Ein Traum geht in Erfüllung: Das Gemeinschaftshaus ist aufgesperrt

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Aufg’sperrt is: Bürgermeister Totzauer (r.) und Gerhard Gauck eröffnen das Haus. © Weber

In Schöngeising ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Das langersehnte Gemeinschaftshaus steht fix und fertig da - und wurde mit einem bunten, fröhlichen, ja sogar lehrreichen Eröffnungsspektakel fulminant eingeweiht.

Schöngeising – Die in vielen wechselnden Farben angeleuchtete Fassade des Gebäudes ließ schon von außen keinen Zweifel – es würde ein festlicher Abend werden. Im Foyer drängten sich die Besucher des ausverkauften musikalischen Theaterstücks „Aufg’sperrt is!“ neben einer bildschönen Dekoration aus Tulpen und den Ästen des Baumes, der symbolisch für Neubeginn steht - die Birke. Bevor sich die Türen zum Kultursaal erstmals öffneten, würdigte Bürgermeister Thomas Totzauer das Gemeinschaftshaus als einen „Ort des Miteinanders und der Begegnung“. Festredner Wolfgang Grillmeier rief nach „jahrzehntelanger Aufschieberei“ zu einem Applaus auf „für all diejenigen, die so lange für das Haus gekämpft haben“.

Nicht woke

Hier soll sie gelebt werden, die bayerische Kultur, die sich kurz darauf in Gestalt von Michaela Stögbauer in zerlumpter Kleidung auf die Bühne schleppt. Sie ist nicht „woke“, fühlt sich verspottet und missachtet. Doch jetzt ist sie angekommen in einem „unbeugsamen bajuwarischen Dorf, wo man nicht aufhört, dem kulturellen Niedergang Widerstand zu leisten“, verkündet die Stimme von Sprecher Gerhard Jilka aus dem Off.

Und tatsächlich, Kreszenz, so der Name der Kultur, findet sich in einem gemütlichen Gasthaus wieder, wird von Wirtin Barbara (Angelika Gruhne) freundlich in Empfang genommen und sitzt alsbald mit den Stammtischbrüdern Fredi (Barthl Sailer), Anderl (Wolfgang Stahl) und Franz (Hans Berhard) beim Bier. Die Wirtin bringt einen Korb mit Schmankerln an den Tisch. Es sei ein alter Brauch, dass in einer neu eröffneten Wirtschaft die ersten Gäste ein solches Präsent erhalten, erfährt die erstaunte Runde („wir kennen nur Wirtschaften, die zumachen“).

Bayerische Kultur

Autorin und Regisseurin Martina Schnell hat noch mehr solcher kaum bekannten Fakten rund um die bayerische Kultur in das Stück gepackt. Etwa, dass es 1844 in München Krawalle gab, als der Bierpreis angehoben wurde. Oder dass beim Fensterln einst zahllose junge Burschen in Odelgruben stürzten und jämmerlich ums Leben kamen.

Mit leichter Hand verknüpft das Stück wichtige Stationen und Personen der Schöngeisinger Geschichte sowie lokale Besonderheiten. Die Ursprünge des Ortes als Römersiedlung werden in Gestalt des „Feingeists“ (Wenzel Gummer) lebendig – er wartet schon am allerlängsten auf den „Kulturtempel“. Der Urururgroßneffe (Hans Riedl) von Heinrich Scherrer erscheint samt herrischer Gattin (Susanne Poller), Renaissance-Komponist Orlando di Lasso (Gunter Schreier), angereist mit dem Orlando-Mobil, lässt eine hervorragende Sopranistin (Anette Noah) eines seiner Lieder vortragen.

Clash der Kulturen

Das Stück lebt auch vom witzigen Clash der Kulturen, spielt mit Vorurteilen und ruft zur Offenheit auf. Zwei Damen vom Marienverein (Anna Emprechtinger, Eva Gauck) und Lifestyle-Journalistin Ava (Evelyn Wetzler) nehmen sich gegenseitig auf die Schippe. Von den Maibaumburschen (Markus Pröll, Peter Hofmann) kommt einer hörbar aus Hamburg. Die resolute Köchin (Hanni Göppel) serviert moderne Küche. Zu den Puttenengeln (Wolfgang Grillmeier, Philipp Schneider, Max Wenghofer) gesellen sich Gelbe Engel vom Irschenberg (Christoph Stifter, Christoph Wenghofer). Die Leiter fürs Fensterln wird zum klimaneutralen Alkoholtest. Und die Ampernixe Melusine (Gabriela Totzauer) beklagt, dass man ihr „die unbefristete Aufenthaltsgenehmigung“ entzogen habe.

Zwischendurch marschiert die Blasmusik Schöngeising musizierend auf die Bühne, singt der Brucklyn Heart Chor und hauen Wenzel Gummer und Norbert Henz großartig in die Tasten des Flügels. Es wird geschuhplattelt – und auch noch das Geheimnis gelüftet, wie der Boandlkramer (Reinhard Wengel) zu seiner undankbaren Aufgabe kam. Zu guter Letzt tanzt das großartige Ensemble auf der Bühne und wird begeistert beklatscht.

Für den 4,4 Millionen Euro teuren Bau wird jetzt noch ein Name gesucht

Keine Mehrheit, kein Grundstück, kein Geld“ – das war laut Festredner Wolfgang Grillmeier die Situation, als 1986 der Wunsch nach einem Schöngeisinger Kulturhaus erstmals auftauchte. Es habe im Ort „zu viele Künstler ohne ein Dach über dem Kopf“ gegeben. Weil jedoch sämtliche Voraussetzungen für die Realisierung der Idee fehlten, verschwand sie für lange Zeit in der Schublade. Ende 2019 verabschiedete der Gemeinderat die Planung. Bis zum Spatenstich vergingen noch einmal fast zwei Jahre. Auch während der Baumaßnahme gab es Verzögerungen. „Wir wollten im Oktober 2023 eröffnen, hatten aber noch einmal eine Tür“, erinnerte Grillmeier.

Gekostet hat das Haus rund 4,4 Millionen Euro, finanziert größtenteils aus den Rücklagen der Gemeinde. Hinzu kam ein Darlehen über 600 000 Euro und staatliche Förderung von 380 000 Euro. Nach dem Eröffnungsspektakel plant Totzauer noch eine offizielle Einweihungsfeier im März. Und er möchte einen Wettbewerb zur Namensfindung ausschreiben– damit das Gebäude nicht auf Dauer die nüchterne Bezeichnung Gemeinschaftshaus tragen muss. os

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