idee zur eigenen Sicherheitseinheit sei bereits Anfang März bei einer Reihe von nicht-öffentlichen Treffen von rund 50 Richtern in Washington auf den Tisch gekommen. Denn die Bedrohungen würden zunehmen, offenbar eine Folge von Trumps Rhetorik gegenüber der Justiz.
Richter John Coughenour, vor dessen Tür das erwähnte SWAT-Team stand, warnte bereits: „In den 43 Jahren meiner Tätigkeit als Richter gab es nie einen Grund zur Sorge, dass der Marshals Service alles tun würde, was angemessen wäre – bis vor einigen Jahren.“
Das Vertrauen in die vom Staat gestellten Sicherheitsleute ist also erschüttert. Da hilft auch die Erklärung eines Beamten des Justizministeriums im Namen des Weißen Hauses nichts, Marshals würden „weiterhin die Sicherheit der Bundesrichter gewährleisten“. Jegliche Zweifel daran wären „nicht nur absurd, sondern auch falsch“.
Auf die Worte aus dem Trump-Lager scheinen einige Betroffene aber nichts zu geben. Sie wollen bei ihrer Sicherheit lieber auf Nummer sicher gehen. (mg)