Bayerns jüngster Verkauf widerspricht dem gesamten Kaderplan der Bosse
Gerade mal 25 Minuten stand Adam Aznou für die Profis des FC Bayern auf dem Rasen. Das beträgt ungefähr die Fahrzeit von der Münchner Innenstadt nach Grünwald (im Süden) oder Garching (im Norden).
Für den FC Bayern ist diese Zahl ein Armutszeugnis. Denn Aznou galt als eines der größten Talente im Verein. Nun hat der Außenverteidiger München verlassen. Nicht nach Garching oder Grünwald, sondern nach England zum FC Everton.
FC Bayern vergrault Supertalent: Aznou will weg
Der Verkauf sorgt bei den Fans des Rekordmeisters für großen Unmut. Wie kann der Klub so einen vielversprechenden Spieler so früh wieder verkaufen?
Seit Jahren predigen die Vereinsbosse, die Jugendakademie mehr fördern zu wollen. Wieder eigene Talente den Weg in den Profifußball zu ebnen, wie es einst mit Thomas Müller oder David Alaba eindrucksvoll gelang.
Unlängst betonte Aufsichtsratsboss Karl-Heinz Rummenigge nochmal in der „Welt am Sonntag“, man wolle in jeder Saison einen talentierten Spieler fest bei den Profis installieren, man müsse „den Trainer dabei unterstützen“, sagte der 69-Jährige.
Der FC Bayern und sein Campus
Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund kamen beide zum Verein mit dem Auftrag, den schwierigen Grat von der Jugend hin zur besten Mannschaft Deutschlands zu ebnen. Mit überschaubarem Erfolg.
„Wir bedauern, dass es mit Adam keinen weiteren gemeinsamen Weg geben konnte. Wir haben die Zielsetzung, künftig noch mehr auf unsere Talente zu setzen“, sagte Eberl nach dem Abgang von Aznou.
All das liegt auch daran, weil der Trainer, den die Bayern im vergangenen Sommer geholt haben, gar nicht als Jugendflüsterer in Erscheinung tritt. Vincent Kompany setzt wenig auf eigene Talente, das wurde bei der Klub-WM in den USA zuletzt nochmal deutlich.
Im Vorfeld verkündete der Klub noch stolz, sieben Nachwuchstalente aus den eigenen Reihen mit über den großen Teich zu nehmen. Wirklich viel Spielzeit sah dann aber niemand. Maurice Krattenmacher reiste sogar vorzeitig ab, um zur Hertha nach Berlin zu wechseln.
Adam Aznou: Drei Länderspiele für Marokko
Auch Aznou hatte sich mehr versprochen, nun war er laut mehreren Insidern unzufrieden mit seiner Rolle und der unsicheren Perspektive unter Kompany.

Dabei wird dem 19-Jährigen von vielen Scouts eine große Karriere vorhergesagt. Für die Nationalmannschaft Marokkos hat er schon an der Seite von Superstar Achraf Hakimi drei Länderspiele absolviert.
Der 1,78 Meter große Linksfuß hat die perfekte Schnelligkeit, Athletik und Technik für die Außenbahn. Er kam im Sommer 2022 von der berüchtigten Jugendakademie „La Masia“ des FC Barcelona nach München.
25 Minuten Einsatzzeit: Ist das die Jugendförderung des FC Bayern?
In der Hinrunde der abgelaufenen Saison feierte der 19-Jährige sein Debüt bei den Profis. Zehn Minuten gegen Union Berlin (3:0) Anfang November folgten fünf Minuten gegen Holstein Kiel (4:3) im Februar und ein zweiminütiger Kurzauftritt in der Champions League gegen Shakthar Donezk (5:1).
Es folgte eine Leihe zu Real Valladolid, wo er sich im Abstiegskampf der spanischen Liga als Stammspieler etablierte. Zwar stieg der Klub sang- und klanglos als Letzter ab, dennoch sammelte der Außenverteidiger wertvolle Erfahrung. Mit der flog er dann in die USA, wo er sich in Abwesenheit des verletzten Alphonso Davies als ernsthafte Alternative für die Linksverteidigerposition zeigen sollte.
Ganze acht Minuten stand Aznou bei der Klub-WM auf dem Platz – und das im ersten Gruppenspiel gegen die Halbamateure aus Neuseeland (10:0 gegen Auckland City). Acht Minuten, das war’s. 25 Minuten in Summe, das war’s.
Aznou wird zum Sinnbild des Münchner Dilemmas
Dabei steht an der Säbener Straße eine wichtige Phase des großen Kaderumbruchs an. Die Gehaltsstruktur soll reduziert werden, die vielen Abgänge können aber aufgrund des selbst auferlegten Sparkurses nicht durch eine Vielzahl an neuen Transfers kompensiert werden. Gerade in diesem Kontext ist die Integration von eigenen Talenten doch essenziell.
Dazu spielt Aznou auf einer Position, auf der es im internationalen Fußball an Weltklassespielern mangelt. Nahezu jeder Topklub ist auf der Suche nach talentierten Außenverteidigern – so auch der FC Bayern selbst. Seit Jahren herrscht hier auf beiden Seiten Handlungsbedarf.
Adam Aznou symbolisiert alles, was der FC Bayern derzeit benötigt, er ist aber auch zeitgleich das Sinnbild des Münchner Dilemmas. Sparkurs, Jugendakademie und die zeitgleich hohen sportlichen Ansprüche passen beim FC Bayern nicht zusammen.