Antarktis-Eskalation droht: Russland entdeckt wohl massives Öl-Vorkommen – in britischem Gebiet

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Links die unberührte Natur der Antarktis - rechts eine Öl-Bohr-Insel in der Nordsee. Russland hat wohl große Öl-Vorkommen in der Antarktis entdeckt. (Collage aus Archivbildern) © Collage: IMAGO / SuperStock // blickwinkel

Russland hat in der Antarktis offenbar riesige Ölreserven entdeckt. Allerdings auf einem Gebiet, das Großbritannien für sich beansprucht. Und es gibt weitere heikle Punkte.

London – Öl ist eines der wichtigen Schmiermittel, mit dem Russland trotz Ukraine-Krieg seine Wirtschaft am Laufen hält. Jetzt soll Russland neue gigantische Ölreserven gefunden haben. Das Problem: Der Zugriff darauf würde international große Folgen haben.

Denn die Öl-Reserven wurden offenbar in der Antarktis entdeckt. Das geht laut dem US-Magazin Newsweek aus Unterlagen hervor, die dem Umweltprüfungsausschuss des britischen Unterhauses vorliegen. Dem Bericht nach soll es etwa 511 Milliarden Barrel Öl umfassen. Das würde knapp dem Zehnfachen dessen entsprechen, was durch die Nordseeförderung in den letzten 50 Jahren gewonnen werden konnte.

Öl-Eskalation in der Antarktis? Russland entdeckt wohl gigantisches Vorkommen

Russische Forschungsschiffe entdeckten die Öl-Reserven demnach unter anderem im Weddellmeer. Dieses fällt allerdings unter den Anspruch Großbritanniens auf antarktisches Territorium. Dieses überschneidet sich allerdings auch mit den Ansprüchen von Argentinien und Chile. Das könnte für Russland eine Chance sein, Unruhe zu stiften.

Laut Telegraph wurde das Vorkommen sogar schon im Jahr 2020 entdeckt. Über die Entdeckung war bereits Ende 2022 berichtet worden, sie sorgt aber erst jetzt für Aufsehen – wohl wegen der neuen Brisanz durch den Ukraine-Krieg. In der aktuell angespannten wirtschaftlichen Lage in Russland könnte die Ausbeutung eines solchen Ölfeldes trotz der drohenden Folgen lohnend erscheinen.

Dem Bericht nach hat Russland seine Präsenz in der Antarktis in den letzten Jahren – genau wie China und die USA – massiv erhöht. Und das, obwohl Wladimir Putins Land keine Gebietsansprüche in der Antarktis erhebt. Insgesamt fünf Forschungsstationen hat Russland eingerichtet. Aktuell wächst nun aber die Sorge, dass Russland in der Region nicht nur zur wissenschaftlichen Forschung aktiv werden könnte. Laut dem Antarktis-Vertrag sind Öl-Förderungen (durch das Madrid-Protokoll) allerdings genauso verboten, wie jede militärische Aktivität in der Zone (durch den Antarktis-Vertrag).

Hintergrund: Der Antarktisvertrag

Die Nutzung der Antarktis wird durch den Antarktisvertrag geregelt. In diesem einigten sich 1961 insgesamt zwölf Staaten, darunter die USA, die ehemalige Sowjetunion und Großbritannien. Mitten im Kalten Krieg einigte man sich mit Blick auf den unbewohnten Kontinent auf eine gemeinsame, ausschließlich friedliche Nutzung. Militärische Aktivitäten sind ausdrücklich verboten. Allerdings soll Freiheit für die wissenschaftliche Forschung bestehen. Die Länder, die zuvor Besitzansprüche angemeldet hatten, froren diese mehr oder minder mit dem Vertrag ein. Zudem wurde ein Verbot der Geltendmachung neuer Ansprüche erlassen, wie das Auswärtige Amt informiert.

Experten meinen nun jedoch, dass Russland Teile der Antarktis nach Öl und Gas durchsuche und den Kontinent zu militärischen Zwecken überwache. Professor Klaus Dodds, Professor für Geopolitik an der Royal Holloway, University of London, sagte laut Telegraph in einer Stellungnahme gegenüber britischen Abgeordneten, dass Russlands Handlungen in der Region „eine potenzielle Bedrohung für das dauerhafte Verbot des Bergbaus darstellen könnten“.

Russland „muss zur Rechenschaft gezogen werden“: Öl-Eskalation in der Antarktis droht

Man habe die Sorge, dass Russland seismische Daten sammelt. Diese könnten als Suche nach Rohstoffen und nicht als wissenschaftliche Forschung ausgelegt werden. Es handle sich seiner Meinung nach um eine bewusste Entscheidung Russlands. Die neuen Aktivitäten seien „letztlich ein Vorläufer für die bevorstehende Ressourcengewinnung“. Schon seit Beginn des Ukraine-Kriegs und der sich verschlechternden internationalen Beziehungen habe man die Sorge vor einem „strategischen Wettbewerb“ in der Antarktis gehabt.

Dass solche Spannungen bereits bestehen, ist schon daran erkennbar, dass Russland und China wiederholt den Versuch anderer Vertragsstaaten blockierten, Meeresschutzgebiete in der Antarktis auszuweiten.

Nach britischer Ansicht hat Russland sich allerdings zeitgleich zu den Kernelementen des Antarktisvertrags bekannt und bekräftigt, dass seine Vermessungen zu „rein wissenschaftlichen Zwecken“ dienen würden. Russland müsse nun „dafür zur Rechenschaft gezogen werden“, zitiert Newsweek den britischen Politiker David Rutley nun, nachdem die Unterlagen in Großbritannien vorgelegt wurden. Im Vereinigten Königreich fordern andere Abgeordnete laut Telegraph nun Antworten auf die „beunruhigenden“ Aktivitäten Russlands.

Allerdings ergibt sich das Dilemma, dass es offenbar keine dringenden Beweise für ein Fehlverhalten Russlands gibt. Es sei etwa nicht klar genug geregelt, welche Aktivitäten über den rein wissenschaftlichen Zweck hinausgehen. Zudem droht Streit unter den mittlerweile mehr als 50 Unterzeichnern des Antarktis-Vertrags. Ob etwa China und Indien sich dann gegen Russland stellen, ist offen. Auch Argentinien könnte eine entscheidende Rolle zukommen. Russland könnte sich einer Einschätzung des Telegraph zufolge mit Argentinien zusammentun, das ebenfalls große wirtschaftliche Probleme hat. Gemeinsam könnte man Argentiniens Anspruch auf die Falkland-Inseln (Überseegebiet des Vereinigten Königreichs) neu entfachen und so für noch größere Unruhe sorgen.

Auch in der Arktis haben Russland und China ihre Aktivitäten enorm gesteigert. (rist)

Auch interessant

Kommentare