„Putin plötzlich in Schwierigkeiten“: Presseschau zum Ukraine-Gipfel von Trump und Selenskyj
Nach dem Ukraine-Gipfel zeigen sich die EU-Staatschefs vorsichtig optimistisch. Auch die internationalen Medien sind überrascht von Trump.
München – Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war wohl selbst etwas überrascht darüber, wie reibungslos der Ukraine-Gipfel zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus am Montag ablief. „Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern übertroffen worden“, sagte der CDU-Politiker nach den Gesprächen. Hat der Besuch von Selenskyj und den EU-Staats- und Regierungschefs den Weg hin zu einem Ende des Ukraine-Kriegs geebnet? Darüber war sich auch die internationale Medienlandschaft uneinig. Wir werfen einen Blick auf die Schlagzeilen zum Ukraine-Gipfel.
Was bei einem ersten Blick in die internationale Presse direkt auffällt, ist die überwiegend positive Berichterstattung über den US-Präsidenten. Nach dem Alaska-Gipfel am Freitag war die Kritik an Trump zum Teil noch sehr harsch ausgefallen. Bemängelt wurde, dass er Putin bei seiner Rückkehr auf die internationale Bühne den roten Teppich ausgerollt hatte. Ganz anders fielen die Reaktionen am Dienstag aus.
Pressestimmen zu Trumps Ukraine-Gipfel: „Selenskyj erobert das Oval Office zurück“
„Trump hat eine lange eingeschlafene Diplomatie geweckt“, kommentierte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) aus der Schweiz über den Ukraine-Gipfel im Weißen Haus. Zwar sei unklar, ob der von Trump eingeschlagene Weg tatsächlich zu einem Ende des Ukraine-Kriegs führen könne, doch ein weiterer Schritt sei gemacht. „Für den Moment scheinen die Beteiligten erstaunt genug, dass so etwas wie Diplomatie überhaupt in Gang gekommen ist und das unter maximal chaotischen Bedingungen“, heißt es in der NZZ weiter.
Auch in Großbritannien zeigt man sich nach dem Ukraine-Gipfel vorsichtig optimistisch. „Plötzlich könnte Wladimir Putin in Schwierigkeiten geraten“, heißt es einem Kommentar des britischen Telegraph. „Wenn Alaska eine beschämende Demonstration der Freundlichkeit gegenüber dem blutgetränkten Tyrannen des Kremls war, könnte der Montag als stiller diplomatischer Sieg für die Ukraine verbucht werden.“

Einen ukrainischen Zwischenerfolg erkennen auch andere internationale Medien an. „Selenskyj erobert das Oval Office zurück“, schreibt die italienische Zeitung La Republica. Die französische Zeitung Le Figaro beschwört, „Selenskyj und die Europäer stehen vor Trumps Deal“. Etwas defensiver drückt sich die spanische Zeitung El Mundo aus. „Selenskyj vermeidet Zusammenstoß mit Trump“, lautet der nüchterne Titel einer Analyse.
Mahnende Worte nach Ukraine-Gipfel bei Trump: „Friedensabkommen wäre nur der Anfang“
Doch neben den vorsichtig optimistischen Stimmen mischten sich auch diverse mahnende Worte in die Berichterstattung über den Ukraine-Gipfel in Washington. „Ein Friedensabkommen wäre nur der Anfang“, schreibt die US-amerikanische Washington Post. Den Knackpunkt sieht die Post vor allem bei den von Trump in Aussicht gestellten Sicherheitsgarantien für die Ukraine. „Glaubwürdigkeit ist der schwierigste Teil. Es ist schwer vorstellbar, dass Trump zustimmen würde, amerikanische Soldaten zu entsenden.“
Auch die Londoner Times zweifelt an den US-Sicherheitsgarantien. „Der Ausgang des Konflikts, der trotz der intensiven Gespräche in Washington weiter ungewiss ist, hängt vom politischen Willen des Westens ab, sich Putins Hydra-artiger Subversion zu widersetzen“, heißt es in dem Beitrag. Eine Sicherheitsgarantie in Ablehnung an den Nato-Artikel 5 stuft die Times jedoch als unwahrscheinlich ein.
Russlands Medien nach Ukraine-Gipfel zurückhaltend: „In diesem Fall ist nichts sicher“
Unterdessen blicken die russischen Medien abwartend auf die weiteren Entwicklungen nach dem Ukraine-Gipfel. „Wird ein Dreiergipfel zu einem Ende der Kampfhandlungen führen? Nein, denn selbst in diesem Fall ist nichts sicher“, schreibt die Nachrichtenagentur Ria Nowosti. „Alle vorläufigen Vereinbarungen zwischen Putin und Trump können im letzten Moment über den Haufen geworfen werden, auch vom dritten Beteiligten des Treffens“, so die Nachrichtenagentur weiter. Putin hat einem Treffen mit Selenskyj bislang noch nicht zugestimmt.
Die russische Nachrichtenagentur Tass fragte mit Blick auf Selenskyj: „Ist er bereit, ein Friedensabkommen abzuschließen, oder wird er, ermutigt von seinen europäischen Beratern, weiterhin auf der Notwendigkeit eines Waffenstillstands bestehen?“ Doch auch die Tass konnte einen deutlichen Unterschied zum letzten Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus nicht unterschlagen. „Diesmal drehte sich alles um seine Bereitschaft, die Vorschläge zu diskutieren, auf die sich der US-amerikanische und der russische Präsident in Anchorage geeinigt hatten“, so die Analyse des russischen Leitmediums.
Einig sind sich die internationalen Medien aber vor allem in einer Sache: Der weitere Verlauf der Verhandlungen hin zu einem möglichen Ende des Ukraine-Kriegs sind kaum vorherzusagen. Das stellte auch das ukrainische Portal Kyiv Post in einem Beitrag am Dienstag heraus. „Selenskyjs diplomatischer Drahtseilakt“, titelte die Kyiv Post. Ob der ukrainische Präsident mit diesem Kunststück Erfolg hat, können nur die kommenden Wochen zeigen. (fdu mit Material von dpa)