Hunderte Patienten in einem Jahr: Röntgen-Roboter als Lebensretter
Der umstrittene, im vergangenen Jahr angeschaffte Hybrid-OP im Weilheimer Krankenhaus ist nach Angaben der Verantwortlichen ein großer Erfolg. 632 Patienten wurden seit April 2023 mithilfe der neuen Technik behandelt.
Landkreis – Ist das noch ein OP oder schon ein Raumschiff? Wenn Dr. Peter Baumann seinen „Artis pheno“ bedient, denkt man unwillkürlich an Science-Fiction-Filme. Leise surrend, fahren die großen Arme in Position. Und produzieren dreidimensionale Röntgenbilder in feinster Qualität.
Baumann, Chefarzt der Gefäß- und Endovaskularchirurgie, ist stolz auf sein neues Gerät. Und nicht, weil er damit beim Gefäßchirurgenstammtisch besonders gut angeben kann – das Weilheimer Krankenhaus ist abgesehen von den Universitätskliniken das einzige im Oberland, das einen Hybrid-OP nutzt. Nein, er ist stolz darauf, weil sich nach seinen Aussagen dadurch die Behandlungsmöglichkeiten für die Patienten stark verbessert haben. Früher, da wurde viel operiert in der Gefäßchirurgie. Große Schnitte, schlimmstenfalls Amputationen, wenn der Blutfluss nicht mehr gewährleistet war.
Immer mehr minimalinvasive Eingriffe
In den vergangenen zwei Jahrzehnten sei man indes immer mehr dazu übergegangen, endoskopische Eingriffe durchzuführen, so Baumann. Will meinen: Keine riesigen Schnitte mehr, sondern minimalinvasive Eingriffe, bei denen ein Führungsdraht in die Gefäße geschoben wird und die Stents an genau der richtigen Stelle eingesetzt werden.
Doch immer noch kann die Endoskopie nicht in jedem Fall eingesetzt werden. „Rund 70 Prozent aller operativen Eingriffe sind Hybridoperationen“, so der Chefarzt im Rahmen eines Pressegesprächs. Dabei wird ein Schnitt gemacht und beispielsweise ein Aneurysma im Bauchraum operativ entfernt. Dabei fällt oftmals auf, dass ein weiteres Gefäß „repariert“ werden müsste. Früher wurde der Schnitt vergrößert, die Stelle freigelegt und der Stent gesetzt. Heute indes wird von der bestehenden Öffnung aus endoskopisch weiteroperiert. Im Prinzip wird also ein operativer mit einem endoskopischen Eingriff kombiniert.
Das hat für die Patienten große Vorteile, führt Baumann aus. Kleinere Schnitte bedeuten weniger Belastungen für die oftmals betagten Patienten. Die Liegezeiten verkürzen sich, die damit verbundenen Gefahren sinken.
Hochpräzise Bildgebung dank hochmoderner Technik
Um solche Hybrid-OPs durchführen zu können, sind die Ärzte auf hochpräzise Bildgebungsverfahren angewiesen. „Bislang wurde dabei ein sogenannter C-Bogen verwendet“, berichtet Baumann. Ein gutes Röntgengerät, sagt er. Aber eines, dass von einer Schwester nach seinen Anweisungen bedient werden muss. Das kostet Zeit und erhöht die Strahlendosis, der der Patient ausgesetzt ist.
Deswegen steht im Hybrid-OP des Weilheimer Krankenhauses nun eine topmoderne Angiographie-Anlage, deren Anschaffung im vergangenen Jahr für erhebliche Debatten im Kreistag gesorgt hatte. Von einem Roboterarm bewegt, rotiert das Röntgengerät computergesteuert um den Patienten herum und macht dabei Aufnahmen aus jeder Richtung. Diese werden zu dreidimensionalen Bildern zusammengerechnet, die direkt und in hoher Auflösung auf den Monitoren im OP dargestellt werden. Das erleichtert nicht nur den Chirurgen die Arbeit, sondern sorgt auch dafür, dass die Strahlenbelastung der Patienten sinkt. Und es sind deutlich weniger Kontrastmittel nötig als bisher. Diese Kontrastmittel belasten, wenn zuviel davon eingesetzt wird, die Nieren der Patienten.
Diese sind offensichtlich überzeugt, so Dr. Baumann weiter. Die Zahl derjenigen, die sich bewusst für einen Eingriff in Weilheim entscheiden, steige stetig.