Frankreich setzt auf Atomstrom – Mini-Reaktoren sollen vor Ort Energie liefern
Deutschland ist aus der Kernenergie ausgestiegen. Frankreich geht den umgekehrten Weg. Neue Kernkraftwerke und Reaktortypen sollen Energiesicherheit bringen.
Paris/Dubai - Eine Gruppe von rund 20 Staaten hat auf der UN-Klimakonferenz in Dubai zum Ausbau der Kernenergie aufgerufen. An der am Samstag (2. Dezember) veröffentlichten gemeinsamen Erklärung waren unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien und das Gastgeberland, die Vereinigten Arabischen Emirate, beteiligt. Ziel sei es, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, hieß es. Die Staatengruppe forderte, die weltweit installierte Leistung von Atomkraftwerken bis 2050 zu verdreifachen – verglichen mit dem Stand von 2020.
Frankreich setzt auf Kernenergie: Neue Kernkraftwerke sollen gebaut und gefördert werden
Diese Erklärung ist ganz im Sinne Frankreichs, dessen Präsident Emmanuel Macron auf Atomkraft setzt. Im Rahmen des Ende 2021 verkündeten Zukunftsprogramms „France 2030“ sollen staatliche Gelder fließen, um die Entwicklung sogenannter Mini-Reaktoren (SMR Small Modular Reactor) zu fördern. Im Februar 2022 gab Macron bekannt, dass 14 neue Kernkraftwerken gebaut werden sollen.

Ein Unternehmen aus dem Bereich der Mini-Reaktoren, das von den Fördergeldern profitiert, ist Naarea. Das Start-up entwickelt einen Reaktor, der mithilfe schneller Neutronen Energie aus Atommüll gewinnen soll. Die Anlage soll eine Leistung von 40 Megawatt haben und in der Nähe energieintensiver Betriebe aufgestellt werden. Zum Vergleich: Herkömmliche Kernreaktoren haben in der Regel eine elektrische Leistung von 900 bis 1400 Megawatt.
Frankreich setzt auf Atomstrom: Mini-Reaktor soll Energie für Akkufabrik liefern
Auf der Atommesse World Nuclear Exhibition in Villepinte, die am Donnerstag (30. November) zu Ende ging, konnte Naarea einen Erfolg verbuchen. Das Start-up präsentierte den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Batteriehersteller Automotive Cells Company (ACC), an dem die Autokonzerne Stellantis und Mercedes sowie der Batteriehersteller Saft, eine Tochter des Energiekonzerns Totalenergies, beteiligt sind.
Wie es in der Mitteilung heißt, will ACC prüfen, inwieweit sich mit der Naarea-Technologie die Ziele der CO2-Neutralität erreichen und der Energiebedarf seiner künftigen Gigafabriken decken lassen. Der Prototyp des Naarea-Flüssigsalzreaktors soll zwischen 2027 und 2028 fertiggestellt werden. Ab 2030 soll die Serienproduktion hunderter kleiner Reaktoren mithilfe von 3D-Druckern beginnen.
Frankreich setzt auf Kernenergie: Ende eines ähnlichen US-Projekts schreckt nicht ab
Naarea lässt sich nicht davon abschrecken, dass kürzlich ein bekanntes Mini-Reaktorprojekt in den USA gestoppt wurde. Das Start-up Nuscale Power Corporation musste wegen stark gestiegener Kosten von geschätzten 5,3 auf 9,3 Milliarden US-Dollar und Finanzierungsproblemen aufgeben. Nicht die Technologie, sondern das Geschäftsmodell sei bei Nuscale gescheitert, sagte Naarea-Gründer Jean-Luc Alexandre der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Das Unternehmen habe als reiner Entwickler die Auswirkungen der Inflation auf seine Dienstleister mit voller Wucht zu spüren bekommen, sodass die Energiekosten für künftige Kunden nicht mehr rentabel gewesen seien.
Deutschland war im April aus der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung ausgestiegen. Ihr Anteil an der weltweiten Stromerzeugung liegt derzeit bei knapp zehn Prozent. Der Spitzenwert lag 1996 bei 17,5 Prozent.