Wende um Germanwings-Absturz mit deutschem Co-Piloten? Luftfahrtexperte ordnet Untersuchung ein

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Zehn Jahre nach dem Germanwings-Absturz stellt eine neue Theorie den offiziellen Bericht infrage. Ein Experte hat das für IPPEN.MEDIA eingeordnet.

München – Der tragische Absturz des Germanwings-Flugs jährt sich bald zum zehnten Mal. Am 24. März 2015 soll der Co-Pilot Andreas L. den Airbus A320 auf dem Weg nach Düsseldorf absichtlich in die französischen Alpen gelenkt haben. Das haben die Ermittlungen der französischen und deutschen Behörden ergeben. Für die ist der Fall abgeschlossen. Neue Untersuchungen kommen jedoch zu einem anderen Schluss.

Neue Untersuchung wirft Fragen zum Germanwings-Absturz auf

Im Abschlussbericht der französischen Behörde für Sicherheitsuntersuchungen in der zivilen Luftfahrt (BEA) lautete es: „Die Kollision mit dem Boden wurde durch eine bewusste und geplante Handlung des Copiloten verursacht, der entschieden hatte, Suizid zu begehen, während er alleine im Cockpit war.“ Das Dokument liegt IPPEN.MEDIA vor.

Simon Hradecky, Betreiber der Webseite The Aviation Herald, hat allerdings Zweifel. Nach acht Jahren Recherche präsentierte er seine These bei Zeit Online: Die Änderung der Flughöhe von 38.000 auf 100 Fuß sei „nicht menschengemacht“ gewesen. Laut Abschlussbericht wurde diese Anpassung innerhalb einer Sekunde vorgenommen.

Der Germanwings-Absturz jährt sich am 24. März zum zehnten Mal. © Montage: ZUMA Press Wire/imago; Rolf Vennenbernd/dpa

Zudem sei das Geräusch während der Einstellung am Drehknopf nicht von den Mikrofonen erfasst worden, was Hradecky als Hinweis auf einen technischen Defekt wertet. Auch Elmar Giemulla, Anwalt vieler Hinterbliebener, hält einen technischen Defekt für möglich, schildert er der Zeitung.

Wende um deutschen Co-Piloten von Germanwings-Absturz? Luftfahrtexperte ordnet Theorie ein

Schon auf dem Hinflug nach Barcelona wurde die Flughöhe auf 100 Fuß eingestellt, als der Co-Pilot allein im Cockpit war – für Hradecky ebenfalls ein Indiz. Warum Andreas L. diesen angeblichen Fehler nicht meldete, beantwortete er aber nicht. Ebenso offen bleibt, warum sich der Co-Pilot im Cockpit verbarrikadierte und nichts gegen den bevorstehenden Absturz unternahm, sollte es doch ein technischer Defekt sein.

Luftfahrtexperte Patrick Huber ordnet diese Theorie bei IPPEN.MEDIA ein: „Es ist zutreffend, dass eine solche Veränderung der Flughöhe üblicherweise nicht innerhalb einer Sekunde erfolgen kann. Das habe ich bei den Recherchen zu meinem Buch ‚Germanwings Flug 9525 – Absturz in den französischen Alpen‘ selbst im Simulator ausprobiert und das haben mir auch zahlreiche Piloten bestätigt, die ich zum Teil namentlich darin zitiere.“

Wer ist Patrick Huber?

Patrick Huber ist Luftfahrtfotograf und Fachjournalist aus Österreich. Anlässlich des zehnten Jahrestages des Germanwings-Absturzes hat er das Buch „Germanwings Flug 9525“ geschrieben. Darin beleuchtet Huber die Hintergründe und den Ablauf des Flugzeug-Unglücks.

Dennoch sieht Huber darin keine Änderung des Gesamtbildes der Ereignisse: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir die Aufnahmen des Stimmenrekorders, des Flugdatenschreibers und die DNA-Spuren aus dem Cockpitbereich an der Unglücksstelle sowie viele weitere forensische Beweise haben.“ Die Erklärung des Experten: Womöglich ein falscher Zeitstempel bei der Aufzeichnung oder ein Aussetzer der Stromversorgung.

„Einfallstor für wildeste Verschwörungstheorien“: Staatsanwaltschaft ist von Piloten-Suizid überzeugt

„Das, was man der internationalen Expertenkommission, die seriöse und großartige Arbeit geleistet hat, allenfalls vorwerfen kann, ist, dass sie in ihrem Bericht keine Erklärung dafür geliefert hat, warum das so gewesen sein könnte“, so Huber gegenüber unserer Redaktion. „Aber vermutlich hat man einfach nicht damit gerechnet, dass so eine völlig unbedeutende Kleinigkeit zum Einfallstor für die wildesten Verschwörungstheorien werden würde.“

Doch was hat es mit dem Geräusch des Drehknopfes auf, dass nicht von den Rekordern aufgezeichnet wurde? Im BEA-Abschlussbericht hieß es: „Mehr als 100 Geräusche wurden während dieses Zeitraumes erfasst. Die Mehrheit dieser Geräusche konnte nicht identifiziert werden, weil sie zu schwach und in Hintergrundgeräusche eingebettet waren.“

Die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf ist ebenfalls überzeugt, dass Andreas L. den Absturz mit suizidaler Absicht herbeigeführt hat, bei dem 149 Menschen starben. „An der Verantwortlichkeit des Co-Piloten für den Absturz bestehen juristisch nicht die geringsten Zweifel. Das haben die Ermittlungen ganz klar ergeben“, sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa dem österreichischen Luftfahrtmagazin Austrian Wings. Erst kürzlich zeichnete eine WDR-Doku das Bild eines schwer depressiven Andreas L., der kurz vor dem Unglück nach Suizid-Methoden im Internet recherchierte. (kas)

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