Mit der Einigung im Haushaltsstreit fallen Subventionen für Landwirte weg. Empörung macht sich breit. Auch der Bundesagrarminister fühlt sich übergangen.
München – Vielerorts ist die Erleichterung groß, dass sich die Ampel-Koalition trotz der Milliardenlücken endlich auf einen Haushalt für 2024 einigen konnte. Während die Koalitionäre sich darüber freuen, dass im kommenden Jahr weder die Steuern erhöht werden noch am Sozialen gespart werden muss, laufen die Bauern Sturm gegen den gefundenen Kompromiss.
Denn neben den Streichungen beim Klima- und Transformationsfond, der Umweltprämie für Elektroautos sowie Kürzungen bei den staatlichen Zuschüssen für die Solarindustrie, soll auch die Steuervergünstigung für Agrardiesel bald der Vergangenheit angehören. Doch was für die einen ein Wegfall klimaschädlicher Subventionen ist, bedeutet für die anderen den Wegfall eines Teils der Lebensgrundlage.
13.000 Euro jährlich „einfach weg“ - Ampel-Beschlüsse zu Haushalt und KFZ-Steuer erzürnen die Landwirte
Simon Sedlmair, ein Milchbauer aus der Nähe Dachaus, zeigte sich gegenüber dem Bayrischen Rundfunk empört. Nach seiner Berechnung werde ihm zukünftig eine Summe von 13.000 Euro jährlich fehlen. Diese sei dann „einfach weg“, ohne Aussicht auf Ersatz. Er als Milchbauer sei auf die Subvention besonders angewiesen, schließlich müsse er seine Wiesen mehrfach mähen und das Futter im Anschluss weiterverarbeiten. Da seine Zugmaschinen mehr als 30 Liter auf 100 Kilometer bräuchten, käme er auf eine stolze Summe von 60.000 Liter Diesel im Jahr, so Sedlmair weiter.
Bei solchen Verbrauchswerten wundert es nicht, dass die geplanten Streichungen die Bauern besorgen. Pro Liter Kraftstoff werden nach Streichung der Diesel-Beihilfe 21,48 Cent mehr für die Bauern anfallen. Hinzu kommt der Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung für Traktoren. Allein diese beiden Posten entlasten die Bauern derzeit um gut 900 Millionen Euro pro Jahr, wie das Bayrische Landwirtschaftliche Wochenblatt schreibt.
Auch die CO₂-Steuer wird teurer - Vorhaben treibt „einen Keil“ zwischen die Bauern
Zusätzlich wird die CO₂-Steuer für fossile Energieträger teurer werden, was sich direkt im Dieselpreis niederschlägt. Bereits von der Vorgängerregierung aus CDU und SPD war vereinbart worden, den Preis pro Tonne Kohlendioxid auf 45 Euro anzuheben. Diese Erhöhung von den vormals 30 Euro war beschlossen worden, um den Ausstoß des Treibhausgases zu reduzieren. Im Zuge der Energiekrise wurde von der Ampel-Koalition dann eine Entlastung geplant, der Preis sollte nur auf 40 Euro steigen. Mit der Einigung im Haushaltsstreit wurde auch diese Erleichterung gestrichen.
Für Landwirt Sedlmair führen die geplanten Maßnahmen zu einer Wettbewerbsverzerrung, wie er gegenüber dem Bayrischen Rundfunk klarstellte. Zwar sei es durchaus diskutabel, die Dieselsubvention für Bauern zu streichen. Ein solcher Schritt dürfe aber von Deutschland nicht im Alleingang durchgeführt werden. Eine nicht mit den EU-Nachbarländern abgestimmte Aktion treibe, genau wie die deutschen Vorhaben zum Tierwohl „einen Keil“ zwischen die Bauern. „Die Stimmung unter den Bauern wird da ganz schlecht“, so Sedlmair. Diese Ansicht teile der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Günther Felßner. „Mit dem angekündigten Aus für den Agrardiesel liefert die Ampelkoalition die Landwirtschaft in Deutschland ans Messer“, so Felßner.
Demonstrationen und Drohungen nach Berlin – Cem Özdemir sieht Finanzministerium in der Pflicht
Auch andere bayrische Bauern hielten mit ihrer Unzufriedenheit über die Beschlüsse nicht lange hinterm Zaun. Am Donnerstagmorgen kamen mehrere Landwirte aus Unterfranken zu einer Demonstration in Würzburg zusammen, bei der sie mit ihren Traktoren teilweise den Verkehr behinderten. Bayerns Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, Hubert Aiwanger (FW), kritisierte die Kürzungen ebenfalls scharf. Die Kürzungen der Ampel-Regierung würden zu „schlechterer Wettbewerbsfähigkeit heimischer Nahrungsmittelerzeugung, Preissteigerungen und mehr klimaschädlichen Importen“ führen, so Aiwanger auf der Online-Plattform X. Gleichzeitig ermutigte er die Bauern zu weiteren Protesten.
Der Unmut der Landwirte ist auch deshalb verständlich, weil Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) noch Anfang vergangener Woche versichert hatte, dass es keine Kürzungen beim Agrardiesel geben werde. Allerdings wurde die Entscheidung wohl über Özdemirs Kopf hinweg gemacht. „Mir wurden die Ergebnisse der Gespräche am Morgen mitgeteilt“, so der Bundesagrarminister gegenüber der Bild. Die Schuld für das Diesel-Fiasko sieht er daher bei Finanzminister Christian Lindner (FDP). Immerhin liege die Zuständigkeit für Agrardieselbeihilfe und Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge im Bundesfinanzministerium. Daher werde der Bundesfinanzminister „also einen Vorschlag“ machen müssen. (tpn)