Haushaltschaos bei der Ampel: Wie geht's nun weiter?
Sachverständige sollen helfen, die Folgen des Haushaltsurteils aus Karlsruhe abzuschätzen. Was ist mit den Energiepreisbremsen und dem Etat für 2024? Ein Überblick.
Das Wichtigste im Überblick
- Was bedeutet die aktuelle Ausgabensperre?
- Welche Sondervermögen hat der Bund überhaupt?
- Welche Geldtöpfe sind jetzt betroffen und welche nicht?
- Was ist mit dem Geld für die Bundeswehr?
- Sind die Energiepreisbremsen, der "Doppelwumms", betroffen?
- Müssen Kunden Hilfen der Energiepreisbremse zurückzahlen?
- Gilt das Urteil nur für die Sondervermögen im Bund?
- Wird es am Dienstag eine klare Antwort geben?
Die Ampel darf kein neues Geld ausgeben: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds hat das Bundesfinanzministerium eine Ausgabensperre für Teile des Bundeshaushalts verhängt. Dies berichteten am späten Montagabend zuerst die Nachrichtenagentur Reuters und dann der "Spiegel".
Zudem stehen weitere, bereits beschlossene, Sondervermögen auf dem Prüfstand. Auch sie könnten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds verfassungswidrig sein. Stehen also möglicherweise weitere Milliarden nicht zur Verfügung, etwa für die Energiepreisbremsen? Und was ist mit Geld, das in diesem Jahr schon ausgegeben wurde?
Fest steht: 60 Milliarden Euro für Klimaprojekte und die Modernisierung der Wirtschaft sind nach dem Urteil in Karlsruhe auf jeden Fall weg. Mehr dazu lesen Sie hier. Sachverständige helfen Bundestag und Bundesregierung nun bei der Bewertung. Ein Überblick zu den wichtigsten Fragen.
Was bedeutet die aktuelle Ausgabensperre?
Das Bundesfinanzministerium hat am späten Montagabend eine Sperre für Teile des gesamten Bundeshaushalts verhängt. Dies wurde am späten Montagabend zuerst von der Nachrichtenagentur Reuters und dem "Spiegel" berichtet. Die Medien zitierten aus einem Schreiben des Haushaltsstaatssekretärs Werner Gatzer an alle Bundesministerien sowie das Kanzleramt.
"Um weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden, beabsichtige ich daher, alle in den Einzelplänen 04 bis 17 und 23 bis 60 des Bundeshaushaltsplans 2023 ausgebrachten und noch verfügbaren Verpflichtungsermächtigungen mit sofortiger Wirkung zu sperren", wird aus dem Schreiben zitiert. Mehr dazu lesen Sie hier.
Nach Angaben aus dem Finanzministerium vom Dienstagmorgen bedeutet das aber keine Ausgabensperre. Die für 2023 eingestellten Gelder könnten regulär fließen, hieß es am Dienstagmorgen in Ministeriumskreisen. Es handele sich lediglich um eine Sperre von Verpflichtungen für die kommenden Jahre. Diese würden vorsorglich für den Fall gestoppt, dass das Karlsruher Haushaltsurteil auch auf ältere Rücklagen in Sondervermögen anzuwenden sei.
Das Finanzministerium hatte die Verpflichtungsermächtigungen aus dem Haushalt 2023 gesperrt. Das sind Finanzzusagen für die kommenden Jahre, die etwa für mehrjährige Vorhaben genutzt werden. Im Einzelplan 60 etwa sind der Klima- und Transformationsfonds und der 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise angesiedelt.
Welche Sondervermögen hat der Bund überhaupt?
Einer Aufstellung des Bundesrechnungshofs zufolge unterhält der Bund aktuell 29 Sondervermögen. Diese Nebenhaushalte sind keine Erfindung der Ampel-Regierung: Das älteste stammt aus dem Jahr 1951 und förderte den Bau von Wohnungen für Bergarbeiter. Es gibt auch Fonds zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben, einen Binnenschifffahrtsfonds, ein Sondervermögen zum Ausbau von Kita-Plätzen und einen für digitale Infrastruktur.
Die neuesten Sondervermögen sind Wirtschaftshilfen wegen der Corona-Krise, Aufbauhilfen für Flutopfer, der 100 Milliarden Euro schwere Sondertopf für die Bundeswehr und der Topf für die Energiepreisbremsen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Welche Geldtöpfe sind jetzt betroffen und welche nicht?
Das Bundesverfassungsgericht äußerte sich nur zu schuldenfinanzierten Sondervermögen. Ausgenommen sind in der Aufzählung der Haushaltssperre nun Verfassungsorgane wie Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht.
Ebenfalls ausgenommen dürften Sondervermögen sein, die vor Einführung der Schuldenbremse entstanden. Denn Artikel 143d des Grundgesetzes regelt, dass nur Kreditermächtigungen für die Schuldenbremse angerechnet werden, die nach 2010 bewilligt wurden.
Offen ist nun aber, ob Vorhaben aus dem Klimafonds in den regulären Haushalt für 2024 verschoben werden müssen. Eine Übersicht über die Maßnahmen, die aus dem Fonds finanziert werden sollten, finden Sie hier. Die Experten sind unterschiedlicher Meinung, ob der Etat für das kommende Jahr unter diesen Umständen in den nächsten Tagen überhaupt beschlossen werden kann.
Einig sind sich die Sachverständigen in ihren vorab veröffentlichten Stellungnahmen aber in einem: Das Urteil wird weitreichende Konsequenzen haben – wahrscheinlich nicht nur für den Klimafonds, sondern auch für weitere Sondervermögen.