Sanierungsprojekt Hallenbad wird zur Wundertüte bei den Kosten

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Fundgrube kleiner Katastrophen: In die Jahre gekommene Bestandsgebäude wie das Kaufbeurer Hallenbad sind, was die Sanierungskosten angeht, oft unberechenbar. © Foto: Gattinger

Kaufbeuren – „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, besagt ein altes Sprichwort, das außer Acht lässt, dass dasselbe auch für die Sanierung von Bestandsgebäuden gilt. Handelt es sich dabei auch noch um ein Hallenbad, können die Kosten während der Bauphase derart emporschnellen, dass es so manchem unheimlich wird. Das zeigte sich Mittwoch vergangene Woche beim harten Ringen im Finanz­auschuss. Der Kampf ist jedoch noch nicht vorbei.

„‚Das Geld ist knapp. Machen wir‘s oder machen wir‘s nicht?‘. Das haben wir uns damals gefragt“, erinnerte Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) die versammelten Stadträte. „Dann haben wir uns tief in die Augen geblickt und gesagt: Okay, wir machen es.“

Zuvor hatte der Leiter der Abteilung Hochbau, Christian Mandl, die Stadträte über die aktuelle Situation der Sanierungsarbeiten am Jordan Badepark informiert. Die Sanierung des Dachs sei inzwischen nahezu abgeschlossen, berichtete Mandl, die Baukosten hätten sich jedoch wegen Preissteigerungen, Lieferengpässen, Personalmangel und Vergabeverlusten aufgrund teurerer Angebote und Nachträge empfindlich erhöht. Die zuletzt vom Stadtrat freigegebene Summe von 9,6 Millionen Eurohätte sich um 1,3 Millionen zunächst auf 10,9 Millionen Euro gesteigert. Dann seien Asbestfunde hinzugekommen (wir berichteten): zuerst um den Beckenrand herum und dann noch in den Fensterlaibungen bei den Umkleiden. Das habe nochmals Zusatzkosten von 321.000 Euro und einen Baustopp bei den anderen Maßnahmen verursacht, so dass mit einem Ende der Maßnahmen im Herbst 2024 nicht mehr zu rechnen sei. Ob eine Öffnung des Bades in der ersten Jahreshälfte 2025 möglich sei, hänge vom weiteren Bauverlauf ab. Hinzugekommen seien ferner Einbaukosten einer Siloanlage für die Perlite zum Filtern des Badewassers in Höhe von 191.000 Euro, Ausgaben für die Sanierung von Dachbindern (135.000 Euro) und des Kleinkinderbereichs (20.000 Euro). Zu allem Übel habe man festgestellt, dass sich die Seitenverglasung des Rutschenbaus im Lauf der Zeit unterschiedlich gesetzt habe, weshalb die Dichtheit – insbesondere beim Anschluss an die Dachhaut – nicht mehr gewährleistet sei. Eine ganz ähnliche Situation wurde bei der Verglasung im Ruhebereich festgestellt. Die Kosten für die Behebung dieser Schäden sind laut Mandl noch nicht zu beziffern.

Drohende Haushaltsnotlage

Vor dem Hintergrund dieser Situation wurden im Ausschuss eine Reihe weiterer optionaler Maßnahmen infrage gestellt: ein neuer Gastronomiebereich, den man auch von außen betreten kann (398.000 Euro), ein die Sanierung übersteigender Umbau des Kleinkinderbereichs (98.000 Euro), zusätzliche Flächen für eine Niedertemperatur-Fußbodenheizung (67.000 Euro) sowie die Installation einer PV-Anlage auf dem Hauptdach des Gebäudes (230.000 Euro).

Catrin Riedl, Fraktionssprecherin der SPD konnte sich für jede der optionalen Maßnahmen erwärmen. Die großen Posten, also die klimafreundliche PV, die Gastronomie und die Aufwertung des Kleinkindbereichs seien für ein Familienbad unabdingbar, die kleineren Posten aber fielen nicht ins Gewicht. Auch Julia Bosse (Generation KF) wünschte sich ein Bad mit allen Optionen, besonders wichtig war ihr die klimafreundliche PV-Anlage– „zukunftsweisend, auch wenn‘s weh tut“. Ganz anders sah das OB Bosse, der auf alle Zusatzoptionen verzichten wollte: „Wir sind bereits 2,5 Millionen Euro über Budget, uns drohen 167 Millionen Euro Neuverschuldung mit drei bis vier Prozent Zinsen. Wir stehen kurz vor einer Haushaltsnotlage, die uns dann zwingt, Pflichtprojekte an Kindergärten und Schulen zu streichen.“

Ulrike Seifert (Grüne) sagte, die Haushaltssituation sei ihr neu, sie war bereit, die Gastro zurückzustellen, bestand aber auf der Heizung. Das sei wichtig für den Schwimmunterricht. Man solle woanders sparen.

Da schaltete sich Finanzreferent Markus Pferner ein: Er habe im Oktober über die Haushaltslage informiert. Bei den Bauleistungen der Stadt gebe es eine Kostensteigerung von 8,5 Millionen Euro, allein dieses Jahr verdopple sich die kommunale Schuldenlast. „Wir müssen Prioritäten setzen, sonst droht die Überschuldung.“

Beim anschließenden Empfehlungsbeschluss war niemand mehr für die neue Gastronomie, die Ausgestaltung des Kinderbereichs gewann nur eine Stimme und lediglich zwei Ausschussmitglieder stimmten für die zusätzliche Fußbodenheizung. Auch die PV auf dem Hauptdach wurde mit sieben zu fünf Stimmen abgelehnt. Mit diesem Diskussionsstand kommt die Angelegenheit zur Entscheidung vor den Stadtrat.

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