TV-Talk zu Krisen in Israel und Ukraine - Militärexperte knallhart bei Illner: „Der Westen ist auf einem absteigenden Ast“

Sowohl militärisch als auch politisch sind die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine eine Herausforderung für den Westen und seine Vormacht USA. Dennoch werden Israel und die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung unterstützt - auch wenn man das Wie dabei dauerhaft zur Debatte steht. Bei „Maybrit Illner“ wurde am Donnerstag nach Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Kriegen und möglichen (Friedens)lösungen gesucht - und der kränkelnde Patient Westen genauer unter die Lupe genommen.

Nicole Deitelhoff ist Friedens- und Konfliktforscherin und sieht dabei ein Problem - nämlich, dass Deutschland in beiden Kriegen unterschiedliche Interessen habe. „Wir unterstützen die Ukraine nicht, weil sie für unsere europäischen Werte kämpft, sondern, weil es in unserem nationalen Interesse und unserem Sicherheitsinteresse ist“, sagte sie in der ZDF-Sendung. „Im Nahen Osten gibt es auch ein Sicherheitsinteresse. Aber wir sollten die unterschiedlichen Interessen auch so benennen.“

Aktivistin attestiert dem Westen eine Depression

Die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal fand, dass sowohl Iran als auch Russland eine „Todesabsicht“ verbindet, in der sie sich in beiden Kriegen gegenseitig unterstützen. „Seit ihrer Gründung hat die Islamische Republik die Vernichtung Israels als Staatsräson“, sagte sie. Der Westen habe sie viel zu lange gewähren lassen, so ihre Einschätzung.

Und Tekkal sah ein weiteres Problem: „Wir als Westen wissen nicht mehr genau, wer wir sind und wofür wir kämpfen.“ Der liberale Westen habe ein Identitätsproblem. „Ich würde dem Westen schon eine Depression bescheinigen“, so die Menschenrechtsaktivistin. „Da kommen die ganze Zeit Briefe, die nicht geöffnet werden.“

Militärexperte Masala: „Der Westen ist auf einem absteigenden Ast“

Wie schwach der Westen sei, zeige sich auch im Nahen Osten, so der Militärexperte Carlo Masala. Dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Warnungen von US-Präsident Joe Biden ignoriere, hätte es vor 30 Jahren nicht gegeben. „Das zeigt sehr deutlich, dass der Westen auf einem absteigenden Ast ist“, so Masala.

Nun könnte aber genau dieser schwächelnde Westen in den kommenden Tagen besonders gefordert sein. Hatte doch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj via Telegram die Vorstellung seines „Siegesplans“ für den 12. Oktober angekündigt. Er wolle den Plan bei dem nächsten Treffen der sogenannten Ramstein-Kontaktgruppe vorlegen. Ein Treffen, bei dem die West-Vormacht USA in Person von US-Präsident Joe Biden wegen des Hurrikans Milton nicht dabei sein wird.

Ukraine muss auch bei Waffenstillstand noch Jahrzehnte unterstützt werden

Europa muss mehr Verantwortung übernehmen. Da kommen insbesondere auf Deutschland und Frankreich große Rollen zu“, sagte der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil. Das beinhalte auch, dass weiterhin Waffen an die Ukraine geliefert werden müssten, damit diese die Möglichkeit habe, sich auf eine Verhandlungslösung überhaupt vorzubereiten.

Nicole Deitelhoff betonte, dass auch ein möglicher Waffenstillstand bedeuten würde, dass „Jahrzehnte kommen, in denen wir die Ukraine militärisch, monetär und politisch absichern müssen und das richtig viel Geld kostet“. Einig war man sich in der Runde, dass man der Ukraine diese Sicherheitsgarantien geben müsse. „Wenn Putin nicht in die Schranken gewiesen wird, dann macht er nicht Schluss“, sagte Klingbeil. „Wir haben eine hohe Verantwortung und Verpflichtung.“