Newsticker zur Präsidentschaftswahl in Russland - Unabhängige Wahlbeobachter beklagen Druck auf russische Wähler
Kremlnahes Institut bereitet Russen auf hohen Wahlsieg Putins vor
Montag, 11. März, 15.38 Uhr: Kremlnahe Meinungsforscher haben die Russen vor der Präsidentenwahl an diesem Sonntag nach dem Ausschluss der Opposition auf einen hohen Wahlsieg von Amtsinhaber Wladimir Putin eingestimmt. Putin könne nach einer Befragung von Wahlberechtigten mit 82 Prozent der Stimmen rechnen, teilte das Meinungsforschungsinstitut Wziom am Montag in Moskau mit.
Die drei Mitbewerber, die Putin entweder offen unterstützen oder klar auf Kremllinie sind, gelten mit zwischen jeweils fünf oder sechs Prozent der Stimmen als chancenlos. Erwartet wird der Befragung zufolge eine Wahlbeteiligung von 71 Prozent.
Die staatsnahen Meinungsumfragen in Russland gelten vor allem als wichtiges Instrument für den Machtapparat, um die Wirksamkeit von der Kremlpropaganda etwa in den Staatsmedien zu messen. Das vom Kreml gesteuerte Staatsfernsehen, das vor allem von vielen älteren Russinnen und Russen auf dem Land genutzt wird, hat nach Meinung von Beobachtern starken Einfluss auf das Denken der Menschen. Putin wird dort traditionell als alternativlos dargestellt.
Sollte Putin bei mehr als 80 Prozent der Stimmen landen, wäre das sein höchstes Ergebnis bei einer Präsidentenwahl. Das dürfte auch als Ausdruck eines hohen Selbstbewusstseins des Machtapparats gelten. 2018 kam er auf 76,7 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 67,5 Prozent. Die Zahl der Wahlberechtigten in Russland wird von der Wahlkommission mit 112 Millionen angegeben. Hinzu kommen fast zwei Millionen Russen im Ausland.
Unabhängige Wahlbeobachter beklagen Druck auf russische Wähler
Donnerstag, 07. März, 12.30 Uhr: Die unabhängige russische Wahlbeobachterorganisation Golos befürchtet einen wachsenden Druck auf Wähler und Wählerinnen zur Teilnahme an der Präsidentenwahl am 17. März. Vor allem durch die Stimmabgabe von Menschen, die vom Staat abhängig sind, solle die Wahlbeteiligung hochgetrieben werden, schrieb die Organisation am Donnerstag auf ihrem Telegram-Kanal. Dies betreffe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Behörden und anderen staatlichen Einrichtungen, die Belegschaft staatlicher Unternehmen oder großer kremlnaher Firmen.
Als einen Beleg nannte Golos ein System zur elektronischen Kontrolle der Stimmabgabe, das angeblich von der Kremlpartei Geeintes Russland in ihren Gliederungen verbreitet werde. Dabei erhielten Wähler auf ihr Handy eine SMS mit einem Link, um die Wahlteilnahme zu bestätigen. Dieser Link funktioniere aber nur, wenn die Standortbestimmung des Telefons eingeschaltet sei und das Gerät direkt im Wahllokal genutzt werde. Die Wahlbeobachter stuften diese Art der Datensammlung als Verletzung des Wahlgeheimnisses ein.
Kremlchef Wladimir Putin (71) möchte sich am 17. März für weitere sechs Jahre als Präsident bestätigen lassen. Dabei ist der Rahmen so gesteckt, dass nur ein Wahlsieg herauskommen kann. Ernsthafte Gegenkandidaten gibt es nicht. Die russischen Behörden setzen alles daran, die Wahl als überzeugende Volksabstimmung darzustellen.
Die Nichtteilnahme ist dabei für Wähler eine der wenigen Möglichkeiten, sich dem System zu entziehen und Unzufriedenheit auszudrücken. Nach Berichten des exilrussischen Internetportals „Meduza“ werden Mitglieder von Geeintes Russland angehalten, mindestens zehn andere Menschen zur Wahl zu bringen. Angestellte von Staatsunternehmen soll drei Menschen mitbringen.
Kremlgegner haben dazu aufgerufen, als Zeichen des Protests am Wahltag genau um 12.00 Uhr zur Wahl zu gehen. An den erwarteten Schlangen vor den Wahllokalen werde sich ablesen lassen, wie hoch die Unzufriedenheit tatsächlich sei. Diese Aktion wird auch von Julia Nawalnaja unterstützt, der Witwe des im Februar in russischer Haft gestorbenen Regimekritikers Alexej Nawalny.
Die russische Justiz übt seit langem Druck auf Golos aus, um die Arbeit der Wahlbeobachter zu behindern.