Sicherheitsfrage - Braucht Deutschland eigene Atomwaffen, um sich zu verteidigen?

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Laut Sicherheits-Experte der CDU, Roderich Kiesewetter, braucht Deutschland keine eigenen Atomwaffen.
dpa/dpa Laut Sicherheits-Experte der CDU, Roderich Kiesewetter, braucht Deutschland keine eigenen Atomwaffen.
Mittwoch, 21.02.2024, 09:10

Sicherheits-Experte Shams Ul Haq fragt sich, ob Deutschland eigene Nuklearwaffen entwickeln sollte, um sich militärisch unabhängiger zu machen. Die Meinung von CDU-Politiker Roderich Kiesewetter dazu ist jedenfalls eindeutig.

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Mit dem Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrags von 1990 verzichtete Deutschland auf Atomwaffen. Geschlossen wurde dieser Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik Deutschland sowie den ehemaligen Siegermächten Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion. Doch mit der Eskalation des militärischen Konflikts in der Ukraine stellt sich erneut die Frage, ob Deutschland eigene Atomwaffen benötigt.

Die Meinung des CDU-Politikers Roderich Kiesewetter, Oberst a.D. der Bundeswehr, ist eindeutig: „Die kurze Antwort ist: Nein. Aber die Ukraine ist das beste Beispiel was passiert, wenn man nuklear abrüstet. Die Ukraine war mal die drittgrößte Nuklearmacht und hat auf Druck westlicher Staaten, aber auch Russlands, seine Nuklearwaffen aufgegeben und dafür Sicherheitsgarantien bekommen, die 2014 furchtbar gebrochen wurden.“

Trotzdem tritt er mit dem Hinweis auf die bestehende nukleare Teilhabe dafür ein, die Debatte um europäische Nuklearwaffen so schnell wie möglich zu beenden.

Über den Experten Shams Ul Haq

Shams Ul Haq, gebürtiger Pakistaner, begann seine journalistische Karriere im Jahre 2007 mit einem Interview mit Benazir Bhutto. Seitdem ist er als freier Journalist mit Fokus auf den Mittleren Osten tätig. Er arbeitet(e) unter anderem für FOCUS, ZDF, FAZ, Table.Media und The Nation. Der Terrorismus-Experte recherchiert auch investigativ in Flüchtlingsunterkünften (Buch: Die Brutstätte des Terrors) und in europäischen Moscheen zum Thema Radikalisierung (Buch: "Eure Gesetze interessieren uns nicht!"). Nach dem Fall Kabuls 2021 interviewte er als erster deutscher Journalist Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid.

Deutschland besitzt keine Nuklearwaffen, lagert aber welche

Die Bundesrepublik Deutschland ist zwar durch einen Atomwaffensperrvertrag gebunden, doch die USA hatte während des Kalten Kriegs zeitweise mehr als 5.000 Kernwaffen an 150 Orten in Deutschland aufbewahrt. Seit 1990 ist dieser Bestand deutlich geschrumpft, nach offiziellen Angaben soll es sich dabei um 20 amerikanische Wasserstoffbomben im Fliegerhorst Büchel handeln.

Die Anzahl der seit 2022 im Bau befindlichen B61-12 hingegen, der Nachfolge der US-Atombombe B61, ist geheim. Sie sollen in Italien, Deutschland, Belgien und den Niederlanden deponiert werden. Diese Form des Nuclear Sharings bezeichnet Kiesewetter als die beste Rückversicherung Deutschlands. Hinzu kommen in Europa die französischen und britischen Nuklearwaffen.

Surftipp: Atomare Aufrüstung - Neue europäische Front? In Deutschland sollen nukleare US-Sprengköpfe lagern

Der Sicherheitsexperte Kiesewetter bestätigt gegenüber FOCUS online, dass auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland US-Nuklearwaffen stationiert sind, an denen Deutschland über die nukleare Teilhabe mitwirken kann. Dafür wurden bisher die trinationalen Tornado-Flugzeuge eingesetzt, die jedoch als technisch veraltet gelten. Seit 2022 werden sie gegen F-35-Kampfjets des amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin ausgetauscht.

Er weist darauf hin, dass sich die Atomwaffen aber im Besitz der USA stehen und unter deren Oberbefehl stehen. Im Ernstfall würden also deutsche Piloten die Bombardierung gegnerischer Ziele durch US-Atomwaffen mit Kampfjets der Bundeswehr ausführen. Die USA bleiben damit eine europäische Macht und europäische Sicherheit bleibt amerikanische Sicherheit. Aber nicht nur die nukleare Verteidigung Europas lässt sich nur im Bündnis denken.

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Muss Deutschland besser mit Waffen ausgerüstet werden?

Deutschland hat nach Beendigung des Kalten Krieges die Verteidigungsbemühungen extrem zurückgefahren. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht wurde die Bundeswehr Schritt für Schritt auf rund 180.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zusammengeschrumpft. Doch durch die veränderte globale Sicherheitslage treten neben die Landesverteidigung zunehmend Aufgaben der Bündnisverteidigung, die bei der Personalstärke und derzeitigen Ausrüstung der Bundeswehr kaum erfüllbar sind.

Allein die zugesagte dauerhafte Stationierung der Brigade Litauen an der NATO-Ostflanke im Baltikum mit einer Stärke von fast 5.000 Soldatinnen und Soldaten stellt übergroße Herausforderungen. Die Unterstützung der Ukraine durch Waffen und Munition zeigt zudem weitere eklatante Mängel nicht nur im Nachschub auf. Die Liste scheint trotz des aufgelegten Sondervermögens für die Verteidigung täglich länger zu werden.

Roderich Kiesewetter zeigt in knappen drei Punkten auf, was sich seiner Meinung nach möglichst kurzfristig bei der Bundeswehr ändern muss:

  • Erstens, die Rüstungsindustrie muss befähigt werden, mehr zu produzieren. Das bedeutet Änderungen in den Arbeitsrichtlinien. Sie muss in der Lage sein, 24/7 und 365 Tage im Jahr zu produzieren.
  • Zweitens müssen die Ausschreibungen, die die Bundesrepublik macht, nicht mehr europäisch sein, sondern vorrangig national, damit die langwierigen Ausschreibeprozeduren wegfallen.
  • Und Drittens muss in der EU das Mindset geändert werden, dass die Rüstungsindustrie zur Sicherheitsvorsorge und zur Nachhaltigkeit zählt, und nicht bestraft wird durch Greening und Taxation.

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Ulrike Franke

Expertin für deutsche und europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

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Ulrike Franke

Expertin für deutsche und europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

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Ulrike Franke

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Ulrike Franke

Expertin für deutsche und europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.