Bürgergeld auf Prüfstand: Druck auf Merz-Regierung wächst – „Politik darf sich nicht wegducken“
Sozialleistungen sollen auf den Prüfstand kommen. Das betrifft unter anderem auch das Bürgergeld. Rufe nach Reformvorschlägen werden erneut lauter.
Berlin – Die Merz-Regierung startet eine Anpassung des Sozialstaats. Eine Kommission soll für Sozialleistungen wie Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag ab September in einer neuen Kommission Reformvorschläge machen. Die von Bundesministerin Bärbel Bas (SPD) eingesetzte Sozialstaatskommission soll entsprechend dem Koalitionsvertrag bis Ende 2025 Ergebnisse vorlegen, wie das Sozialministerium mitteilte.
Bürgergeld auf Prüfstand: Bas setzt Kommission für Reformen ein
„Die Zusammenlegung von Sozialleistungen, die Beschleunigung von Verwaltungsabläufen und die Digitalisierung sind weitere Aufgabenstellungen“, so Bas. Die „erweiterte Regierungskommission“ mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen solle auch Expertise unter anderem der Sozialpartner, der Sozial- und Wirtschaftsverbände und des Bundesrechnungshofs einbeziehen. Ab Anfang 2026 sollen die Vorschläge von den fachlich zuständigen Ressorts umgesetzt werden. Auch Prüfaufträge sind vorgesehen.

„Mit der Einsetzung der Kommission zur Sozialstaatsreform machen wir einen wichtigen Schritt hin zu einem modernen und bürgerfreundlichen Sozialstaat”, sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt in einem Statement vom 22. August. Für viele Menschen sei der Sozialstaat zu kompliziert, mit zu vielen Anträgen, Schnittstellen und unverständlichen Regelungen.
Sozialstaat soll moderner werden – Leistungen wie Bürgergeld im Visier
Ziel sei es, Leistungen besser aufeinander abzustimmen, Verfahren zu vereinfachen und digitale Angebote so zu gestalten, dass Hilfen schneller und unkomplizierter dort ankommen, wo sie gebraucht werden. „Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger nicht länger von Amt zu Amt laufen müssen, sondern Leistungen aus einer Hand erhalten. Wir wollen, dass Bürokratie abgebaut wird und dass jede und jeder weiß, welche Unterstützung ihm oder ihr zusteht“, so Schmidt. „Wir machen den Sozialstaat einfacher, moderner und effizienter“.
Besonders mit Blick auf die Bürokratiehürden beim Bürgergeld gab es in der Vergangenheit häufig Kritik. Von vielen für das Bürgergeld zuständigen Jobcentern werde anteilig zu viel Geld für das Verwalten ausgegeben statt für die Arbeitsförderung, heißt es in einer Analyse der Bertelsmann Stiftung. In den vergangenen Jahren seien die Kosten für die Verwaltung deutlich gestiegen, die Mittel zur Förderung von Leistungsbeziehern verharrten hingegen. „Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung“, kritisiert die Stiftung im März 2025. Wie viele Menschen die Jobcenter am Ende in Arbeit bringen, spiele „eine untergeordnete Rolle.“
Steigende Sozialbeiträge: Arbeitgeberpräsident verlangt von Merz-Regierung „Herbst der Reformen“
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert mit Blick auf die steigenden Sozialversicherungsbeiträge neben Kommissionen auch Entscheidungen von der Bundesregierung. Bisher könne er nur einen „Herbst der Kommissionen” und keinen „Herbst der Reformen“ erkennen. Die Entwicklungen bei den Sozialversicherungen seien seit Jahren bekannt, Beschäftigten würden immer weniger Netto vom Brutto bleiben. „Die Politik darf sich hier nicht wegducken. Am Ende müssen politische Entscheidungen und ein klarer Weg stehen“, so Dulger in einer Pressemitteilung. (bohy mit Material der dpa)