Forscher machen überraschenden Fund im Erdinneren – „Viel weiter verbreitet, als angenommen“

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Die Erde ist in verschiedenen Schichten aufgebaut. Von außen nach innen: Erdkruste, (oberer und unterer) Erdmantel, äußerer Erdkern und innerer Erdkern. (Symbolbild) © IMAGO/Zoonar.com/Cigdem Simsek

Im Inneren der Erde verbergen sich viele Geheimnisse, denen die Forschung nur langsam auf die Schliche kommt. Einem Team ist nun ein unerwarteter Fund gelungen.

Zürich – Es gibt einen Bereich der Erde, den die Wissenschaft nicht direkt erforschen kann: das Erdinnere. Denn niemand kann tief in die Erde blicken oder tief genug bohren, um Proben direkt aus dem Erdmantel zu entnehmen. Doch indirekte Methoden machen es möglich, trotzdem einiges über das Innere unseres Planeten herauszufinden. Mithilfe einer solchen indirekten Methode hat ein Forschungsteam aus der Schweiz und den USA nun eine überraschende Entdeckung im Erdinneren gemacht: Offenbar gibt es unter dem Pazifik versunkene Welten.

Um das Erdinnere erforschen zu können, nutzen Forscherinnen und Forscher unter anderem seismische Wellen, die sich bei Erdbeben ausbreiten. Ihre Geschwindigkeit und Richtung verraten der Forschung einiges über die Dichte und Elastizität des Materials, das sie durchlaufen. So ist es der Wissenschaft möglich, die innere Struktur der Erde zu entschlüsseln, ohne sie jemals mit eigenen Augen gesehen zu haben.

Geologie nutzt seismische Wellen, um das Erdinnere zu erforschen

Anhand der seismischen Aufzeichnungen können Forschende beispielsweise bestimmen, wo sich im Erdmantel untergetauchte tektonische Platten befinden. Bisher fanden sie diese stets dort, wo sie erwartet wurden: im Bereich von Subduktionszonen – Regionen, in denen zwei Platten aufeinandertreffen und eine Platte unter die andere ins Erdinnere abtaucht.

Ein Forschungsteam von der ETH Zürich und dem California Institute of Technology hat nun jedoch eine überraschende Entdeckung gemacht: Dank eines neuen Modells fanden die Forschenden im Erdinneren weitere Bereiche, die wie Reste von untergetauchten Platten aussehen. Allerdings befinden sie sich nicht dort, wo sie erwartet wurden – sondern weit entfernt von Plattengrenzen, auch unter großen Ozeanen oder im Inneren von Kontinenten. Dort gibt es jedoch keine geologischen Hinweise auf längst vergangene Subduktion, zeigt Studie, die im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht wurde.

Unter dem westlichen Pazifik finden Forschende eine abgetauchte tektonische Platte

„Offenbar sind solche Zonen im Erdmantel viel weiter verbreitet, als bisher angenommen“, erklärt der Erstautor der Studie, Thomas Schouten von der ETH Zürich in einer Mitteilung. Eine der neu entdeckten Zonen liegt unter dem westlichen Pazifik, wo gar kein Material von abgetauchten Platten existieren sollte. Was das jedoch genau bedeutet, ist noch unklar. „Das ist unser Dilemma“, sagt Schouten. „Mit dem neuen hochaufgelösten Modell sehen wir zwar überall im Erdmantel solche Anomalien. Was sie genau sind und was für Material die von uns aufgedeckten Muster erzeugt, wissen wir nicht.“

ETH-Professor und Co-Autor Andreas Fichtner vergleicht das Szenario mit einer Situation aus der Medizin: „Es ist wie bei einem Arzt, der jahrzehntelang mit Ultraschall den Blutkreislauf untersucht und genau dort Arterien findet, wo er sie vermutet. Gibt man ihm jedoch ein neues, besseres Untersuchungsinstrument, sieht er plötzlich in der Pobacke eine Arterie, die da eigentlich nicht hingehört.“

Worum handelt es sich bei der Anomalie im Erdinneren?

Bisher kann das Forschungsteam nur darüber spekulieren, was es im Inneren der Erde entdeckt hat. Schouten hält es für möglich, dass die Anomalien vielfältige Ursprünge haben – vielleicht aus sehr altem silikatreichem Material oder aus Zonen, in denen sich eisenreiches Gestein über Milliarden von Jahren angereichert hat.

Für den Erdwissenschaftler steht vor allem eins fest: Es braucht mehr Forschung mit noch besseren Modellen, um mehr Details im Erdinneren zu sehen. „Die Wellen, die wir für das Modell nutzen, bilden im Wesentlichen nur eine Eigenschaft ab, nämlich die Geschwindigkeit, mit der sie durch das Erdinnere rasen“, erklärt Schouten. Das werde dem komplexen Erdinneren jedoch nicht gerecht. „Im Wesentlichen müssen wir uns intensiv mit den Materialeigenschaften befassen, die hinter der Wellengeschwindigkeit steckt“, sagt der Forscher. (tab)

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