Marius lebt in einer Jurte: Bauamt droht ihm mit Räumung – er sucht dringend neuen Platz
Aus Abfall gebaut: Marius Diab lebt seit zehn Jahren in einer Jurte. Seit einem Jahr im Chiemgau, das Bauamt will ihn dort jedoch nicht haben. Verzweifelt sucht er nach einem neuen Platz.
München – Bereits seit zehn Jahren lebt Marius Diab in einer Jurte. „Angefangen hat es mit meinem Konsumstreik“, erklärt Diab im Gespräch mit unserer Redaktion. Vier Jahre lang lebte er von dem, was die Menschen nicht mehr brauchten. Er wollte damit auf die Verschwendung von wertvollen Ressourcen aufmerksam machen. Auch für die Jurte verwendete er lediglich weggeworfenes Material. Damals haben wir den heute 35-Jährigen in seinem Zuhause besucht, er erzählte von seinen Träumen und seiner Einsamkeit.
Marius lebt in einer Jurte in Oberbayern – bald droht ihm Räumung
Vor einem Jahr zog Diab mit seiner Jurte ins Chiemgau, um näher bei seiner vierjährigen Tochter zu sein. Sein Zuhause steht neben einem bewohnten Haus, außerhalb eines Ortes, direkt am Wald. Laut Baurecht darf er dort nicht bleiben, das zuständige Bauamt droht ihm bereits. „Die rechtliche Situation ist im Endeffekt nichts Neues“, sagt er. Da sich die Jurte 250 Meter vom Dorf entfernt befindet, ist sie nicht mehr Teil des Bebauungsplans. „Sie steht im Außenbereich des Dorfes, da darf man nicht bauen.“ Die Jurte gelte zwar als „fliegender Bau“, nach drei Monaten Standzeit braucht aber auch ein solches Konstrukt eine Baugenehmigung.

Das Bauamt macht Diab daher Druck. Bis zum 30. Juni hat er Zeit, umzuziehen. Danach drohen ihm Bußgelder und im schlimmsten Fall die Zwangsräumung. „Ich hab mit drei verschiedenen Mitarbeitern dazu gesprochen, keiner konnte mir überhaupt einen Ort nennen, wo es möglich wäre, die Jurte aufzubauen.“ Denn: Auch wenn Diab einen Platz im „Innenbereich“ fände, müsste sich das gebaute Konstrukt in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, wie man ihm erklärte. „Es darf im Endeffekt also nur so ein Haus gebaut werden, dass denen im Ort gleicht“.
Stellplatz im Chiemgau: Marius fühlt sich alleingelassen
Möglich wäre die Jurte also nur in einem großen Garten oder auf einem leer stehenden Grundstück im Ort. „Ich bin ja nicht der Einzige, dem es so geht. Tausende von Menschen, die aktuell auch schon in Jurten, Wägen oder Tiny-Häusern wohnen, stehen vor dem gleichen rechtlichen Problem.“ Diab wünscht sich daher vom Gesetzgeber, dass sich da was tut. „Das ist ja kein Zustand, vor allem in Zeiten von Wohnungsnot.“
Er gibt die Hoffnung nicht auf, im Chiemgau einen geeigneten Platz zu finden, auch wenn es aktuell nicht danach aussieht, dass er eine legale Lösung findet. Zahlreichen Landwirten aus der Region hat er bereits geschrieben. Folgende Wünsche für den neuen Platz hat der 35-Jährige für sich und seine Tochter, die ein Drittel der Zeit bei ihm verbringt:
- „Einen naturnahen und ruhigen Ort, mit lieben Menschen groß und klein.
- Eine Wasserleitung und allgemein die Nähe zu Infrastruktur, sowie eine Meldeadresse.
- Ich baue gerne Gemüse an und verwirkliche kleine Bauprojekte.
- Wir musizieren und gestalten gerne gemeinsam mit anderen.“
(Übrigens: Unser Bayern-Newsletter informiert Sie täglich über alle wichtigen Geschichten aus Bayern. Jetzt nach einer kurzen Registrierung bei unserem Medien-Login USER.ID anmelden.)
Diab ist von Beruf kletternder Baumpfleger und kümmert sich dabei um den Erhalt und die Verkehrssicherheit der Bäume in Städten und Ortschaften. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass in Bäumen kein Totholz hängt, das plötzlich herunterstürzen kann. Bei ihm in der Jurte leben auch zwei Katzen. Wer von einem geeigneten Platz weiß, kann sich gerne an Diab wenden: marius.diab@riseup.net.