Über 55 Jahre im Geschäft - Deep Purple im Interview: „Das wird uns ein, zwei Jahre mehr geben“
Sie sind seit über 55 Jahren in der Rockbranche aktiv. Auch wenn Sie das Touren so angenehm wie möglich gestalten – wie lange können Sie das als Deep Purple noch machen?
Paice: Ich weiß es nicht. Aber das Reisen wird uns ein, zwei Jahre mehr geben. Wir sind in einem Alter, wo die Band Spaß machen muss. Da gehört Komfort dazu. Aber ja, ich bin noch sehr gerne unterwegs.
Nach fast 30 Jahren hat Steve Morse die Band verlassen müssen. Was hat das mit ihnen als Band gemacht?
Paice: Nun, seine Frau war schrecklich krank (sie verstarb im Februar 2024 an Krebs, Anm. d. Red). Family comes first – das ist gar keine Frage. Steve musste nach Hause, aber wir mussten weiter planen. Wir setzten eine Tour für den Sommer an, hofften, er könnte uns wieder begleiten. Wir sind an einem Punkt an unserer Karriere, wo wir das so machen müssen.
Wie meinen Sie das?
Paice: Nun, wenn wir für ein Jahr oder länger alles gestoppt hätten, hätten wir die Band bestimmt nie wieder in Gang setzen können. Wir mussten damals eine schwere Entscheidung treffen und ihn gehen lassen – auch wenn es für Steve eine unfassbar toughe Zeit war. Die Musikindustrie ist anders als andere Berufsfelder. Man muss die richtigen Entscheidungen treffen und die war weiterzumachen. Das bedeutete auch, dass wir jemanden finden mussten, der Steves Position ausfüllt.
Als Simon in die Band kam, um mit Ihnen auf Tour zu gehen, war Steve Morse aber noch in der Band.
Paice: Wir hatten einen intensiven Austausch mit Steve, der bei seiner Frau Janine in Florida war. Ihr Zustand wurde nicht besser. Er hätte weiterhin mit uns auftreten können, aber nur in einem kleinen Radius, wo er schnell hätte nach Hause fliegen können. Das wäre der Süden der USA gewesen, wir spielen aber auf der ganzen Welt. Das war schlicht nicht miteinander zu verbinden.
Simon, Sie hatten schon mit der Soloband von Ian Gillan (Sänger von Deep Purple, Anm. d. Red.) gespielt. Mussten Sie lange überlegen, als Sie gefragt wurden, mit Deep Purple auf Tour zu gehen?
McBride: Ich habe Ende 2021 eine Mail von ihrem Manager bekommen, ob ich für ein paar Shows aushelfen könnte. Ich habe natürlich zugesagt, aber mir nichts weiter dabei gedacht. Dann wurde ich wieder für einige Konzerte angefragt. Ich habe zu dem Zeitpunkt einfach nur gedacht „Toll, ich spiele ein paar Auftritte mit Deep Purple“. Ich hatte einfach dieses professionelle Mindset, dass ich für Konzerte engagiert bin und danach wieder nach Hause gehe. Steve war da ja noch Teil der Band.
Und wann wurden Sie gefragt, ob Sie einsteigen wollen?
McBride: Das war im Juni oder Juli 2022. Übrigens wieder per Mail vom Management. In der Nachricht wurde ich gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte einzusteigen. Ich musste nicht lange überlegen (lacht). Am selben Abend war ich mit Gillan in der Bar und er fragte mich – naja, er sagte eher: „You're in the f**king band or what?!“ Da kann man wenig drauf entgegnen (lacht). Und wissen Sie was? Es macht Spaß, die Jungs sind super.
Paice: Ich auch?
McBride: Ja, du auch. Ich habe mit Gillans Band gespielt. Ich habe also über die Jahre alle Mitglieder von Deep Purple schon kennengelernt. Wir haben sofort harmoniert.
Auch wenn Sie sich bereits kannten, war es eigenartig, dass nach 30 Jahren jemand anderes im Proberaum Gitarre spielt?
Paice: In erster Linie geht es auch um Musik. Wir mussten uns fragen: „Kann dieser Typ das mitbringen, was wir brauchen?“ Schon nach der ersten Show wussten wir, dass er spielerisch alles kann, was es benötigt. Zudem ist Simon auf Tour umgänglich. Wenn Deep Purple auf Tour gehen, sind so viele Menschen involviert. Es ist wichtig, dass es im Großen und Ganzen passt. Es ist wichtig, dass wir auf Konzerten abliefern, es ist aber auch schön, dass es menschlich harmonisiert. Simon ist ein anderer Typ Mensch als Steve.
Inwiefern?
Paice: Steve ist Amerikaner und wir Engländer. Wir sprechen alle Englisch, aber es gibt sprachliche Unterschiede. Die sind auch kulturell. Wir reden über Fußball, er über American Football. Es gab Barrieren, die kann man nicht überbrücken. Bitte nicht falsch verstehen: Steve hat das all die Jahre toll gemacht, aber ich glaube, es war für ihn mit uns Briten doch etwas schwer.
Simon, Sie sind ein paar Jahre jünger als die anderen. Haben Sie mit Songs wie „Smoke On the Water“ das Gitarrenspielen gelernt?
McBride: Wenn man Gitarre spielt und Rockmusik mag, dann hat man natürlich Deep Purple auf dem Radar. Das erste Mal „Smoke On the Water“ habe ich für die Arbeit mit Ian Gillan gelernt, also viel später.
Erstaunlich. Jede lokale Coverband spielt diesen Song.
McBride: ... und ich musste ihn für Konzerte mit dem Typen lernen, der das Original gesungen hat (lacht). Ich spiele viele der Purple-Songs jetzt zum ersten Mal. Ich hatte natürlich schon das eine oder andere Riff von ihnen gespielt, aber die Songs als Ganzes nicht.