Wundersame Pfandvermehrung: Pärchen betrügt Supermarkt mit kreativer Masche
Ein findiges Pärchen nutzt eine Lücke im Pfandsystem eines Supermarktes aus. Seine Taktik war ebenso simpel wie effektiv. Doch der Betrug hat juristische Konsequenzen.
Landkreis Ebersberg – Leergutautomaten im Landkreis Ebersberg sind gelegentlich das Ziel von betrügerischen Aktionen. Vor einer Verhandlung am Amtsgericht Ebersberg wegen Computerbetrugs hatte Richter Dieter Kaltbeitzer recherchiert. Danach bescheinigte er den drei Angeklagten: Ihre Masche ist neu. Am Ende wurden zwei junge Erwachsene verurteilt, einer wurde freigesprochen.
Wann und wie genau der Hauptangeklagte darauf kam, wie man aus den Pfandbons anderer Leute Geld machen kann, wurde in der Verhandlung nicht klar. Festgestellt wurde aber, dass es im August und September vergangenen Jahres bei einem Lebensmitteldiscounter im nördlichen Landkreis zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei der Pfandrückgabe gekommen war. Der Hauptbeschuldigte, ein zum Tatzeitpunkt 20-jähriger Angestellter des Marktes, war geständig, nahm alle Schuld auf sich und damit seine mitangeklagte Freundin aus der Schusslinie.
Die Kunden bekamen ihr Geld – und der Angestellte kassierte es noch einmal
Er schilderte die Methode so: An der Kasse nahm er Flaschenpfandbons zurück, die er dabei über einen Scanner ziehen musste. Manche waren so zerknittert, dass sie vom Kassencomputer nicht mehr gelesen werden konnten und der Pfandbetrag manuell von ihm eingegeben werden musste. Der Kunde bekam das Geld zurück, der Kassenbon wanderte in den Papierkorb. Manche dieser Bons waren später aber doch noch lesbar und wurden vom Angeklagten gesammelt. Teilweise verdeckte er schließlich aktiv mit dem Daumen den Strichcode, damit dieser nicht funktionierte. Er schrieb dem Kunden nach manueller Eingabe den Betrag bei dessen Einkauf gut, und kassierte später das Geld für sich, indem er die Bons selbst einlöste. Der Markt bezahlte auf diese Weise zweimal Pfand für einen Bon.
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Dass die eingelösten, „unlesbaren“ Bons nicht – wie in manchen anderen Märkten üblich – abgeheftet werden mussten, machte die Sache leichter. „Ich war in einer finanziellen Zwickmühle“, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Als er selbst auffällig viele Pfandbons einlöste, fiel das irgendwann auf, vor allen Dingen, weil ermutigt durch den „Erfolg“ die Beträge größer wurden. Schließlich setzte der 20-Jährige seine drei Jahre ältere Freundin ein, die ebenfalls in dem Markt arbeitete. Sie sollte Pfandbons für etwa 100 Euro einlösen.
Ausrede der Lebensgefährtin zieht nicht
Das Ganze flog letztendlich auf, dem Pärchen wurde gekündigt. Die Frau gab vor Gericht an, sie sei bei der Pfandrückgabe in Höhe von 100 Euro vollkommen ahnungslos gewesen. Diese Aussage hatte keinen Bestand, was zu einer Verurteilung führte. „Das wäre ja ein ganzes Zimmer voller Flaschen gewesen“, meinte der Staatsanwalt. Richter Kaltbeitzer bescheinigte dem Hauptangeklagten „erhebliche kriminelle Energie“. Vor allem, weil er noch nach seiner Kündigung Pfandbons im Wert von etwa 80 Euro durch einen Freund einlösen ließ. Dem erklärte er, er selbst könne die Bons nicht einlösen, weil er in dem Markt Hausverbot habe. Dass der Freund keine Ahnung hatte von der Vorgeschichte, konnte vor Gericht nicht widerlegt werden, was Freispruch bedeutete. „Ein Freispruch zweiter Klasse“, sagte Kaltbeitzer.
Insgesamt ging es wohl um einen Gesamtbetrag von 675 Euro. Der junge Mann wurde zu einer Geldstrafe von 4000 Euro verurteilt, seine Freundin zu 1750 Euro. Beide sind nicht vorbestraft und gehen einer geregelten Arbeit nach. Sie nahmen das Urteil an. Der freigesprochene Freund des Duos sagte am Ende an Richter Kaltbeitzer gewandt nur ein Wort: „Danke.”
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