36 Cent pro Kilowattstunde - Warum Strom in Deutschland so teuer ist – und wie wir das Problem lösen können

Der Aufbau dieser ist teuer, da es eben nicht nur Windparks und Solaranlagen benötigt, sondern vor allem neue Leitungen und Speicher. Ein Kohle- oder Atomkraftwerk kann theoretisch überall in Deutschland gebaut werden, Windparks produzieren jedoch mehr Strom in der Nordsee, der trotzdem nach Süddeutschland transportiert werden muss. Die hohen Kosten werden bis 2022 teilweise auf Verbraucher über die EEG-Umlage und die Netzentgelte umgelegt. Energieversorger bezahlen sich ihre Investitionen jedoch auch über höhere Strompreise.

3. Das Merit-Order-Prinzip

Der Strom, der bei Ihnen aus der Steckdose kommt, wird in den seltensten Fällen komplett von Ihrem Stromversorger produziert. Dieser muss die Energie auch erst an der Strombörse einkaufen. Doch hier wird Strom aus vielen unterschiedlichen Quellen zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Deswegen gilt hier das sogenannte Merit-Order-Prinzip. Vereinfacht dargestellt funktioniert es so: Alle potenziellen Käufer melden an, wie viel Strom sie zu einem bestimmten Zeitpunkt kaufen möchten. Dann wird der aktuell angebotene Strom preislich aufgeteilt, vom Strom aus den günstigsten bis zu dem aus den teuersten Kraftwerken. Angebot und Nachfrage treffen sich jetzt an irgendeiner Stelle auf der Preiskurve. Der dort angegebene Preis gilt dann für jeglichen Strom, der zu diesem Zeitpunkt verkauft wird. Alle Anbieter, deren Preis darunter lag, dürfen jetzt in aufsteigender Reihenfolge verkaufen.

Das Merit-Order-Prinzip soll grundsätzlich für geringere Strompreise sorgen. Je günstiger ein Anbieter seinen Strom anbieten kann, desto höher ist für ihn die Marge zum Merit-Order-Preis und desto höher ist sein Gewinn. Weil Strom aus Solar- und Windkraft fast immer am günstigsten ist, ist das sogar noch ein zusätzlicher Anreiz für erneuerbare Energien.

Doch seit 2022 gibt es ein großes Problem: Im Merit-Order-Preis ist auch immer noch Strom aus Gaskraftwerken enthalten, da es derzeit ohne diese noch nicht geht. Weil die Gaspreise aber so stark in Folge des Ukraine-Krieges gestiegen sind, bestimmen sie seitdem auch den Strompreis, egal wie viel eigentlich günstigerer Ökostrom ins Netz eingespeist wird. Zwar kostet Erdgas heute nur noch rund 24 Euro pro Megawattstunde, was weit unter den Spitzenwerten von vor anderthalb Jahren (mehr als 300 Euro) liegt. Es ist aber immer noch rund doppelt so teuer wie in den 2010er Jahren.

4. Der Co2-Preis

Energieversorger müssen bereits seit 2013 Zertifikate zu einem immer weiter steigenden Preis aufkaufen, damit sie CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung ausstoßen dürfen. Die Kosten dafür werden auf den Strompreis umgelegt. Paradoxerweise verteuert das auch Ökostrom, für den keine Zertifikate notwendig sind. Die Logik dahinter: Anbieter A bietet seinen Kohle- oder Gasstrom mit CO2-Preis für Endkunden an. Anbieter B spart bei seinem Ökostrom den CO2-Preis und kann seinen Strom deswegen viel günstiger anbieten. Aber warum eine große Lücke lassen? Anbieter B muss schließlich nur ein bisschen günstiger sein als Anbieter A, um mehr Kunden zu gewinnen. Er kann seine Marge also ohne Probleme erhöhen.

Der CO2-Preis ist Anfang Januar erst von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2 gestiegen und wird bis 2026 weiter steigen. Dann startet ein offener Markt für die Zertifikate, wobei ihre Anzahl immer geringer werden wird. Emissionsrechte werden also zwangsläufig immer weiter im Preis steigen.

Wie lösen wir das Problem?

Viele der genannten Probleme könnten mit einem schnelleren Ausbau von erneuerbaren Energien, dem Stromnetz und den Speichermöglichkeiten gelöst werden. Je schneller der Ausbau erfolgt, desto schneller können Abgaben wie die Netzentgelte und die verschiedenen Umlagen wieder gesenkt werden. Ein höherer Anteil an Ökostrom im deutschen Strommix würde den Preis positiv beeinflussen und die Konkurrenz unter den Anbietern so stark erhöhen, dass sie im Kampf um Kunden ihre Margen senken müssen.

Zwar hat die Bundesregierung das Tempo zuletzt tatsächlich erhöht – so wurden die Ausbauziele für Solarstrom im Jahr 2023 weit übertroffen – aber das reicht noch nicht aus. Beim Ausbau der Windenergie wurden die Ziele sowohl an Land als auch auf See deutlich verfehlt. Schuld sind hier vor allem die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, in denen die Ausbauziele bisher am deutlichsten verfehlt wurden. Allerdings mangelt es auch auf See an vielen geplanten Windparks.

Ebenso kommt der Netzausbau kaum voran. Wichtige Stromautobahnen von Norden nach Süden können kaum weitergebaut werden, weil Länder und Kommunen den Ausbau durch ihr Gebiet bremsen. Zuletzt stritten sich beispielsweise Bayern und Thüringen über eine kurze Stromtrasse, die durch beide Länder führen würde.

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