Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Experte erklärt, warum Pro-Ukraine-Kämpfer ausgerechnet jetzt Russland angreifen
Kiew setzt im Krieg gegen Russland auf intelligente Drohnen aus Eigenproduktion
Mittwoch, 13. März 2024, 07.20 Uhr: Unter gleißend hellem Neonlicht montieren zehn Männer Drohnen. Ihre Gesichter zu fotografieren ist verboten, und auch der genaue Ort im Großraum von Kiew muss geheim bleiben. Denn die Firma Skyeton produziert für die Armee im Kampf gegen die russischen Angreifer. „Das ist ein Drohnenkrieg“, sagt Skyeton-Chef Andrij Fialkowsky im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Über den Schlachtfeldern im Osten und Süden des Landes erkunden sowohl ukrainische als auch russische Drohnen mit hochauflösenden Kameras die feindlichen Stellungen. Nachts versuchen die mit Sprengstoff beladenen Flugroboter Ziele weit hinter der Front zu treffen.
Skyeton stellt die Überwachungsdrohne Raybird her, die im Offlinemodus bis zu 2500 Kilometer weit fliegen kann. Drohnen könnten entscheidend für einen Sieg der Ukraine sein, ist Maxim Lewkiwsky, der technische Leiter des Unternehmens, überzeugt. „Die Russen haben einen enormen Vorteil in Bezug auf die Menge an Leuten, Panzern, Flugzeugen und Geld“, sagt er. „Wir können also nur gewinnen, wenn wir technologisch überlegen sind.“
Angesichts der zögerlichen Lieferungen des Westens versucht die Ukraine ihre eigene Rüstungsproduktion hochzufahren. Die Entwicklung einer modernen Waffenindustrie ist jedoch ein kostspieliges und langfristiges Unterfangen. Vorerst setzt Kiew auf Drohnen, die relativ billig und einfach herzustellen sind. Präsident Wolodymyr Selenskyj will dieses Jahr eine Million Stück produzieren lassen.
Die Produktion im Land könne schnell auf die Entwicklungen an der Front reagieren, sagt Fialkowsky. „Niemand außer uns weiß, welche Ausrüstung, welche Technologien wir brauchen.“ Der technische Leiter Lewkiwsky war selbst beim Militär und Skyeton stellt bevorzugt Mitarbeiter mit Kampferfahrung ein.
Russland versucht die ukrainische Rüstungsindustrie auszuspionieren und zu sabotieren. Bewerber werden bei Skyeton deshalb gründlich überprüft, die Produktion ist auf mehrere Standorte verteilt. „Wir sind ständig in Gefahr, angegriffen zu werden“, sagt Lewkiwsky. Die Sicherheit sei eine der größten Herausforderungen für die Branche.
Beim Bau der Drohnen geht es auch um die Sicherheit der Soldaten, die sie nutzen. Bei Skyeton testen Mitarbeiter gerade, wie schnell die Flugmaschinen startklar sind. Denn jede Minute, die ein Soldat mit dem Aufbau im Feld verbringt, setzt ihn feindlichem Feuer aus.
Seit dem russischen Einmarsch vor zwei Jahren hat sich die Zahl der ukrainischen Drohnenhersteller den Behörden zufolge auf rund 200 mehr als verdoppelt. „Letztes Jahr gab es einen Boom, da sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen“, sagt Wadym Junyk, der Vorsitzende des Verbands von Drohnenhersteller und Mitbegründer des Unternehmens ISR Defence. Trotzdem ist die Ukraine in dem Bereich noch nicht autark, Mikroschaltungen, Chips und Akkus muss sie importieren. „Es ist derzeit unmöglich, eine 100-prozentig ukrainische Drohne zusammenzubauen“, sagt Junyk.
Die ukrainische Produktion reicht von billigen Kamikaze-Drohnen bis zu anspruchsvollen Mehrzweckdrohnen. Die R18 von ISR Defence kann Sprengstoff über feindlichen Zielen abwerfen oder Nachschub zu Soldaten an der Front transportieren. Die Vampire-Kampfdrohnen des gleichnamigen Unternehmens lieferte im Juni 2023 im Süden der Ukraine auch Medikamente und Lebensmittel an die Bewohner von Gebieten, die nach der Sprengung des Kachowka-Damms überflutet waren.
Es ist ein Wettlauf um Innovation zwischen ukrainischen und russischen Herstellern. „Sie lernen, ihre Drohnen besser zu tarnen, und wir lernen, sie besser zu erkennen und unschädlich zu machen“, sagt ein Sprecher von Vampire, der seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennt.
Aus Angst, Russland mit wertvollen Informationen zu versorgen, halten sich die Produzenten mit Informationen zu Neuheiten zurück. Skyeton setzt auf künstliche Intelligenz, um die Navigation zu verbessern, und zur Erkennung feindlicher Stellungen.
