Millionen-Betrug bei Krankenkasse: Rekordschaden durch erfundene Leistungen

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Pflegedienste und Arztpraxen im Visier: Abrechnungsbetrug verursacht Rekordschäden. Die KKH will vermehrt auf KI setzen, um Betrüger aufzuspüren.

Hannover – Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen verursacht erhebliche finanzielle Schäden für die gesetzlichen Krankenkassen und betrifft auch die Versicherten. Die KKH Kaufmännische Krankenkasse plant nach einem Rekordverlust, neue Strategien zu entwickeln.

Abrechnungsbetrug bei Krankenkassen: Rekordschaden für die KKH

Abrechnungsbetrug belastet das deutsche Gesundheitssystem stark und ist schwer zu bekämpfen, da er in vielen Formen auftritt: Pflegekräfte, die nie vor Ort waren, erfundene Kursteilnehmer und Operationen, die nur auf dem Papier existieren. Diese Betrügereien führten im letzten Jahr zu einem Rekordschaden von 5,4 Millionen Euro für die KKH Kaufmännische Krankenkasse, wie die bundesweit tätige Krankenkasse mitteilte. Im Jahr zuvor lag der Schaden bei etwa 3,5 Millionen Euro.

Kaufmännische Krankenkasse (KKH)
Die KKH in Hannover verzeichnete 2024 den bislang höchsten Schaden durch Abrechnungsbetrug. (Archivbild) © Silas Stein/dpa

Der größte finanzielle Verlust entstand durch ambulante Pflegedienste, die über 4,1 Millionen Euro verursachten. Insgesamt gingen 479 neue Hinweise auf potenzielles Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der KKH ein. Die meisten Verdachtsfälle betrafen die ambulante Pflege (270), gefolgt von Physiotherapiepraxen (62) und Arztpraxen (21).

Häufige Betrugsmethoden sind nicht erbrachte Leistungen, unqualifiziertes Personal und fehlende Zulassungen. „Diese illegal erschlichenen Gelder fehlen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Versicherten und können sich daneben auch auf die Höhe der Kassenbeiträge auswirken“, erklärte KKH-Chefermittler Emil Penkov. Hinter diesen Zahlen verbergen sich teilweise lebensgefährliche Situationen, etwa wenn Pflegebedürftige von ungelerntem Personal betreut werden. Auch Apotheken (rund 500.000 Euro Schaden) und Krankenhäuser (rund 365.000 Euro) sind in der Statistik aufgeführt. Mehr als eine halbe Million Euro konnte die KKH zurückgewinnen.

Ermittler bei Aufdeckung der Betrügereien auf Hinweise angewiesen

Die Ermittler sind bei der Aufdeckung von Betrügereien stark auf Hinweise angewiesen, so Penkov in einem früheren NDR-Beitrag. „Das ist der Hauptteil – zum Beispiel kommen Tipps von aktiven oder ehemaligen Mitarbeitenden eines Pflegedienstes oder einer Physiopraxis. Oder von Angehörigen eines pflegebedürftigen Patienten, dass der Pflegedienst nicht korrekt abrechnet.“ Diese Informationen können anonym über Meldeportale der Krankenkassen, E-Mail, Post oder Telefon übermittelt werden. „Solche Hinweise sind für uns natürlich ganz, ganz wichtig, um Verdachtsmomente zu erhärten. Das ist Insider-Wissen“, betonte Penkov gegenüber dem NDR.

Um Betrügereien noch effektiver aufdecken zu können, sieht Penkov die Notwendigkeit für weitere Maßnahmen. Er plädiert für mehr spezialisierte Ermittlungsstellen in allen Bundesländern und den gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). „Wir müssen das Dunkelfeld proaktiv erhellen. KI-Algorithmen können Betrugsstrukturen und Fälle aus dem großen Pool an Abrechnungsdaten aller Kassen herausfiltern und zentral für alle Ermittler bereitstellen“, so Penkov.

Die KKH betreut derzeit etwa 1,5 Millionen Versicherte, verfügt über ein Haushaltsvolumen von rund 8,2 Milliarden Euro und beschäftigt etwa 4.000 Mitarbeiter, womit sie zu den großen gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland zählt. (lma mit dpa)

Auch interessant

Kommentare