Stadt bestellt E-Räder für 180 000 Euro - Kritiker: hohe Kosten, fragwürdiger Nutzen
Stadt kippt Mietrad-Beschluss
Nach anfänglichem Zögern hat sich die Stadt nun entschieden, dem neuen Mietradsystem im MVV-Raum beizutreten. Die Mehrheit im Stadtrat sieht darin einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die Kritiker dagegen verweisen auf die hohen Kosten, den fragwürdigen Nutzen und die Tatsache, dass die Umlandgemeinden die Leihräder mit guten Gründen abgelehnt haben.
Update: Mittwoch, 22. November, 18 Uhr: Dieser Beschluss war aber nicht von langer Dauer. Bereits am Mittwochabend kippten die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses bei den Haushaltsberatungen diese Entscheidung wegen der hohen Kosten. Bericht folgt.
Dachau – Wie komme ich zum Bahnhof oder von dort in die Altstadt? Oft scheitert die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel an der sogenannten letzten Meile. Weil man nicht weiß, wie man die letzten Meter flott zurücklegen kann, entscheiden sich viele am Ende doch fürs Auto.
Nach Ansicht der Stadträte von SPD, Grünen, Bündnis für Dachau und Wir soll es daher in Zukunft Leihräder in der Stadt geben, die die Bürger nach Bedarf nutzen und je nach gefahrener Strecke bezahlen können. Die Leihräder, findet Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD), seien eine „neue Säule im ÖPNV“ und „wichtig“ für den Klimaschutz in der Stadt. Die Tatsache, dass die Leihräder vom MVV im gesamten Verkehrsverbund zur Verfügung gestellt und mittels einer App im gesamten MVV-Raum nutzbar seien, machten das Angebot praktisch unschlagbar. „Es geht um ein ganzes Gebiet, es geht nicht nur um Dachau“, so Koch.
Doch das System, das nun schon mehrfach im Stadtrat vorgestellt und diskutiert wurde, hat nicht nur Vorteile. Laut Bauamtsleiter Moritz Reinhold würde sich die Stadt mit einer Bestellung von 120 E-Leihrädern, die auf 30 Stationen im Stadtgebiet verteilt werden sollen, an dem Großprojekt beteiligen. Nach dem Start am 1. Oktober 2025 würde das Projekt vertragsgemäß zunächst bis Ende 2030 laufen – und die Stadt jährlich 180 000 Euro kosten.
Peter Strauch (CSU) fand, dass dies „in der heutigen Zeit“ zu viel Geld sei. Und angesichts der Tatsache, dass das Gros der Dachauer ein eigenes Rad besitzt und die MVV-Räder daher vorwiegend von Auswärtigen gemietet werden dürften, fragte er: „Wollen wir es dem Steuerzahler wirklich antun, ein Leihradsystem zu finanzieren, das er selber gar nicht nutzen wird? Wer in Dachau zum Bahnhof will, der hat in der Regel schon ein Radl.“
Peter Gampenrieder (ÜB) teilte diese Ansicht und verwies zudem auf einen „Flickenteppich“. Das von Koch ins Feld geführte Argument, dass das MVV-System praktisch und überregional nutzbar sei, stimme nämlich nicht. Die allermeisten Landkreisgemeinden wollten das System nicht. Die Ablehnung, beispielsweise des Indersdorfer Gemeinderats, sei gut begründet und einstimmig gefallen! Koch wollte sich an der ablehnenden Haltung der Landkreisgemeinden kein Beispiel nehmen, im Gegenteil. „Schade“ sei es, dass die Gemeinden, „wenn es darum geht, den Landkreis-ÖPNV mit Rädern zu erweitern, einfach aussteigen. Die hätten ja auch nur mit ein, zwei Stationen anfangen können“!
Umweltreferent Thomas Kreß (Grüne) merkte an, dass die Kosten von 180 000 Euro jährlich nur auf den ersten Blick hoch erscheinen: „Natürlich klingt das erst mal nach ’ner Riesensumme. Aber nur, wenn man es getrennt sieht von der Summe, die wir für Straßen ausgeben.“ Anders als CSU-Mann Strauch war Kreß zudem überzeugt, „dass das Angebot gut angenommen wird“.
Oberbürgermeister Florian Hartmann wurde daher nun offiziell ermächtigt, eine Zweckvereinbarung über die gemeinschaftliche Etablierung und Sicherstellung eines öffentlichen Bikesharing-Systems im MVV-Gebiet zu unterzeichnen. Die Hoffnung der Befürworter: dass die Ausschreibung der Fahrräder so erfolgreich verläuft, dass Dachau für seine 120 bestellten Leih-Pedelecs vielleicht sogar weniger zahlen muss als die nun veranschlagten 1500 Euro das Stück beziehungsweise 180 000 Euro in Summe. „Wir wissen ja noch gar nicht, was letztlich auf uns zukommt“, beruhigte Koch die Gemüter. CSU-Mann Strauch überzeugte er damit aber nicht: „Auch 150 000 Euro wären noch zu viel Geld.“