Neuer Restaurant-Trend setzt sich durch – auch wegen bitterer Kunden-Marotte

  1. Startseite
  2. Verbraucher

Kommentare

„No Booking“, „No Reservations“ und „Walk-in“: Viele Restaurants setzen auf Laufkundschaft, um nicht eingehaltene Buchungen zu umgehen.

Berlin – Die Gastronomie hat sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder verändert. Früher bekam man auch ohne Reservierung spontan einen Tisch – heute sieht das oft anders aus. Der Restaurantbesuch ist teurer und vor allem in Großstätten muss man sich manchmal Wochen vorher um einen Platz kümmern. Dieser Entwicklung stellen sich nun einige Gastronomen entgegen. Der Trend geht wieder dahin, auf spontane Besuche zu setzen.

„Ohne lange Vorausplanung“: Gastronomen setzen wieder auf Laufkundschaft

Gastronom Sören Zuppke erklärt seine Motivation für Restaurants für Laufkundschaft gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa): „Uns war wichtig, einen Ort zu schaffen, der ohne Verpflichtungen auskommt.“ In Berlin betreibt er die angesagten Lokale „Trio“, „Otto“ sowie das neue „Pluto“ in Prenzlauer Berg. Letzteres versteht sich als Nachbarschafts-Weinbar für Freunde und Familie – „ganz ohne Menüzwang oder lange Vorausplanung“.

Warum es dort keine Reservierungen oder Zeitslots gibt? „Wir fühlen uns selbst sehr hingezogen zu offenen Orten, wo man einfach reinschneit – sei’s für ein schnelles Glas und einen Teller Schinken oder für einen langen Abend mit mehreren Flaschen Wein“, sagt Zuppke. „Jeder ist willkommen, ganz ohne Plan. Reservierungen würden dem Ganzen nur die Leichtigkeit nehmen.“

„Reserviert“-Schild auf einem Restauranttisch
Viele Restaurants schaffen die Möglichkeit zu reservieren ab. © IMAGO / Depositphotos

„Walk-in-Trend“: Immer mehr Restaurants bieten Tische für Laufkundschaft an

Die Gastronomie in Großstädten funktioniert heute ganz anders als vor der Smartphone-Ära. Dabei können selbst altmodisch anmutende Lokale im Tiktok-Zeitalter zu Trends werden – etwa die Wiener Kaffeehäuser. Früher spazierte man einfach hinein, wenn man, wie Alfred Polgar es formulierte, „zum Alleinsein Gesellschaft“ suchte.

Heute ist das anders: Vor traditionellen Häusern wie „Demel“ oder „Prückel“ bilden sich mitunter Schlangen. Das „Café Central“ in der Herrengasse wirbt immerhin damit, „dass nicht alle Tische ausreserviert werden“. Die Einladung: einfach vorbeikommen. „Es werden laufend Tische frei.“

Auch in Paris (und Ablegern in New York, London, Genf oder Zürich) ziehen Lokale mit nostalgischem Konzept das Publikum an: „Relais de Venise“ und „Relais de l’Entrecôte“ setzen auf „No Booking“, traditionelle Uniformen der Kellnerinnen und ein einziges Menü: Roastbeef mit Buttersauce und dünnen Pommes.

Frust über Reservierkultur: Gastronomen schützen sich mit Trend vor No-shows

Ein weiterer Grund für den Trend dürfte der Frust über die Reservierkultur sein, die zunehmend von sogenannten No-shows – also dem Nichterscheinen trotz Reservierung – oder „Reservation Ghosting“, bei dem Gäste plötzlich nicht mehr erreichbar sind, ausgenutzt wird.

Denn trotz dieser Beispiele bleibt der „No Booking“-Trend laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) im deutschsprachigen Raum ein Randphänomen. Jurist und Dehoga-Experte Jürgen Benad sagt gegenüber der dpa: „Es gibt einige Restaurants, die inzwischen ganz bewusst auf Reservierungen verzichten, um sich vor den wirtschaftlichen Folgen von No-shows zu schützen.“ Doch funktioniere das nur an bestimmten Standorten – „etwa in stark frequentierten Lagen mit viel Laufkundschaft“. Eine flächendeckende Lösung sei es nicht.

„Organisatorischer Aufwand“: Kurzfristige Absagen haben zugenommen

Benad berichtet, dass laut Rückmeldungen aus der Branche No-shows und kurzfristige Absagen zugenommen haben. Ein Problem, denn: „Häufig fehlt Gästen das Bewusstsein dafür, wie viel organisatorischer Aufwand hinter der Tischplanung eines Restaurants steckt.“ Besonders bitter sei das für kleine Betriebe oder Fine-Dining-Restaurants, bei denen kurzfristig kaum Ersatz gefunden werden könne – mit entsprechendem wirtschaftlichem Schaden.

Gegenmaßnahmen – etwa Stornogebühren oder Rechnungen für Nichterscheinen – führen allerdings schnell zu negativen Onlinebewertungen. Benad mahnt zur Zurückhaltung: „Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt – besonders gegenüber Stammgästen, die kein Gastronom verlieren möchte.“ Denn: Auch gesundheitliche Notfälle könnten der Grund für das Fernbleiben sein. (dpa/hk)

Auch interessant

Kommentare