Junyk hofft, dass solche Innovationen seinem Land helfen, andere Schwächen auszugleichen, wie zum Beispiel den Mangel an Rekruten. Ein einziger Soldat könne einen ganzen „Schwarm von Drohnen“ steuern, sagt er. „Deshalb müssen wir all unsere Kräfte da hinein stecken.“
Experte erklärt, wieso Pro-Ukraine-Kämpfer jetzt Russland angreifen
22.30 Uhr: „Die Angriffe dieser aus russischen Staatsbürgern zusammengesetzten Freischärlergruppen haben derartige Attacken schon das letzte Jahr verübt“, erklärt Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft. Dazu gehören das „Russische Freiwilligenkorps“, das „Sibirische Bataillon“ und die „Legion Freiheit Russlands“. Die Kämpfer-Truppen werden von der Ukraine militärisch ausgerüstet und seien als Teil der Internationalen Legion den Streitkräften der Ukraine unterstellt. „Dass die Attacken jetzt wieder stattgefunden haben, hängt mit den Präsidentenwahlen in Russland zusammen.“ Diese finden von Freitag bis Sonntag statt.
Die Attacken sollen laut dem Experten den Eindruck erwecken, dass die russische Führung die Grenzen nicht sichern kann. „Und russischen Kriegsgegnern soll signalisiert werden, dass es einen bewaffneten Widerstand gegen Putin gibt“, so Mangott.
Selenskyj kündigt Vergeltung nach Angriff auf Heimatstadt an
21.15 Uhr: Nach einem schweren russischen Raketenangriff auf seine Geburtsstadt Krywyj Rih hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Vergeltung angekündigt. „Wir werden dem russischen Staat als Reaktion darauf Verluste zufügen“, sagte Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videoansprache. „Sie im Kreml müssen lernen, dass Terror für sie nicht ungestraft bleibt“, warnte er. „Nichts wird diese Patienten von ihrem Übel heilen, aber sie werden die Verluste spüren.“
Bei dem Raketenangriff auf Krywyj Rih waren am späten Nachmittag zwei Wohnhäuser getroffen und in Brand gesetzt worden. Bis zum Abend bargen die Helfer mindestens drei Tote aus den Trümmern. Weitere 36 Menschen wurde verletzt, unter ihnen sieben Kinder.
Russland meldet Verletzte und einen Toten durch Angriffe pro-ukrainischer Kämpfer
20.47 Uhr: Bei Angriffen pro-ukrainischer Kämpfer auf russische Grenzorte sind laut örtlichen Behörden ein Mensch getötet und zehn weitere verletzt worden. „Zehn Zivilisten wurden verletzt, sechs von ihnen befinden sich in Krankenhäusern (...) Ein Mitglied unserer territorialen Selbstverteidigung starb heute“, schrieb der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Dienstag im Onlinedienst Telegram. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt, dass die Angriffe zurückgeschlagen worden seien.
„Dank der aufopferungsvollen Aktionen russischer Soldaten wurden alle Angriffe durch ukrainische Terrorgruppen zurückgeschlagen“, erklärte das Ministerium in Moskau am Dienstagabend. Die Angreifer seien von der russischen Armee durch die Luftwaffe, Raketen und Artilleriefeuer vertrieben worden. Den Angaben Moskaus zufolge drangen aus der Ukraine kommende Kämpfer am Dienstagmorgen unter anderem mit Panzern in die russischen Grenzregionen Belgorod und Kursk vor.
Russische Milizen, die auf der Seite Kiews kämpfen, hatten zuvor erklärt, sie seien in die Regionen Kursk und Belgorod eingedrungen und hätten dabei eine grenznahe Ortschaft unter ihre Kontrolle gebracht. In den pro-ukrainischen Freiwilligen-Milizen haben sich Kreml-Gegner aus Russland zusammengeschlossen. Die Ukraine führte nach eigenen Angaben zudem eine Serie von Drohnenangriffen auf russisches Gebiet aus und traf dabei unter anderem eine Ölraffinerie und ein Rathaus.
Drei Tote und Dutzende Verletzte bei Angriff auf Selenskyjs Heimatstadt
20.30 Uhr: Bei einem russischen Angriff auf die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind nach Regierungsangaben drei Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Bei dem Angriff auf Krywyj Rih im Landesinneren habe es mindestens 38 Verletzte gegeben, teilte am Dienstagabend Innenminister Igor Klimenko im Online-Netzwerk Telegram mit. Unter den Verletzten seien auch Kinder.
Bei dem russischen Angriff auf die Industriestadt sei ein Wohngebäude getroffen worden, erklärte Klimenko. Es sei zu befürchten, dass die Zahl der Opfer noch steige. Russland greift seit Beginn seines Angriffskrieges gegen die Ukraine nach Angaben Kiews immer wieder bewusst auch zivile Ziele an. Moskau weist diese Vorwürfe zurück.
