Demenz-Risiko – weshalb das Schlafverhalten laut Studie entscheidend ist
Der Chronotyp beeinflusst unsere Gesundheit. Besonders Abendmenschen sollten auf ihren Lebensstil achten, um Risiken zu minimieren.
München – Es gibt Nachteulen, die erst abends so richtig auf Touren kommen, und Lerchen, die frühmorgens hellwach sind. Das kann Einfluss auf die kognitive Gesundheit haben, wie eine neue Studie zeigt. Es gibt aber gute Nachrichten: Sie können selbst viel tun, um Risiken zu verringern.
Sind Sie ein Frühaufsteher? Das kann Vorteile haben, wie die Studie von Wissenschaftlern des niederländischen Universitätsklinikums Groningen (UMCG) zeigt. Demnach haben sie ein geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken. Sie untersuchten Daten aus einer Kohortenstudie mit Teilnehmern ab 40 Jahren. Ein Maßstab war der Chronotyp, der die innere Uhr beschreibt und das Schlaf-Wach-Verhalten eines Menschen bestimmt. Dieser Wert wurde um Schlafdefizite an Werktagen korrigiert. Zudem wurde der Zusammenhang zwischen Chronotyp und kognitivem Abbau untersucht, wobei Alter, Bildungsstand und Geschlecht ebenfalls einbezogen wurden.
Die Gehirnleistung nimmt ab 40 ab
Die Menschen werden immer älter, entsprechend erhöhen sich auch die Zahlen von Menschen mit Demenz. Die Wissenschaftler haben im Rahmen einer groß angelegten Studie nach Möglichkeiten gesucht, um Demenz vorzubeugen. Denn: Die Gehirnleistung nimmt ab dem 40. Lebensjahr ab. Die Forscher wollten feststellen, welcher Lebensstil beziehungsweise welche Faktoren geeignet sind, um das Risiko für Demenz zu senken. Und sie wurden fündig.

Die Auswirkungen von Abendarbeit
Die Forscher um die Demenzexpertin Ana Wenzler erkannten, dass Menschen, die abends arbeiten, einen schnelleren kognitiven Abbau erlebten als diejenigen, die morgens tätig sind. Dies sei auf ungesunde Lebensgewohnheiten wie schlechte Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum zurückzuführen, die abends häufiger vorkommen. Abendmenschen neigen dazu, häufiger zu rauchen und zu trinken und bewegen sich weniger.
Schlechte Schlafqualität und Rauchen erhöhen das Risiko
Weitere Ergebnisse der besagten Studie: Besonders stark wirken sich schlechte Schlafqualität und Rauchen aus. Der Wissenschaftlerin zufolge lassen sich 25 Prozent des Risikos für kognitiven Abbau auf diese beiden Faktoren zurückführen. Menschen mit einem späteren Chronotyp haben oft eine schlechtere Schlafqualität, kürzere Schlafdauer und mehr nächtliche Störungen. Untersuchungen zeigen, dass eine kurze Schlafdauer mit einem Verlust von Hirnvolumen und Störungen des REM-Schlafs verbunden ist, was die Non-REM-Schlafphase beeinträchtigen kann. In dieser Phase scheidet das Gehirn Stoffwechselprodukte wie Amyloid-Beta aus, dessen Ansammlung als Risikofaktor für Demenz gilt.
Höher gebildete Menschen sind laut der Studie stärker gefährdet
Die Studie zeigte auch, dass der kognitive Abbau vor allem Menschen mit hohem Bildungsniveau und spätem Chronotyp betraf. Die Forscher vermuten, dass dies mit ihrem Schlafrhythmus zusammenhängt, da sie oft früh arbeiten müssen und daher zu wenig Schlaf bekommen, was dem Gehirn nicht genügend Erholung bietet. Die Wissenschaftler untersuchen nun, ob Menschen, die abends arbeiten, häufiger an Demenz erkranken. Sie betonen jedoch, dass ein schnellerer kognitiver Abbau im mittleren Alter nicht zwangsläufig ein höheres Demenzrisiko bedeutet.
Die Chronotypen
Es gibt verschiedene Chronotypen, darunter Nachteulen und Lerchen, sowie Zwischenformen wie Mittagsschläfer und Nachmittags-Typen. Die biologische Uhr verändert sich im Laufe des Lebens. Kinder sind meist Frühaufsteher, während Jugendliche in der Pubertät zu Nachteulen werden. Ab etwa 20 Jahren verschiebt sich dies erneut, und die meisten Menschen werden bis zum 40. Lebensjahr wieder zu Morgenmenschen.
Der Lebensstil spielt eine Rolle
Auch wenn jemand, der abends aktiv ist, nicht unbedingt zum Frühaufsteher wird, fanden die Wissenschaftler heraus, dass jeder den kognitiven Abbau durch eine Änderung der Lebensweise beeinflussen kann. Der Münchner Chronotyp-Fragebogen zeigt, dass es optimal ist, zwischen 23 und 1 Uhr ins Bett zu gehen und zwischen 7 und 9 Uhr aufzustehen. Ideal ist es, wenn Chronotyp und Arbeitszeit übereinstimmen.
Schlafforscher sind für flexiblere Arbeitszeiten
Schlafforscher empfehlen flexiblere Arbeitszeiten, damit Menschen dann arbeiten können, wenn sie am leistungsfähigsten sind. Es ist hilfreich, mit dem Arbeitgeber zu sprechen – vielleicht gibt es Möglichkeiten, die Arbeitszeiten anzupassen. Nachteulen können zum Beispiel eher Spätdienste übernehmen und Lerchen haben dafür früher Feierabend.