Der Kinderzuschlag, eine Hilfe für einkommensschwache Haushalte mit Kindern, legte von 140 auf 292 Euro pro Kind und Monat zu, was 42 Prozent über dem inflationsbedingtem Wert liegt. Er wurde erst 2005 eingeführt. Zwei Jahre später kam das Elterngeld, das Problemkind dieser Analyse. Es hat keinen festen Wert, sondern richtet sich nach dem Einkommen der Eltern. Allerdings gibt es eine Unter- und eine Obergrenze von 300 beziehungsweise 1800 Euro Auszahlung pro Monat. Diese ist seit der Einführung 2007 nie angepasst worden. Inflationsbedingt hätte sie aber auf 2537 Euro ansteigen müssen. Entsprechend verbuchen Eltern hier ein Minus von 29,1 Prozent.
Was muss man dazu wissen? Die Leistungen für Kinder und Eltern haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Sie beinhalten sowohl den größten Anstieg als auch das größte Minus der gesamten Analyse. Eine Erhöhung der Elterngeld-Grenzen gehört eigentlich auch zum Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, wurde bisher aber noch nicht umgesetzt. Ebenso soll die ab 2025 kommende Kindergrundsicherung viele der einzelnen Leistungen zusammenführen, was das Chaos ein bisschen bereinigen dürfte.
5. Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV/ Bürgergeld)
Was ist das? Die Grundsicherung für Arbeitssuchende wurde mit den Hartz-Reformen 2005 eingeführt. Da sie im „Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ steht, bekam sie schnell den Trivialnamen Hartz IV. Sie führte die davor geltende Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbstätige zusammen, wobei die Leistung auch allen gewährt wird, die mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft leben – also etwa Kinder. Die Höhe orientiert sich am Existenzminimum und dem dafür notwendigen reellen Bedarf im täglichen Leben. Erhöhungen werden mit einer Formel festgelegt, die sowohl die Inflationsrate als auch die Entwicklung der Nettolöhne berücksichtigt. Es gibt einen Regelsatz mit unterschiedlichen Höhen für Erwachsene und Kinder, sowie Zuschüsse zu Wohnkosten wie Miete und Heizung. Bei Menschen mit niedrigem Einkommen werden diese Gelder anteilig ausgezahlt, sollte das Einkommen unter dem Existenzminimum liegen. Beim 2023 eingeführten Bürgergeld gilt überwiegend dasselbe Konzept.
Wie hat er sich entwickelt? Da Wohnkostenzuschüsse relativ sind und keine absoluten Höhen haben, richten wir unsere Analyse auf die Regelsätze. Sie sind in sechs Stufen unterteilt. Bis 2011 gab es nur die Stufen 1 für Erwachsene und 2 für Kinder. Seitdem gilt die Stufe 1 für Alleinstehende oder Alleinerziehende, Stufe 2 für Paare, Stufe 3 für Erwachsene, die nicht in die ersten beiden Stufen passen und die Stufen 4 bis 6 für Kinder verschiedener Altersgruppen. Die Regelsätze für alle Stufen haben sich dabei stärker erhöht als durch Inflation notwendig gewesen wäre. In Stufe 1 ging es von 345 auf 563 Euro nach oben, was rund 11 Prozent über dem inflations-bedingtem Wert liegt. Für die anderen Stufen liegt der Aufschlag seit 2011 zwischen 16 und 25 Prozent, wobei Kinder zwischen 6 und 14 Jahren am meisten profitieren.
Was muss man dazu wissen? Die Regelsätze stiegen in den ersten Jahren nach Einführung von Hartz IV kaum an. Sie richteten sich meist nur nach den Ausgaben von Menschen mit niedrigem Einkommen, welche in einer Zeit niedriger Inflation ebenfalls kaum anstiegen. 2010 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass dies falsch sei. Die Regelsätze müssten sich nicht nur nach der Inflation, sondern auch danach richten, dass Menschen mit Hartz IV die Möglichkeit haben, am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen. Entsprechend wurde ein Gesetz geschaffen, dass eben seit 2011 auch die Lohnentwicklung bei der Bestimmung der Regelsätze berücksichtigt. Seitdem steigen die Sätze stärker an, zuletzt Anfang diesen Jahres um rund 12 Prozent.
