Tiefe Einschnitte bei Rente und Bürgergeld: Was die FDP-Pläne für Sie bedeuten würden
Die FDP fordert in einem neuen Beschlusspapier eine deutlich härtere Sozialpolitik mit Kürzungen bei der Rente und beim Bürgergeld. Insbesondere für Rentner und Rentnerinnen wäre das folgenreich.
Berlin - Mit einer neuen Beschlussvorlage aus dem Parteipräsidium der FDP haben die Liberalen den Streit um die Sozialpolitik der Ampel-Koalition wieder entfacht. Die Partei befürwortet darin härtere Sanktionen beim Bürgergeld gegen sogenannte Totalverweigerer und ein Ende der umgangssprachlich genannten Rente mit 63. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel nannte SPD-Generalsekretär die Vorhaben „Beschimpfung von Arbeitnehmern“.
Bürgergeld und Rente mit 63: Das sind die FDP-Vorschläge
„Wer seinen Mitwirkungspflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsweise zumutbare Arbeit ohne gewichtigen Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent rechnen müssen“, heißt es in dem Papier, über das zuerst die Bild am Sonntag berichtet hatte. Als zumutbare Arbeit nennt das Papier explizit auch „sogenannte Ein-Euro-Jobs“.
Der Spielraum für verschärfte Sanktionen müsse ausgenutzt werden, „bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen“, fordert das FDP-Präsidium weiter. Das Leistungsniveau solle zudem zunächst nicht weiter steigen und die Politik für mindestens drei Jahre keine neuen Sozialleistungen beschließen.
Den möglichen Renteneintritt mit 63 Jahren lehnt die FDP unter Verweis auf den Fachkräftemangel ab. Den frühzeitigen Ruhestand könne sich Deutschland nicht leisten. Stattdessen sprechen sich die Liberalen dafür aus, das Anstellen von Menschen im Rentenalter attraktiver zu machen, indem der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze gestrichen wird. Außerdem bekräftigt die FDP ihre Forderung nach einer steuerlichen Besserstellung von Überstunden.
Zahl der Totalverweigerer ist sehr gering
Welche Folgen die Vorschläge der FDP hätten, darüber lässt sich natürlich erstmal nur spekulieren, da eine Umsetzung in der Härte, wie sie die Liberalen fordert, aktuell sehr unwahrscheinlich ist. Was die Kürzungen bei Bürgergeld-Empfängern betrifft, ist allerdings anhand statistischer Daten relativ deutlich erkennbar, da es nur sehr wenige Menschen beträfe. Neue Zahlen der Agentur für Arbeit, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichte, zeigen, dass nur gerade mal 0,4 Prozent aller Bürgergeldempfänger die Leistungen gekürzt werden könnten, weil sie eine Arbeit verweigern. In der Vergangenheit haben andere Zahlen ähnliches festgestellt: Der Anteil derer, die als „Totalverweigerer“ gelten können, liegt bei zwischen 0,8 und zwei Prozent.
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Diese drastischen Leistungskürzungen hätten also faktisch keine Relevanz im Alltag der Bürgergeldempfänger und -empfängerinnen.
Anders sieht das aus bei der Abschaffung der sogenannten „Rente mit 63“. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) waren in den vergangenen Jahren Neu-Rentner und -Rentnerinnen zu rund 30 Prozent solche, die eine Frührente bezogen. Die Rente für besonders langjährig Versicherte kann von Personen in Anspruch genommen werden, die 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben. Wer so lange eingezahlt hat, darf vor der Regelaltersgrenze eine abschlagsfreie Rente beziehen. 2023 waren das also ungefähr 256.500 Menschen.
Bei einer Abschaffung der Rente mit 63 sind verschiedene Szenarien denkbar. Ein Teil der 250.000 Menschen, die eigentlich diese Frührente in Anspruch nehmen würden, wird sicherlich bis zur Regelaltersgrenze weiterarbeiten. Ein anderer Teil wird mutmaßlich aber stattdessen Abschläge in Kauf nehmen und sich einfach mit weniger Rente zufriedengeben. Es ist also offen, ob der Vorstoß der FDP wirklich dazu führen würde, dass mehr Menschen in Arbeit gehalten würden. Möglich ist nämlich auch, dass stattdessen mehr Menschen durch niedrigere Renten im Laufe ihres Lebensabends in die Altersarmut rutschen. Am wahrscheinlichsten wäre hier eine Mischung aus beiden Szenarien.
Mit Material von AFP