Nahost-Konflikt im Ticker - Hamas lehnt Teile des Deals ab - Waffenruhe droht in letzter Minute zu platzen
Platzt Deal zwischen Israel und der Hamas doch noch?
09.32 Uhr: Trotz der Feiern auf beiden Seiten laufen die Verhandlungen über den Waffenstillstand und die Geiselbefreiung weiterhin. Laut der „Jerusalem Post“ stehen einige Vereinbarungen, insbesondere über die Identität freigelassener Terroristen, noch unter Vorbehalt. Die Hamas fordert, die Identität der freigelassenen palästinensischen Gefangenen zu bestimmen, während Israel ein Vetorecht über die Freilassung von Massenmördern beansprucht. „Entgegen einer ausdrücklichen Klausel, die Israel ein Vetorecht über die Freilassung von Massenmördern einräumt, fordert die Hamas, die Identität dieser Terroristen zu bestimmen“, heißt es dazu in einer Erklärung der israelischen Regierung.
Israel legt großen Wert darauf, dass so gut wie keine Gefangenen entlassen werden, die am Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt waren. Laut US-Quellen umfassen die bisher verhandelten Gefangenen jedoch 275 Palästinenser, die wegen Mordes an Israelis verurteilt wurden und noch lebenslange Haftstrafen verbüßen.
Premierminister Netanjahu wies das Verhandlungsteam demnach an, „die letzten Erpressungsversuche“ der Hamas zurückzuweisen. Ein weiterer kritischer Punkt ist der Rückzug der israelischen Truppen und die Kontrolle über den Gazastreifen. Ägyptische Sicherheitskräfte sollen überwachen, dass keine schweren Waffen transportiert werden.
„Heute müssen wir feiern“- Israel jubelt, USA feiern eigene Macht und Trump
Donnerstag, 16. Januar, 07.04 Uhr: Nach mehr als 15 Monaten Krieg im Gazastreifen haben sich Israel und die islamistische Hamas nach Angaben des Vermittlers Katar auf eine Waffenruhe und den Austausch von Geiseln und palästinensischen Häftlingen geeinigt. Dazu schreiben internationale Medien:
„The Jerusalem Post“ (Israel):
„Dies ist nicht der Zeitpunkt, sich mit der kleinlichen Politik der Situation zu befassen. Dies ist nicht der Zeitpunkt, um über die Freilassung von Hamas-Terroristen zu jammern - das kann zu gegebener Zeit geschehen. Heute müssen wir feiern, sowohl als Nation als auch für unsere Nation. Als Nation, weil wir ein Volk sind, dem das Leben wichtiger ist als der Tod und weil wir unsere Geiseln bald lebend zu Hause wiedersehen werden. Für unsere Nation, weil diese Menschen, die 468 Tage lang im Gazastreifen festgehalten wurden, unsere Nation sind. (...) Lasst uns das Kämpfen für morgen aufheben. Darin sind wir ohnehin so gut.“
„Wall Street Journal“ (USA):
„Wenn ein Präsident beschließt, sie zu nutzen, ist die Macht der USA etwas, das sich sehen lassen kann. Das ist eine Lehre aus dem Geiselabkommen zwischen Israel und der Hamas, das am Mittwoch, nur wenige Tage vor Donald Trumps Amtseinführung, erzielt wurde. Es erinnert an die Befreiung der US-Geiseln aus dem Iran in den ersten Minuten der Reagan-Präsidentschaft. (...) Indem er drohte, es werde „die Hölle losbrechen“, wenn die Geiseln nicht bis zum 20. Januar freigelassen würden, änderten Trump - und die amerikanische Macht - die Anreize für die Parteien.“
„The Guardian“ (Großbritannien):
„Selten hat sich Hoffnung so zerbrechlich und unzureichend angefühlt. Ein Moment, für den lange gehofft und gebetet wurde, wird dennoch von den Palästinensern im Ödland des Gazastreifens und den traumatisierten Familien der israelischen Geiseln mit Furcht und Besorgnis, aber auch mit Freude aufgenommen. (...) Jedes zaghafte Gefühl der Erleichterung wird durch das vergangene Leid und die Ängste vor der Zukunft überschattet. Und doch ist eine Einigung in dieser verzweifelten Lage ein Schritt nach vorn, den es zu begrüßen gilt und auf dem man aufbauen kann.“
„El País“ (Spanien):
„Eine vollständige und gewissenhafte Umsetzung der Waffenruhe in all ihren Phasen, bis sie zu einem unbefristeten Waffenstillstand wird, ist unabdingbar. Wenn daraus später ein gerechtes und endgültiges Friedensabkommen werden soll, wird es schwierig sein, auf die Zwei-Staaten-Formel zu verzichten, die am besten geeignet ist, sowohl die Sicherheit Israels als auch die Rechte der Palästinenser zu gewährleisten. Die momentane Erleichterung über die Waffenruhe vom Mittwoch wird für immer von 15 Monaten grausamen Krieges überschattet sein, der bislang 400 tote israelische Soldaten und 46.700 Tote im Gazastreifen hinterlassen hat.“
„Der Standard“ (Österreich)
„Gerade weil die Erleichterung über den lange erwarteten Deal so groß ist, muss man fragen: warum erst jetzt? Nahezu derselbe Entwurf für ein Übereinkommen wurde schon im vergangenen Mai vorgelegt. Eine Einigung scheiterte damals, wie dann auch im Juli, an ein paar Details. Wie viele Kinder haben seither ihre Eltern, wie viele Eltern ihre Kinder verloren – auf beiden Seiten? Wie viele Geiseln hätten gerettet werden können, wie viele Familien in Gaza wären nicht ausgelöscht worden, wie viele junge Soldaten hätten nicht begraben werden müssen? (...)
