Angst vor Mega-Erdbeben wächst – Experte rät eindringlich: „Zeitpunkt erreicht, Istanbul zu verlassen“
Istanbul wird aktuell von mehreren Erdbebenserien heimgesucht. Viele Menschen sind in Panik. Ein Experte legt nach: Es sei der Moment, Istanbul zu verlassen.
Istanbul – Istanbul erlebte am Mittwoch (23. April) einen schweren Erdstoß mit der Stärke 6,2 – Es folgten bislang gut 300 weitere Nachbeben. Die Erdbebenserie in der türkischen Metropole Istanbul reißt bisher nicht ab. Etliche Menschen haben die Stadt aus Angst vor einem großen Beben verlassen, viele jedoch die Nacht auch im Freien oder in ihren Autos verbracht, darunter viele Familien mit Kindern, wie die dpa berichtet.
Denn Experten wie Seismologen und Geologen sind sich sicher: Das schlimmste kommt erst noch. Wann das der Fall sein könnte, kann niemand sagen – doch die Stärke könnte 7,4 betragen, manche Fachleute rechnen sogar mit einer Magnitude von 7,7. Ein Experte warnt nun eindringlich, die Stadt zu verlassen.
Viele sprangen aus Angst aus Gebäuden – Geologe warnt vor drohendem Mega-Beben
Nach Angaben von Gesundheitsminister Kemal Memisogl auf der Plattform X gab es insgesamt 236 Verletzte – davon 173 in Istanbul, die übrigen in anderen Provinzen. Ihm zufolge wurden 15 Menschen noch in Krankenhäusern behandelt. Manche der Betroffenen hätten sich bei dem Versuch verletzt, sich mit Sprüngen aus Gebäuden in Sicherheit zu bringen. Laut Städtebauminister Murat Kurum (AKP) wurden zwölf Gebäude vorsorglich evakuiert. Das große Desaster blieb bisher aus, doch der Geologe Prof. Dr. Şengör von der Technischen Universität Istanbul ist sicher: Es wird kommen.
Er betonte, dass es zunächst bedenkenlos möglich ist, in Häuser ohne offensichtliche Schäden zurückzukehren. Langfristig gesehen sieht er aber große Gefahren. Denn ein erheblicher Teil der Gebäudesubstanz der Stadt sei gefährdet. Wie das türkische Portal kocaelihurkus.com aus seinem Interview mit dem Journalisten Fatih Altayli aufgreift, erklärte er, dass ein mögliches Erdbeben dieser Art in Istanbul schwere Zerstörungen verursachen könnte und mahnte auch die Behörden, nun unverzüglich radikale Maßnahmen zu ergreifen.
Auch der Katastrophendienst Afad warnte, die Türkei liege in einer der seismisch aktivsten Gegenden der Welt. Mehr als eine Million Gebäude in Istanbul gelten als nicht erdbebensicher. Afad warnt vor dem Betreten gefährdeter Gebäude. „Aufgrund der Nachbeben ist es wahrscheinlich, dass Erdbeben bis zu einer bestimmten Stärke für eine gewisse Zeit auftreten werden“, hieß es.
Experte warnt Einwohner Istanbuls nach Erdbeben eindringlich: „Klügste Lösung, Istanbul zu verlassen“
Über die Frage, was mit Blick auf ein drohendes größeres Erdbeben zu tun sei, sagte Celal Sengör laut dpa, es sei nun „der Zeitpunkt erreicht, Istanbul zu verlassen“. Sengör warnte: „Istanbuls Bodenstruktur, Bevölkerungsdichte und alter Gebäudebestand sind extrem anfällig für ein schweres Erdbeben. Die wissenschaftlichen Daten sind eindeutig. Von nun an ist es die klügste Lösung, Istanbul zu verlassen und sich in sicherere Gebiete zu begeben“.
Auch der bekannte türkische Journalist Ibrahim Haskologlu griff die Äußerungen des Professors auf und veröffentlichte sie auf seinem X-Kanal. Er zitierte ihn dort auch mit den Worten: „Wir haben in 20 Jahren nichts aus dem Erdbeben gelernt. Ich bin hoffnungslos. Nach dem Erdbeben von 99 ist nichts passiert. Wir haben diejenigen, die etwas tun wollten, ins Gefängnis gesteckt.“
Experte nimmt Regierungen in die Pflicht – Und kassiert Spott
Der Geologe erklärte, dass insbesondere die Zentral- und Lokalregierungen ihre Katastrophenschutzpläne aktualisieren sollten und forderte, die gefährdeten Gebäude in der Stadt so schnell wie möglich zu identifizieren und zu evakuieren.
Sengör zog mit dieser Aussage umgehend Kritik von der regierenden AKP auf sich. Ein Chefberater von Präsident Recep Tayyip Erdogan nannte Sengör nach dessen Aussage in einem Beitrag auf X einen „Idioten“
Schon nach den schweren Beben in der Türkei im Februar 2023 äußerte sich Sengör zu einer drohenden Gefahr. Er sah das Düzce-Beben mit einer Stärke von 5,9 als Vorboten eines bevorstehenden schweren Erdbebens am Bosporus. Dem Sender Habertürk sagte er damals, es sei „vielleicht die letzte Chance einer Warnung“. Und empfahl ebenfalls: „Ziehen Sie weg aus dem Zentrum Istanbuls!“ Dieser Warnung verlieh er unter den aktuellen Gegebenheiten noch einmal an Dringlichkeit.
Für viele ist zumindest das temporäre Verlassen der Stadt auch bereits Realität, wie die dpa berichtet. Hotels entlang der türkischen Ägäisküste registrieren dieser Tage einen deutlichen Anstieg der Hotelbuchungen. Flugtickets ab Istanbul in andere Städte der Türkei waren am Abend des Bebens und auch am Tag danach nicht mehr zu erhalten, berichtete eine dpa-Reporterin. Auf den Websites der Fluglinien seien alle Flüge ausgebucht gewesen. (jh mit dpa)