Die Merz-Regierung verschärft mit der Bürgergeld-Reform viele Regeln. Einige sind auch für Erwerbstätige relevant.
Berlin – Die Bürgergeld-Reform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember vom Bundeskabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) beschlossen werden. Eine Verabschiedung im Bundestag könnte dann im Januar oder Februar erfolgen. Noch ist nicht klar, wann es dann wirklich in Kraft tritt. Aktuell gehen Regierungskreise vom 1. Juli 2026 aus. Auf Bürgergeld-Empfänger kommen damit einschneidende Änderungen zu, doch auch Arbeitnehmer sollten bei einigen Schritten aufhorchen.
Mit der Bürgergeld-Reform passt die Merz-Regierung verschiedene Regelungen an, die besonders Personen treffen, die neu in die Grundsicherung rutschen. Die Reform ist deshalb auch für Arbeitnehmer relevant, sollten diese ihre Stelle verlieren und keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld haben. Angesichts der weiterhin stockenden Konjunktur und den geplanten Stellenstreichungen bei einigen Unternehmen könnte das viele Menschen betreffen.
Merz-Regierung streicht Karenzzeit beim Vermögen – lediglich kleine Sparbeträge fallen weg
„Leistungen soll nur bekommen, wer auf sie angewiesen ist“, sagte Bärbel Bas (SPD), die als Arbeitsministerin für die neue Grundsicherung verantwortlich ist. Das bedeutet vor allem, dass Erwerbslose erst einmal ihr eigenes Vermögen nutzen müssen, ehe sie Anspruch auf Leistungen haben. Dabei will die Merz-Regierung die Karenzzeit streichen. Im Bürgergeld-System hatten Empfänger ein Jahr Zeit, ehe sie ihr Vermögen antasten mussten. Ausnahme waren „erhebliche“ Vermögen von über 40.000 Euro. Nun ist das wieder sofort der Fall.
Dabei bleibt jedoch ein Teil unangetastet. Doch die Pläne von Union und SPD sehen vor, auch dieses sogenannte Schonvermögen zu kürzen. Es soll künftig vom Alter abhängen. Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 20 Jahren soll der Freibetrag bei 5000 Euro liegen. Zwischen 20 und 40 Jahre sieht der aktuelle Gesetzentwurf 10.000 Euro vor. Bei Menschen über 50 Jahren liegt es bei 20.000 Euro. Geschützt bleiben selbstgenutzte Immobilien oder Produkte der Altersvorsorge.
Bürgergeld-Reform bringt Neuerungen für Mieter – Deckel für Wohnkosten geplant
Wenn Menschen erwerbslos werden und direkt in die Grundsicherung rutschen – oder aus dem Arbeitslosengeld in das System wechseln – können sie weiterhin in ihrer bisherigen Wohnung bleiben. Die Jobcenter zahlen die Miete und Heizkosten. Doch dabei gelten Obergrenzen. Im ersten Jahr des Bezugs waren diese durch die Karenzzeit zunächst ausgesetzt und auch höhere Kosten der Unterkunft wurden gezahlt. Doch besonders die Union von Kanzler Friedrich Merz wollte bei den Wohnkosten sparen.
Zwar bleibt nach der Bürgergeld-Reform die Karenzzeit bestehen, innerhalb der die Miete und Heizkosten „in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt“ werden, wie es im Gesetzentwurf heißt. Doch die Merz-Regierung führt in diesem Zeitraum einen Deckel ein: Die Kosten werden nicht übernommen, wenn „sie mehr als eineinhalbmal so hoch“ sind wie die Obergrenze. Welche Miethöhe als angemessen gilt, entscheiden die Kommunen vor Ort. Zusätzlich sollen die Kommunen einen „Quadratmeterdeckel“, also eine maximale Summe pro Quadratmeter, festlegen. Wenn die Miete über der Grenze liegt, bekommen die Betroffenen lediglich die Summe bis zur Grenze ausgezahlt. Den Rest müssen sie selbst stemmen.
Mit der neuen Grundsicherung sollen Jobcenter Leistungsempfänger zudem auf die Mietpreisbremse aufmerksam machen. Wenn es eine solche in der jeweiligen Kommune gibt und die Miete über der zulässigen Höhe liegt, sollen die Mieter den Vermieter auffordern, die Miete auf das zulässige Niveau zu senken.
Merz-Regierung verpflichtet neue Erwerbslose zu „unverzüglichem“ Jobcenter-Besuch
Mit den Kosten der Unterkunft und dem Regelsatz – der im Jahr 2026 nach zwei Nullrunden nach wie vor bei 563 Euro im Monat für Alleinstehende liegt – soll die Grundsicherung das Existenzminimum decken. Erwerbsfähige Personen können sich jedoch nicht „ausruhen“, wie es in der Bürgergeld-Debatte oft behauptet wird. Stattdessen haben sie Mitwirkungspflichten. Diese will die Regierung in der neuen Grundsicherung stärker betonen – und den Ansatz des „Forderns“ stärken.
Für Bedürftige, die neu in die Grundsicherung rutschen, bedeutet das, dass sie „unverzüglich“ zu einem persönlichen Gespräch ins Jobcenter sollen. Dort sollen die „für die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erforderlichen persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung“ festgestellt werden. Dabei schließen sie einen Kooperationsplan ab. Dieser enthält das Eingliederungsziel – etwa die angestrebte Tätigkeit – und die Schritte, die zur Aufnahme einer Arbeit nötig sind.
Jobcenter sollen Beziehenden in der Grundsicherung konkretes Vorgehen diktieren können
Den Kooperationsplan gibt es seit der Einführung des Bürgergelds. Doch mit der Reform der Merz-Regierung ist dieser für die Arbeitsuchenden deutlich verbindlicher angelegt. Halten sie Schritte zur Eingliederung in Arbeit nicht ein, verpflichtet die Agentur für Arbeit sie durch Verwaltungsakte. Dabei kann das Jobcenter genau bestimmen, wie diese „Eigenbemühungen“ der Erwerbslosen aussehen müssen – und wie häufig sie Versuche dazu unternehmen müssen.
Für Selbstständige, die wegen zu geringen Aufträgen und zu wenig Einkommen ihr Existenzminimum nicht selbst decken können, hat die Bürgergeld-Reform auch Folgen. Nach einem Jahr des Grundsicherungsbezugs neben der selbstständigen Tätigkeit soll geprüft werden, ob eine andere Tätigkeit oder eine Beschäftigung zumutbar ist.
Jobcenter können in der Grundsicherung die Leistungen komplett streichen
Halten die Grundsicherungsbezieher ihre Mitwirkungspflichten nicht ein, können die Jobcenter nach der Bürgergeld-Reform deutlich härte Sanktionen verhängen. Wer etwa zwei Termine verpasst, bekommt 30 Prozent des Regelsatzes gekürzt. Beim dritten verpassten Termin verliert die Person die gesamte monatliche Zahlung. Meldet sie sich innerhalb von 30 Tagen nicht, stellen die Jobcenter die Nicht-Erreichbarkeit fest und es folgt der vollständige Entzug aller Leistungen, also auch der Miete und Heizkosten. Auch wer ein Angebot auf Arbeit ablehnt, kann den Regelsatz vollständig verlieren.