Schienenersatzverkehr nimmt ihn nicht mit: Bursche muss bei Schnee und Eis zum nächsten Bahnhof radeln
Weil die Taxis, die als Schienenersatzverkehr fungierten, ihn nicht mit seinem Fahrrad mitnehmen wollten, musste ein Jugendlicher nun auf seinem Zweirad vom Mittenwalder Bahnhof zu jenem nach Scharnitz strampeln - bei Schnee, Eis und Kälte.
Mittenwald – Das Fahrrad mit ins Taxi nehmen? Keine Chance, meint der Fahrer. Die Reifen würden ihm alles dreckig machen. Platz wäre auch keiner. Er müsse sein Zweirad am Mittenwalder Bahnhof stehen lassen, sonst kann der Bursche nicht mit. Der 16-jährige Jugendliche aus Garmisch-Partenkirchen hat jedoch ein Problem: Er braucht sein Radl. Schließlich fährt er extra deswegen von seinem Heimatort aus nach Innsbruck, um in der dortigen Skatehalle zu Biken. Das Ende vom Lied: Der Bursche musste fast eine Dreiviertelstunde vom Bahnhof in Mittenwald nach Scharnitz radeln – im tiefsten Winter bei Eis und Glätte über den Riedboden.
Der Vorfall am Samstag ist mittlerweile nur eine von unzähligen Possen, die der Schienenersatzverkehr zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald sowie darüber hinaus bislang hervorgebracht hat. Eigentlich hätten am Montag wieder Züge fahren sollen zwischen Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen. Nun muss der Schienenersatzverkehr bis Ende Januar weiter gehen, teilt die Deutsche Bahn in einer Presseaussendung mit. Das massive Schneetreiben hat die Fortschritte der Bauarbeiten enorm verzögert. Die fleißige Frau Holle war auch der Grund für die ziemlich unangenehme Fahrt des Jugendlichen aus Garmisch-Partenkirchen.
16-Jähriger hatte gültiges Ticket für sich und sein Fahrrad
Der 16-Jährige hat am Samstagvormittag wie jede Woche ein Ticket zwischen dem Kreisort und der Tiroler Landeshauptstadt gekauft – samt Fahrradmitnahme. IN Innsbruck in der Skaterhallte trifft er sich immer mit seinen Freunden. Bislang habe es immer „relativ gut geklappt“, sein Bike in den öffentlichen Verkehrsmitteln z zu transportieren, sagt der Jugendliche gegenüber dem Tagblatt. Am Samstag hat es allerdings ziemliche Schwierigkeiten gegeben.
Am Vormittag ging es von Garmisch-Partenkirchen mit dem Schienenersatz-Bus nach Mittenwald. Dort sollte es eigentlich mit dem Zug weitergehen, der direkt nach Innsbruck fährt. Doch sprachen ihn diesmal Taxifahrer am Bahnhof an. „Sie meinten, sie seien der Schienenersatzverkehr nach Scharnitz.“ Das Problem: Personen ins Auto? Ja. Fahrräder? Nein. „Es war ein VW-Bus, da war Platz“, meint der Jugendliche. „Ich habe auch vorgeschlagen, dass Fahrrad auseinander zu bauen, das Werkzeug hatte ich dabei.“ Zudem bot er an, seine Jacke unter die Reifen zu legen, um Flecken zu vermeiden. Doch der Droschken-Fahrer ließ nicht mit sich reden. Stehen lassen am Bahnhof wollte der Bub das Bike keinesfalls – schließlich brauchte er es in Innsbruck. Zurückfahren wollte er auch nicht. Das Ticket hatte er ja bereits bezahlt und seine Freunde warteten.
Dreiviertel Stunde durch Eis und Schnee über Mittenwalder Riedboden
Als das Taxi davon fuhr, versuchte er es deshalb bei einem anderen Fahrer: Doch der Jugendliche hatte wieder keinen Erfolg. „Er meinte daraufhin, ich könnte mit dem Rad zum Scharnitzer Bahnhof fahren und dann einsteigen.“ In der Not machte das der Bursche auch. Eine Radltour über den Riedboden ist an sich auch kein großes Problem für einen sportlichen Menschen. Im Winter birgt diese schattige Strecke jedoch Tücken. So strampelte der Garmisch-Partenkirchner nicht ganz ungefährlich auf Schnee und Eis. Als er dann schließlich in Scharnitz angekommen war, hatte er den Zug versäumt, musste warten. Insgesamt brauchte er somit drei Stunden für eine Strecke, die normalerweise mit den Öffentlichen in eineinhalb gemeistert werden kann.
Schienenersatzverkehr fährt noch bis Ende Januar 2024 zwischen Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen
Die Bahn gibt als Grund für den unerwarteten SEV zwischen Mittenwald und Scharnitz Schäden an der Oberleitung an, die durch den massiven Schneefall entstanden sind. „Der Busnotverkehr verkehrte bis einschließlich 9. Dezember. Am Vormittag des 10. Dezembers wurde der Zugverkehr zwischen Mittenwald und Scharnitz bis Innsbruck im 2-Stunden-Takt wieder aufgenommen“, erklärt eine DB-Sprecherin. Aber ist es denn üblich, Taxis einzusetzen statt Busse? „Bei Zugausfällen arbeiten unsere Mitarbeiter grundsätzlich mit Hochdruck daran, für alle betroffenen Abschnitte einen Ersatzverkehr einzurichten, damit unsere Fahrgäste dennoch ans Ziel kommen“, erklärt das Unternehmen. „Grundsätzlich wird versucht, den Ersatzverkehr mit Bussen zu organisieren. Sollten keine verfügbar sein, wird versucht, den Verkehr mittels Taxis abzudecken, wie auch in diesem Fall. Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für die betroffenen Fahrgäste.“
Der Schnee bremst auch die Sanierungen auf der Route enorm ein. „Erst wenn sich die Schneelage verbessert, können die Modernisierungsarbeiten fortgesetzt und abgeschlossen werden“, teilt eine Unternehmenssprecherin mit. Derzeit erneuert die Deutsche Bahn bekanntlich die Schienen und Schwellen sowie den Gleisunterbau. Die Arbeiten finden im Rahmen des DB-Investitionsprogramms für die Bahnstrecken im Werdenfels und Oberland im Volumen von über 100 Millionen Euro statt.
„Trotz intensiver Vorbereitungen kamen Mensch und Maschine bei der extremen Wetterlage zuletzt an ihre Grenzen“, erklärt die Sprecherin der Bahn. Das Unternehmen bedauere die Einschränkungen für die Reisenden und arbeite mit Hochdruck daran, für die Fahrgäste im Werdenfels ein Grundangebot an Fahrten zu ermöglichen.