Trümmerhagel nach Rekord-Beben am Supervulkan: Italiener stürmen NATO-Stützpunkt – Lage spitzt sich zu

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Bei diesem Auto wurde die Windschutzscheibe durch herabfallende Fassadenstücke zertrümmert.
Bei diesem Auto wurde die Windschutzscheibe durch herabfallende Fassadenstücke zertrümmert. © IMAGO/Salvatore Laporta/Kontrolab

Das bislang heftigste Beben der Moderne hat in der Nacht auf Donnerstag den Supervulkan in Italien erschüttert. Trümmerteile regneten auf die Straßen, eine Frau wurde verschüttet.

Pozzuoli – In den Phlegräischen Felder, dem Supervulkan bei Neapel im Süden Italiens, hat es in der Nacht auf Donnerstag (13. März) ein neues heftiges Schwarmbeben mit über 20 Erdstößen gegeben. Der stärkste Stoß der Stärke 4,4 ereignete sich um 1:25 Uhr morgens. Das Epizentrum lag in der Via Napoli zwischen der Hafenstadt Pozzuoli und dem Stadtteil von Neapel Bagnoli.

Rekord-Erdbeben an Italiens Supervulkan: Über 100 Feuerwehreinsätze in Pozzuoli

Das Erdbeben ereignete sich drei Kilometer unter der Erdoberfläche. Ein Erdstoß gleicher Größenordnung wie der von heute Abend ereignete sich am 20. Mai letzten Jahres. Damals war der Erdstoß aber wesentlich kürzer, sodass es sich jetzt um das heftigste Beben handelte, das jemals in den Phleghräischen Feldern gemessen wurde. Um 1.40 Uhr folgte dieses Mal ein weiterer Erdstoß der Stärke 1,6. Schon Mitte Februar hatte ein langer Erdbebenschwarm die halbe Million Einwohner der Region in Panik versetzt.

Die Feuerwehren von Neapel und Pozzuoli meldeten laut fanpage.it über 100 Einsätze. An vielen Orten fielen Trümmerteile auf die Straßen und beschädigten geparkte Autos. Eine Frau wurde in Pozzuoli im Dachgeschoss ihres Hauses von der eingestürzten Decke in ihrem Bett begraben. Sie wurde von der Feuerwehr nur leicht verletzt aus der Falle befreit. Auch der Glockenturm der Kirche Sant‘Anna in der Via Eurialo im Neapolitaner Stadtteil Bagnoli wurde beschädigt.

Trümmerhagel an Supervulkan: Italienerin wird im Schlaf in ihrem Bett verschüttet

In der Via Diomede Carafa, ebenfalls in Bagnoli, waren einige Menschen, die aus Angst vor weiteren Beben auf die Straße flüchten wollten, in ihren Häusern eingeschlossen. Die Eingangstüren ließen sich nach dem Erdbeben nicht mehr öffnen, da sich die Türrahmen verformt hatten. Die Bewohner der unteren Stockwerke verließen ihre Wohnungen, indem sie aus den Fenstern kletterten. Überall flüchteten die Menschen ins Freie und verbrachten die kalte und regnerische Nacht im Freien oder übernachteten in ihren Autos. Auch Polizeihubschrauber starteten.

Lage in Italien spitzt sich zu: Verzweifelte Bürger versuchen italienischen NATO-Stützpunkt zu stürmen

In der Viale della Liberazione im Neapolitaner Stadtteil Agnano , wo sich ein NATO-Stützpunkt befindet, stand eine Schlange von Dutzenden Autos mit verängstigten Menschen am Tor der Kaserne, die einen sicheren Ort suchten. Der Stützpunkt ist als Bereitschaftszone für den Fall eines Erdbebens ausgewiesen, doch die Tore blieben geschlossen.

In Pozzuoli wurden Turnhallen und Schulen vorsorglich geschlossen, das galt auch für die westlichen Stadtteile von Neapel.
Dort wurde der städtische Zivilschutz aktiviert, um zwei Auffanglager in der Viale della Liberazione und der Piazzale Ippodromo einzurichten. „Ich habe alle erforderlichen Schritte eingeleitet. Abgesehen von herabfallenden Trümmern gab es im Gebiet keine kritischen Probleme. Alle Ordnungskräfte sind im Einsatz. Wir haben entschieden, dass die Schulen geschlossen bleiben“, sagt der Bürgermeister von Pozzuoli, Gigi Manzoni. Ziel der Schließungen ist es, statische Kontrollen der Gebäude durchzuführen.

Das Beben war so stark, dass die Kurve des Seismographen, der auf das Gebiet der Solfatara in den Phlegräischen Feldern gerichtet ist, zu groß für den angezeigten Messbereich war. Und das ganze in einer Region, in der viele Touristen gerne ihren Italien-Urlaub verbringen

Seismograf von italienischem Institut lag bei heftigem Erdstoß am Anschlag

Dass die Situation am Supervulkan eskaliert, zeigt auch ein anderer Wert: Aus dem letzten wöchentlichen Überwachungsbulletin des Vesuv-Observatoriums geht hervor, dass sich der Boden in den Phlegräischen Feldern in den letzten drei Wochen um drei Zentimeter pro Monat gehoben hat. Die Hebungsrate hat sich im Vergleich zur Erhebung der Vorwoche verdoppelt, als sie 1,5 Zentimeter pro Monat betrug.

Der Ausschlag des Bebens war zu groß für die Skala des staatlichen Erdbeben- und Vulkaninstituts INGV.
Der Ausschlag des Bebens war zu groß für die Skala des staatlichen Erdbeben- und Vulkaninstituts INGV. © INGV

Verglichen mit den Werten von zehn Millimetern pro Monat, die im letzten Herbst und zu Beginn dieses Jahres gemessen wurden, hat sich die Rate sogar verdreifacht. Die absolute Geländehöhe ist mittlerweile um 40 Zentimeter höher gestiegen als 1983-84, als nach einer ähnlichen Bebenkrise ganz Pozzuoli evakuiert wurde. Damals dauerte diese Hebungsphase aber nur zweieinhalb Jahre an, die jetzige Hebungsphase währt nun schon 18 Jahre.

Gasalarm in Schulen und U-Bahn, gekochte Fische im Meer und eine neue Risikokarte

Erst vor kurzem haben die Behörden eine Karte herausgegeben, die die gefährlichsten Gebiete der Region zeigt, in der bei starken Beben Lebensgefahr herrscht. Zuletzt sorgten auch hohe CO₂-Werte, die von den enormen Ausgasungen des Vulkans stammen, für Erstickungs-Alarm: Schulen wurden geschlossen, auch Wohnungen evakuiert, selbst in der U-Bahn von Neapel bestand Angst. Fischer hatten außerdem berichtet, dass sie bereits gekochte Fische aus dem Meer vor dem Supervulkan ziehen.

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