Nicht nur Soldaten: Kim schickt Putin wohl Tausende Arbeiter – Russland fehlen Millionen Fachkräfte
Wladimir Putin braucht offenbar dringend Millionen Arbeitskräfte aus dem Ausland. Kim Jong-un soll bereits aushelfen. Seine Landsleute sind besonders begehrt.
Moskau – Auf Kim Jong-un kann Wladimir Putin offenbar in vielerlei Hinsicht bauen. Der nordkoreanische Machthaber soll den russischen Präsidenten nicht nur im Ukraine-Krieg unterstützen, sondern ihm auch dabei helfen, entstandene Lücken auf dem Arbeitsmarkt aufzufüllen. 15.000 Arbeiter seien über die Grenze entsandt worden, berichten unter anderem die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap, die internationale Nachrichtenagentur Reuters und das Wall Street Journal (WSJ).
Dabei beziehen sie sich auf Angaben südkoreanischer Gesetzgeber, die ihre Informationen vom Nachrichtendienst National Intelligence Service (NIS) erhalten haben. Auf dieselbe Quelle geht auch die Zahl von 15.000 nordkoreanischen Soldaten zurück, die für Putin kämpfen.
Putin braucht mehr Arbeiter: Nordkoreaner wohl vor allem im Osten Russlands eingesetzt
Die Arbeiter sollen überwiegend mit Studenten-Visa ausgestattet worden sein. Viele würden im äußersten Osten Russlands und damit nahe ihrem Heimatland eingesetzt werden. Branchenführer hätten jedoch auch ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Verstärkung auch in großen Städten wie Moskau zur Tat schreite.
Der Weltsicherheitsrat, in dem Russland eines der fünf ständigen Mitglieder ist, verbietet zwar den Einsatz von nordkoreanischen Gastarbeitern. Allerdings scherte sich Putin in der Vergangenheit auch nicht um die Regeln, die Kim für sein Atomwaffenprogramm bestrafen sollen. Im vergangenen Sommer hatten die beiden Herrscher in Pjöngjang eine engere Zusammenarbeit ihrer beiden Länder offiziell besiegelt.
Russland und der Ukraine-Krieg: Viele junge Männer müssen kämpfen oder sind geflohen
Bereits da dürfte dem Kreml-Chef klar gewesen sein, dass es an Arbeitern in seinem Land mangelt. Vor allem aus zwei Gründen: Die Geburtenrate sinkt, sodass zu wenige Menschen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen, und gerade junge Männer sind im Ukraine-Krieg gefordert, wo viele ihr Leben verlieren.
Gesicherte Angaben über Russlands Verluste im Zusammenhang mit der Invasion gibt es nicht. Das ukrainische Verteidigungsministerium listet mittlerweile mehr als 950.000 Getötete und Verletzte auf. Letztere kommen womöglich wieder zurück in ihre Heimat, allerdings ist fraglich, inwiefern sie noch einem körperlich anspruchsvollen Beruf nachgehen können.

Hinzu kommen viele Geflohene, die sich der Einberufung zum Krieg entziehen wollen. Alles in allem fehlt es Russland bereits aktuell an 1,5 Millionen Arbeitern, die Zahl soll bis 2030 auf 2,4 Millionen ansteigen, berichtet das WSJ unter Berufung auf Moskaus Arbeitsministerium.
Putin und der Mangel an Arbeitskräften: Bis 2030 sollen vier Millionen Menschen fehlen
Die russische Tageszeitung Kommersant schrieb Ende 2023, laut der Beratungsagentur Yakov & Partners könnte das Defizit bis Ende des Jahrzehnts sogar bei vier Millionen Arbeitern liegen. 90 Prozent davon entfielen auf Fachkräfte. Im vergangenen November erklärte Natalja Subarewitsch, Professorin an der Moskauer Staatsuniversität, im Jelzin-Zentrum in Jekaterinburg, der Arbeitsmarkt werde sich wahrscheinlich erst Mitte der 30er Jahre erholen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge das Alter erreicht haben, um beruflich durchzustarten.
Bis dahin muss Putin womöglich noch auf Hilfe von Kim zurückgreifen. Was ihm und auch den Unternehmen entgegenkommen dürfte: Die Nordkoreaner sollen sich mit niedrigeren Löhnen zufriedengeben und auch nicht über Zwölf-Stunden-Tage klagen. Klar ist aber auch, dass Pjöngjang die Lücke keinesfalls alleine stopfen kann.
Russland und nordkoreanische Arbeiter: Pjöngjang kassiert wohl 90 Prozent der Gehälter ein
Die Nordkoreaner könnten aber gerade den äußersten Osten Russlands nach Putins Vorstellungen wiederbeleben. Die Region ist weitgehend unbewohnt, beherbergt jedoch Holz, Mineralien und Öl. Das WSJ erinnert auch daran, dass bereits in den vergangenen Jahrzehnten fünfstellige Zahlen an Nordkoreanern in Russland Arbeit fanden, vor allem im Baugewerbe und in der Forstwirtschaft.
Zwar soll das Regime 90 Prozent der Löhne kassiert haben, für die Arbeiter blieb demnach aber dennoch deutlich mehr, als sie in Nordkorea selbst bekommen hätten. Infolge der UN-Sanktionen 2019 kehrte der Großteil dann aber in Kims Reich zurück.
Russland lockte zwar auch ausländische Arbeitskräfte aus ehemaligen Sowjetrepubliken an, mit der Invasion der Armee in die Ukraine kamen aber auch wieder verstärkt Nordkoreaner ins Land. Verheißungsvoll sind für sie besonders die aus der Heimat nicht gekannten Verdienstmöglichkeiten.

Russische Unternehmen wollen Nordkoreaner: UN-Verbot ist kein Hindernis mehr
In dem WSJ-Artikel wird das Beispiel eines Bauunternehmens aus Moskau erwähnt. Deren Chef beschäftigte nach eigenen Angaben Dutzende Nordkoreaner, bevor die UN das Verbot verhängte. Vor kurzem habe er sich wieder mit dem von damals bekannten Mittelsmann getroffen, weil er Arbeitskräfte suche, die Ziegel mauern und Beton gießen können.
Nun sollen ihm 50 weitere Nordkoreaner zur Verfügung gestellt werden. Er hoffe sogar auf 300 oder mehr. Denn sein Unternehmen soll zu den Marktführern bei der Anwerbung nordkoreanischer Fachkräfte aufsteigen.
Insgesamt soll die Zahl der nach Russland geschickten Nordkoreaner 2024 mehr als zwölfmal höher ausgefallen sein als im Jahr zuvor. Yonhap spricht dabei von 13.221 und bezieht sich auf Radio Free Asia, einem in Washington sitzenden Radiosender, der Russlands Dienst für staatliche Statistik Rosstat bemühte. Es war offenbar nur der Anfang und ein weiteres Zeichen dafür, dass es Putin und Kim mit der engeren Zusammenarbeit in vielerlei Hinsicht ernst meinen. (mg)