USA kündigen Not-Militärpaket für Ukraine an
19.27 Uhr: Nach monatelanger Pause hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden ein Not-Hilfspaket mit militärischer Ausrüstung für die Ukraine angekündigt. Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, sagte am Dienstag im Weißen Haus in Washington, das geplante Paket habe einen Umfang von 300 Millionen US-Dollar (275 Millionen Euro) und enthalte unter anderem eine große Zahl an Artilleriegeschossen.
Es speise sich aus Mitteln, die das US-Verteidigungsministerium bei vorherigen Rüstungskäufen durch Verhandlungen eingespart habe. Dadurch sei eine „bescheidener Betrag“ verfügbar. Sullivan betonte aber, die neue Munition könne Kiew nur für kurze Zeit helfen. „Sie reicht bei weitem nicht aus, um den Bedarf der Ukraine auf dem Schlachtfeld zu decken, und sie wird nicht verhindern, dass der Ukraine in den kommenden Wochen die Munition ausgeht“, sagte er und mahnte: „Der Kongress muss handeln.“
Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat Bidens Regierung militärische Hilfe in Höhe von mehr als 44 Milliarden US-Dollar (rund 40 Milliarden Euro) für Kiew bereitgestellt.
Moskau: Alle Angriffe pro-ukrainischer Kämpfer in Russland zurückgeschlagen
18.56 Uhr: Die russische Armee hat nach Angaben Moskaus alle Angriffe pro-ukrainischer Kämpfer auf russische Grenzorte zurückgeschlagen. „Dank der aufopferungsvollen Aktionen russischer Soldaten wurden alle Angriffe durch ukrainische Terrorgruppen zurückgeschlagen“, erklärte am Dienstagabend das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Angreifer seien von der russischen Armee durch die Luftwaffe, Raketen und Artilleriefeuer vertrieben worden.
Den Angaben Moskaus zufolge drangen aus der Ukraine kommende Kämpfer am Dienstagmorgen unter anderem mit Panzern in die russischen Grenzregionen Belgorod und Kursk vor. Alle Angriffe seien zurückgeschlagen worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Abend.
Russische Milizen, die auf der Seite Kiews kämpfen, hatten zuvor erklärt, sie seien in die Regionen Kursk und Belgorod eingedrungen und hätten dabei eine grenznahe Ortschaft unter ihre Kontrolle gebracht. In den pro-ukrainischen Freiwilligen-Milizen haben sich Kreml-Gegner aus Russland zusammengeschlossen. Die Ukraine führte nach eigenen Angaben zudem eine Serie von Drohnenangriffen auf russisches Gebiet aus und traf dabei unter anderem eine Ölraffinerie und ein Rathaus.
Die Ukraine, die im eigenen Land an der Front schwer unter Druck steht, hatte ihre Angriffe auf Russland in den vergangenen Monaten verstärkt und sich dabei besonders auf Grenzregionen konzentriert.
Schon 1000 schwer verletzte Ukrainer in Deutschland behandelt
17.43 Uhr: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sind bereits mehr als 1000 schwer verletzte oder kranke Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland medizinisch behandelt worden. Darunter sind 155 Patienten und Patientinnen im sogenannten Kleeblatt Südwest für die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Hessen, wie die rheinland-pfälzische Innenstaatssekretärin Nicole Steingaß (SPD) am Dienstag in Mainz sagte. Das Innenministerium in Mainz steuert das Kleeblatt Südwest. Der sogenannte Kleeblatt-Mechanismus mit seinen fünf Länder-Regionen und dem Lagezentrum im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn wird für die Verteilung der Patienten in Deutschland genutzt.
Pro-ukrainische russische Miliz meldet Eroberung von grenznahem russischen Dorf
14.04 Uhr: Russische Kämpfer einer pro-ukrainischen Miliz haben eigenen Angaben zufolge eine grenznahe Ortschaft in Russland erobert. „Das Dorf Tjotkino in der Region Kursk wird vollständig von den russischen Befreiungskräften kontrolliert“, erklärte die Miliz „Freiheit für Russland“ am Dienstag in Onlinediensten. Die russische Armee ziehe sich aus dem Dorf zurück und lasse schwere Waffen zurück.
Rathaus in der russischen Grenzstadt Belgorod von Drohne getroffen
13.55 Uhr: Wie der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, auf dem Nachrichtendienst Telegram mitteilte, wurde das Rathaus der Stadt Belgorod von einer Drohne getroffen. Auf einem Video ist der Einschlag der Drohne in das Gebäude zu sehen. Die Luftabwehr habe zudem mehrere weitere Flugobjekte abgefangen, so Gladkow.
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