Wilders: Gewinner und doch kein Sieger?
Trotz Wahlsieg und de-facto-Zuschlagsrecht könnte es für Geert Wilders und seine Partei PVV schwierig werden. Denn momentan möchte keine Partei mit ihm koalieren.
Was sich in den letzten Tagen als Überraschungsmoment mit Blick auf den Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahlen in den Niederladen angekündigt hatte, scheint sich nach ersten Hochrechnungen zu bestätigen: Geert Wilders wird mit seiner rechtsnationalen Freiheits-Partei PVV und 35 (+18) Sitzen stärkste politische Kraft im Land und sorgt für ein kleines politisches Erdbeben. Nach Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr veröffentlichte IPSO entsprechende Umfrageergebnisse, die Wilders eindeutig an der Spitze sehen.
Gefolgt von der neuen Listenverbindung der Grünen und Sozialdemokraten (PvdA/GL), die auf 26 Sitze (+9) kommen. Enttäuschend verlief der Wahlgang für die Partei des noch geschäftsführend im Amt befindlichen Langzeit-Premier Mark Rutte, die demnach nur noch auf 23 Mandate (-11) in der Zweiten Kammer der Generalstaaten, dem niederländischen Parlament, kommen.
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Auch der Hoffnungsträger des bürgerlichen Lagers, Pieter Omtzigt, ehemaliger Abgeordneter der Christdemokraten (CDA), erreichte mit seiner erst im August gegründeten Partei "Neuer Sozialvertrag" (NSC) aus dem Stand heraus 20 Mandate und damit ein bemerkenswertes Ergebnis, blieb aber damit hinter den Erwartungen der letzten Wochen zurück. In diesen hatte er die Umfragen mit nahezu uneinholbar scheinendem Vorsprung angeführt.
Die Bauern-Bürger-Bewegung (BBB), die noch im März die Regionalwahlen überraschend mit 20 Prozent gewonnen hatte, musste sich demnach mit 7 Mandaten (+6) zufriedengeben. Die beiden größeren Koalitionspartner der bisherigen Rutte-Regierung D66 (10 Sitze, -14) und die christdemokratische CDA (5 Sitze, -10) mussten erhebliche Verluste hinnehmen. Die Zweite Kammer umfasst 150 Mandate, sodass für eine regierungsfähige Mehrheit in jedem Falle eine Koalition notwendig ist.
Wilders fordert zur Zusammenarbeit auf
Wilders trat kurz vor 22.00 Uhr als einer der ersten Spitzenkandidaten vor seine Anhänger in Scheveningen und dankte für den "unglaublichen" Erfolg, den ihm die "Niederländer" beschert hätten. Gleichwohl ist dem Rechtspopulisten bewusst, dass er nach Lage der Dinge mindestens zwei oder sogar drei weitere Partner benötigt, um seinen lang gehegten Traum vom Amt des Regierungschefs wahrmachen zu können.
Das allerdings könnte sich als schwierig erweisen: Vor dem Wahlgang hatten Timmermans Wahlbündnis PvdA/GroenLinks ausgeschlossen, mit dem "islamophoben" Politiker arbeiten zu wollen. Ähnlich hatte sich, nach einigem Hin und Her, auch die Spitzenkandidatin der VVD, Dilan Yeşilgöz, geäußert. Gerade für die rechtsliberale VVD, Wilders politische Ur-Heimat, bis er 2004 die PVV gründete, eine schwierige Lage. Pieter Omtzigts NSC ging im Wahlkampf ebenfalls auf Distanz zu Wilders.
Nach Demoskopen war mitunter diese mehr oder weniger gemeinsame Front mitunter auch ein Mobilisierungsfaktor für PVV: Die Verweigerung, mit Wilders zusammenzuarbeiten, sowie der Versuch, ihn in die Ecke zu stellen, könnte sich, so Beobachter, gerächt und einen gegenteiligen Effekt für den Rechtspopulisten gehabt haben. Andere Stimmen werfen der VVD dagegen vor, Wilders erst salonfähig gemacht zu haben, da sich Yeşilgöz nicht von Beginn an klar gegen eine Zusammenarbeit ausgesprochen hatte.
Die nun vom PVV-Chef verfolgte Umarmungsstrategie geht dabei Hand in Hand mit seinem Wahlkampf, bei dem er sich immer wieder bemühte, im Vergleich zu früher sanfte Töne anzuschlagen. Eine Regierungsbildung ohne die PVV wäre theoretisch zwar denkbar, würde jedoch mit der seit 1977 ununterbrochen eingehaltenen politischen Tradition brechen, dass der Spitzenkandidat der stärksten politischen Kraft das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt.
Schwierige Regierungsbildung
Vor diesem Hintergrund ist von einer schwierigen Regierungsbildung in den Niederladen auszugehen. Dieses nicht ganz neue Phänomen erklärt sich vor allem aus der politischen Fragmentierung in der Parlamentskammer, der zuletzt 20 Fraktionen angehört hatten.