Erdogan-Justiz geht erneut gegen Opposition vor – Bürgermeister verhaftet
In der Türkei wächst der Druck auf die Opposition. Nun wird ein weiterer Bürgermeister der CHP in einem Istanbuler Stadtteil abgesetzt und verhaftet.
Istanbul - In der Türkei ist erneut ein Lokalpolitiker der größten Oppositionspartei CHP nach verhaftet und abgesetzt worden. Dem Bürgermeister des konservativen Stadtteils Beykoz in Istanbul, Alaattin Köseler, werde Einflussnahme auf Ausschreibungen vorgeworfen, schrieb das türkische Innenministerium auf der Plattform X. CHP-Parteichef Özgür Özel sprach auf X von einem politisch motivierten Vorgehen. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle die „Justiz ermorden“.
CHP-Sprecher Deniz Yücel greift die Regierung ebenfalls an. „Die AKP, die mit ihren Morgengrauen-Operationen den Anschein von Korruption und Unregelmäßigkeiten erwecken will, ist selbst korrupt und unregelmäßig. Der Versuch, alle Gegner einzuschüchtern, ist das Werk derjenigen, die illegal ringen und wissen, dass sie an der Wahlurne verlieren werden.“
Erdogan geht gegen Opposition vor – Dritter CHP-Bezirksbürgermeister in Istanbul verhaftet
Auch der Parteikollege des Verhafteten und Istanbuler Bürgermeister, Ekrem Imamoglu, zeigt sich empört. „Wir akzeptieren niemals die unrechtmäßige Behandlung unseres Bürgermeisters von Beykoz, Alaattin Köseler. Egal, was sie tun, böse Gedanken und böse Absichten verlieren immer“, so der CHP-Politiker. „Zum ersten Mal in der Geschichte wurden drei Bezirksbürgermeister der CHP in Istanbul verhaftet. Diejenigen, die bei den Wahlen gegen das Volk verloren haben, putschen den Willen des Volkes mit anderen Kräften“.

Die türkischen Behörden sind in den vergangenen Wochen immer wieder gegen Oppositionspolitiker vorgegangen. Politiker der CHP und Vertreter der prokurdischen Partei Dem wurden abgesetzt und teilweise durch regierungsnahe Zwangsverwalter ersetzt.
Erdogan-Justiz lässt gegen Istanbuler Bürgermeister ermitteln
Auch gegen den populären Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu wird juristisch vorgegangen. Imamoglu gilt als aussichtsreicher Herausforderer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einer künftigen Wahl. Gegen Imamoglu laufen mehrere Verfahren. Ihm drohen Politikverbote und Haftstrafen. Bei den Kommunalwahlen im März 2024 hatte Imamoglu die Strategie der CHP festgelegt und damit Erdogan und seiner AKP herbe Verluste verpasst. In vielen Städten und Gemeinden musste die Regierungspartei ihre Macht abgeben.
Türkei entwickelt sich seit 2013 in Richtung Autokratie
Schaut man sich die Türkei und die Entwicklungen nach den Gezi-Protesten sowie dem Jahrhundertkorruptionsskandal 2013 an, sieht man, dass die Türkei sich stetig in Richtung Autokratie entwickelt hat. Von einer unabhängigen Justiz und dem freien Wort kann lange nicht mehr gesprochen werden. Die Türkei kommt im Rechtsstaatlichkeitsindex von World Justice Project auf Platz 117 unter 142 Staaten. Ähnlich sieht es auch im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RoG) aus: Türkei liegt dort auf Platz 158 unter 180 Staaten.
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„Die einst pluralistische Medienlandschaft steht inzwischen fast vollständig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute. Im Internet werden Tausende journalistische Beiträge blockiert. Die Wahlen 2023 – zu Gunsten von Recep Tayyip Erdogan – waren von der Verhaftung Dutzender kurdischer Journalisten geprägt“, schreibt RoG auf ihrer Internetseite. (erpe/dpa)
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