Jetzt heißt es: Durchhalten. Einen Deal zu unterzeichnen – und selbst das steht noch bevor – ist das eine. Ihn am Leben zu erhalten, auch über die ersten zwei Wochen hinaus, ist die wahre Herausforderung.“
Biden: Gaza-Deal wurde unter meiner Regierung ausgehandelt
23.11 Uhr: Der scheidende US-Präsident Joe Biden führt die Einigung Israels mit der islamistischen Hamas auf eine Waffenruhe maßgeblich auf seinen Einsatz und den seiner Regierung zurück. „Ich möchte anmerken, dass dieses Abkommen unter meiner Regierung ausgearbeitet und ausgehandelt wurde“, sagte Biden in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus.
Die Bedingungen des Deals würden aber größtenteils von der kommenden Regierung unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump umgesetzt, fügte er hinzu. „In den vergangenen Tagen haben wir als ein Team gesprochen„, betonte Biden. Daher habe er seine Mitarbeiter angewiesen, sich eng mit Trumps Team abzustimmen. “Denn das ist es, was amerikanische Präsidenten tun.“
Auf die Frage einer Journalistin, ob die Geschichtsbücher die Waffenruhe Trump oder Biden zuschreiben werden, sagte der scheidende US-Präsident mit einem Lächeln: „Ist das ein Witz?“ Der 82-Jährige betonte, die Verhandlungen seien die „härtesten Verhandlungen“, die er je erlebt habe. „Der Weg zu diesem Abkommen war nicht einfach. Ich bin seit Jahrzehnten in der Außenpolitik tätig.“ Er sei nun „zutiefst zufrieden“, dass eine Einigung erreicht wurde.
Waffenstillstand und Geisel-Freilassung: Hamas stimmt Gaza-Deal mit Israel zu
17.36 Uhr: Die Hamas im Gazastreifen hat nach Angaben aus Kreisen der Islamistenorganisation schriftlich einem Abkommen zugestimmt, dass eine Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge vorsieht. Die Zustimmung wurde demnach bei den Vermittlern in Katar hinterlegt. Dies sei geschehen, nachdem Israel, wie von der Hamas verlangt, Pläne für den Abzug seiner Truppen vorgelegt habe, hieß es aus Kreisen der Terrororganisation in Katar. Alle palästinensischen Fraktionen haben den Kreisen zufolge den Vorschlag akzeptiert.
Auch Israels Unterhändler haben dem Plan bereits zugestimmt. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Nachmittag aber zunächst noch mitgeteilt, dass die Hamas bislang keine Antwort gegeben habe.
Bereits seit Monaten liefen Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars, durch indirekte Verhandlungen Israel zu einer Waffenruhe und die Hamas zur Freilassung israelischer Geiseln zu bewegen. Die Gespräche traten aber monatelang auf der Stelle.
Israelische Armee: Aus Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen
Dienstag, 14. Januar, 23.17 Uhr: Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen. Die Rakete sei vom Jemen aus auf israelisches Territorium abgefeuert worden, erklärte die Armee am Dienstag. Trümmerteile der Rakete seien in ein „ziviles Haus“ in dem Ort Mevo Beitar nahe Jerusalem gefallen. Weitere Teile seien in der nahe gelegenen Stadt Tzur Hadassah gefunden worden. Die pro-iranische Huthi-Miliz im Jemen bekannte sich dazu, die Rakete abgefeuert zu haben.
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