Jobcenter kürzt Bürgergeld wegen fehlendem Bett-Attest: Gericht mit wegweisendem Urteil

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Bürgergeld-Empfängern kann aus verschiedenen Gründen eine Kürzung drohen. In einem Fall hatte das Jobcenter ein weiteres Attest verlangt und nicht erhalten.

Kassel – In Deutschland beziehen etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld, was rund acht Prozent der Bevölkerung ausmacht. Die Empfänger müssen bestimmte Verpflichtungen erfüllen, darunter die Wahrnehmung von Terminen. In einem Fall führte dies zu einer Kürzung der Sozialhilfe.

Jobcenter kann Bürgergeld in einigen Fällen kürzen

Das Sozialgesetzbuch (SGB) legt in Paragraf 59 eine allgemeine Meldepflicht für Leistungsberechtigte fest. Während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II müssen sich diese Personen persönlich beim Jobcenter melden oder an einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung teilnehmen, wenn das Jobcenter dies verlangt. Bei Nichterscheinen wird das Bürgergeld gemäß Paragraf 32 SGB um jeweils zehn Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs gekürzt.

Einer Bürgergeld-Empfängerin wurde die Sozialhilfe gekürzt, weil sie eine Bescheinigung nicht eingereicht hatte. (Symbolbild) © Wolfilser/Imago

Diese Regelung zum Meldeversäumnis greift jedoch nicht, „wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen“ können. Laut gegen-hartz.de genügt es in der Regel, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes vorzulegen. Das Jobcenter kann jedoch zusätzlich eine Wegeunfähigkeits- oder Bettlägerigkeitsbescheinigung fordern, die belegt, dass der Weg zur Behörde unzumutbar war. Der Sozialverband plant aktuell, das Bürgergeld an Erdbeer-Preise anzupassen.

Bürgergeld-Empfängerin wehrt sich gegen Kürzung

Gegen-hartz.de berichtet von einem Fall, in dem das Bürgergeld um zehn Prozent gekürzt wurde, weil die Empfängerin nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hatte. Diese Bescheinigung war zwar fristgerecht, reichte der Behörde jedoch nicht aus. „Wenn Sie an diesem Tag nicht zum Termin erscheinen und dafür keinen wichtigen Grund nachweisen, kürze ich Ihr Arbeitslosengeld II“, lautete gemäß Urteil die Mitteilung an die Bürgergeld-Empfängerin.

Die 38. Kammer stellte jedoch klar, dass eine Bettlägerigkeitsbescheinigung nicht hätte gefordert werden dürfen. Es wurde auf Paragraf 31 SGB verwiesen, der besagt, dass Sanktionen wie Kürzungen nur bei einer konkreten Pflichtverletzung und nach Belehrung über die Folgen erfolgen dürfen. Für Betroffene bedeutet dieses Urteil, dass sie sich bei ähnlichen Problemen darauf berufen können. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte weiterhin eingereicht werden. Auch ein anderes Urteil eines Gerichts könnte eine wegweisende Wirkung für Bürgergeld-Empfänger haben. (rd)

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