6. Leistungen für Asylbewerber
Was ist das? Im Asylbewerberleistungsgesetz wird seit 1993 geregelt, wie viel Geld und welche Sachleistungen Asylbewerber, Geduldete und Ausreisepflichtige bekommen, solange sie in Deutschland sind. Da diese Gruppen meist nicht arbeiten dürfen, haben sie kein eigenes oder ausreichendes Einkommen und benötigen so staatliche Unterstützung für ihren Lebensunterhalt. Die genauen Leistungen sind komplex, aber ähnlich wie bei Bürgergeld-Empfängern gibt es je nach Alter und Lebenssituation verschiedene Sätze, die sich am Bedarf eines Asylbewerbers orientieren. Dieser wiederum schwankt danach, ob er in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht ist, wo es zum Beispiel Mahlzeiten und andere Dinge inklusive gibt, oder nicht und dies selbst bezahlen muss.
Wie hat er sich entwickelt? Die Regelsätze (wir nennen sie jetzt der Einfachheit halber auch in diesem Fall so) starteten für Asylbewerber in und außerhalb von Einrichtungen mit einem Wert von umgerechnet rund 225 Euro pro Monat 1993. Seitdem haben sie sich auseinanderentwickelt. In Einrichtungen erhalten Asylbewerber heute 368 Euro, außerhalb sind es 460 Euro. Das sind im ersten Fall 7 Prozent weniger als durch die Inflation nötig gewesen wäre und im zweiteren Fall rund 16 Prozent mehr. Wie beim Bürgergeld gibt es aber auch hier sechs Bedarfsstufen, Kinder erhalten etwa je nach Alter geringere Leistungen.
Was muss man dazu wissen? Leistungen für Asylbewerber sind umstritten, seit es sie und Asylbewerber gibt. Schon das heutige Gesetz 1993 kam nur unter der damaligen Flüchtlingswelle aus dem Balkan und Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion zu Stande. Schon damals ging es dabei darum, keine zu hohen Anreize zu setzen, um den Zustrom an Asylbewerbern zu begrenzen. Bis 2012 wurden die geltenden Sätze deswegen auch nie erhöht, was das Bundesverfassungsgericht in dem Jahr als unerlaubt aburteilte. Seit der Neufassung des Gesetzes 2015 müssen sich die Leistungen für Asylbewerber deswegen an denen für Einheimische orientieren. Der Unterschied in den Regelsätzen bis heute kommt dadurch zu Stande, dass einiges – gerade in Sammelunterkünften – über Sachleistungen bereitgestellt wird und etwa die medizinische Versorgung von Asylbewerbern hinter den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen für Bürgergeld-Empfänger zurückhängt. Auch wird bei den Sätzen für Asylbewerber mit einer geringeren Summe für soziale Teilhabe gerechnet, da diese nicht erwünscht ist.
7. Bafög
Was ist das? Bafög ist eine Hilfeleistung für Schüler und Studenten, die sich ihre jeweilige Ausbildung auf Grund des geringen Einkommens ihrer Eltern sonst nicht leisten könnten. Sie wurde 1971 eingeführt, seitdem aber mehrmals reformiert. Seit 1990 gilt das Modell, bei dem Empfänger die Hälfte als Zuschuss und die andere Hälfte als zinsloses Darlehen erhalten, das später zurückgezahlt werden muss. Die Sätze richten sich nach dem Einkommen der Eltern und dem daraus entstehenden Bedarf. Es gibt aber eine Obergrenze.
Wie hat er sich entwickelt? Für die Analyse vergleichen wir die durchschnittlichen Bafög-Sätze für Studenten. Dies waren im Jahr 1991 umgerechnet 290 Euro pro Monat. Aktuell sind es 663 Euro. Das ist eine Steigerung, die 18 Prozent höher liegt als sie durch die Inflation nötig gewesen wäre.
Was muss man dazu wissen? Die Bafög-Sätze für Studenten liegen grundsätzlich höher als für Schüler. Sie bekommen im Schnitt 537 Euro pro Monat. Die Sätze sollen eigentlich alle zwei Jahre überprüft und angepasst werden, was aber schon oft ausgelassen wurde. Zusätzlich zu den Auszahlungen gibt es auch noch Hilfen für Wohnkosten, die sich aber nach dem individuellen Bedarf richten. Das Bafög wird zudem reduziert, wenn Studenten mit Nebenjobs mehr als 6672 Euro pro Jahr verdienen. Außerdem gibt es ein Limit bei der Dauer der Förderung, damit Langzeitstudenten nicht unterstützt werden.