Alte Post Murnau: Soziokulturelles Zentrum als Herzstück der Marktgemeinde im Wandel

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Für ihre Idee standen am vergangenen Montag Vertreter von fast 20 Institutionen und weitere Menschen vor der alten Post ein, darunter Marktgemeinderatsmitglied Felix Burger, der fast 90 Personen vor Ort zählte. © Reindl

Die Alte Post in Murnau könnte bald ein lebendiges Bürgerhaus werden. Mit einem inklusiven Café, sozialen Projekten und kulturellen Veranstaltungen soll sie ein Ort der Begegnung und Vernetzung für die gesamte Gemeinde werden.

Murnau – Die alte Post in Murnau ist nicht nur ein stattliches Gebäude mit einem außergewöhnlichen Charme, sie befindet sich auch in einer besonderen Lage, nämlich im Zentrum der Marktgemeinde. Und genau dort gehöre der soziokulturelle Bereich hin, in die Mitte, in das Herz von Murnau, so Felix Burger. Als das Marktgemeinderatsmitglied das sagte, stand er gerade vor der ehemaligen Post, nicht allein, sondern mit ein paar Dutzend Menschen, die wie er eines in dem Gebäude sehen beziehungsweise sehen wollen: einen Ort der Begegnung, der Vernetzung, der Unterstützung. Ein Bürgerhaus. Am vergangenen Montag stand die Initiative Alte Post ein letztes Mal vor der finalen Abstimmung im Marktgemeinderat am 22. Oktober für ihr Konzept ein.

Zu sehen, wie viele Menschen für die Idee einstehen, brachte Felix Burger zum Lächeln. Er dankte den Anwesenden, den Vertretern und Vertreterinnen von fast 20 Institutionen und den Menschen, die die Vision mittragen wollen. „Ihr seid spitze!“ Murnau werde in den kommenden Jahren „viele Krisen und Herausforderungen“ zu meistern haben, sagte Burger bei der Versammlung vor der alten Post. Ein Argument pro Bürgerhaus. An diesem Ort habe man die Gelegenheit, den Sozialraum Murnau zu stärken, sagte Burger, der auf eine Reise durch die Post von morgen, durch das Haus, so wie es sein könnte, nahm. Etwa zum „Herzstück“, dem inklusiven Café als Raum für Begegnung, ohne Konsumzwang und mit einer Preisstaffelung, für Lesezirkel, Spielegruppen, Vorträge und vielem mehr. „Uns ist wichtig, nicht nur das Gebäude zu betrachten“, sagte Burger. Immerhin befindet sich das KTM mit Gemeindebücherei in direkter Nachbarschaft. Weiter auf der Reise: Im Innenhof könnten Märkte mit regionalen Produkten stattfinden und im Gemeinschaftsgarten zwischen Hochbeeten und kooperativen Projekten verschiedene Veranstaltungen. Oder man verweilt dort einfach gemeinsam. Im Obergeschoss könnten soziale Vereine Beratungen, Verwaltungsarbeit, Schulungen oder Tagesbetreuung in Büro- und Merzweckräumen umsetzen, während in den Garagen Bandproben, Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen und Partys Raum finden könnten.

Ein Bürgerhaus für Murnau: Vor Gemeinderatsbeschluss bekräftigt Initiative Alte Post ihr Bestreben

Ein großes Potential für Synergien sah Andreas Fach. In Zeiten, in denen „viel auseinanderfliegt“, sei Vernetzen umso wichtiger, sagte der evangelische Pfarrer. So könnten etwa Menschen, die von Vereinsamung bedroht oder betroffen sind, im inklusiven Café Gesellschaft finden. Ein Haus wie dieses, das „gab es im Landkreis noch nie“, meinte Lisa Kühn von Murmel. Viele verschiedene Institutionen arbeiten zusammen, keine koche ihr eigenes Süppchen. Kühn hatte schon vor Augen, wie hier Familien in der Post zusammenkommen. An die Senioren und Seniorinnen dachte Herbert Tillmann. Über 4.000 Menschen in Murnau seien über 60 Jahre alt. Altwerden „ist nicht immer Honiglecken“, betonte der Vorsitzende des Seniorenbeirates. Er habe gemerkt, wie wichtig Geselligkeit sei. Die alte Post weckte unweigerlich Erinnerungen in ihm. Wenn er hier Päckchen abgab, erlebte er die Schalterhalle als Kommunikationsraum. Diesen Eindruck, dieses Erlebnis könnte man zurückholen. „Aus der alten Post machen wir eine neue“, sagte Tillmann. „Pack ma’s o!“

In Zeiten, in denen „viel auseinanderfliegt“, sei das Vernetzen umso wichtiger, findet Pfarrer Andreas Fach (2.v.r.), hier neben Lisa Kühn (l.) vom Verein Murmel, Marktgemeinderatsmitglied Felix Burger (2.v.l.), Stefan Helm (Mitte) von der Diakonie Oberland und Herbert Tillmann vom Seniorenbeirat (r.)
In Zeiten, in denen „viel auseinanderfliegt“, sei das Vernetzen umso wichtiger, findet Pfarrer Andreas Fach (2.v.r.), hier neben Lisa Kühn (l.) vom Verein Murmel, Marktgemeinderatsmitglied Felix Burger (2.v.l.), Stefan Helm (Mitte) von der Diakonie Oberland und Herbert Tillmann vom Seniorenbeirat (r.) © Reindl

Menschen könnten hier künftig nicht ihre Päckchen abgeben, sondern ihre Päckchen teilen, nutzte Diakon Stefan Helm Tillmanns Erinnerung für eine Metapher. Da die Initiative „von einem breiten Bündnis von Initiativen der Murnauer Zivilgesellschaft und Trägern der freien Wohlfahrt getragen“ werde, „schaffen wir einen maximalen Grad an Vernetzung, Synergie und Kooperation“, glaubt der Geschäftsführer der Diakonie Oberland. Hier könnte ein „barrierefreier Ort für alle entstehen“, so Helm. Ein „Herzensort“, an dem man sich begegnen und kennenlernen und in Toleranz üben könne, sagte Ben Krause vom Verein Freie Welt Schule. So könnten beispielsweise Menschen, die an „den Rand rutschen“, eine „würdige Daseinsberechtigung“ erfahren.

„Immer ein spannendes Thema“, antwortete Burger auf die Frage, wie es um die Finanzierung steht. Unter anderem ändere sich die Förderlandschaft „dauernd“. Solange es keinen Gemeinderatsbeschluss gebe, könne man die gGmbH aber nicht gründen. Doch die Trägerschaft sei „mehr als fest“, betonte Burger. Auch nach dem Zeitplan wurde er gefragt. „Lasst uns die 2027 nach außen tragen“ appellierte der Referent für Soziales im Marktgemeinderat. Dass das sportlich ist, ist ihm durchaus bewusst. Eine Verwirklichung vor 2030, glaubte er, sei aber „auf jeden Fall realistisch“. Sonja Gauer meldete sich am Ende noch zu Wort. Sie konnte sich vorstellen, dass der Staffelsee-Chor in der neuen alten Post für Menschen singt, und vielleicht auch mal probt. „Das beste Mittel, um länger zu leben, ist Community“, sagte die Chorleiterin. Und, ergänzte Helm, „Gemeinschaft braucht ein Dach.“

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