Bürgergeld-Eklat: Jobcenter schaffen fremdsprachige Broschüren ab – „Peinlich unglaubhafte Begründung“
Die Arbeitsagentur will Informationen über das Bürgergeld nicht mehr in Fremdsprachen anbieten. Die Reaktionen sind harsch. Ist es ein Einknicken vor Rechts?
Berlin – Das Bürgergeld polarisiert seit seiner Einführung durch die Ampel. Viele halten es für zu hoch, um Menschen Arbeitsanreize zu geben. Andere argumentieren, Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher werden zu Unrecht als Sozialschmarotzer diffamiert. Verantwortlich für die Auszahlung an Hilfsbedürftige ist die Bundesagentur für Arbeit (BA). Diese hat Broschüren für die Beantragung bisher auch in Fremdsprachen zur Verfügung gestellt. Doch das soll nun ein Ende haben, die Arbeitsagentur kündigte an, Merkblätter zum Bürgergeld künftig nur noch auf Deutsch anbieten zu wollen. Eine weitreichende Entscheidung, schließlich sind knapp die Hälfte der Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher Menschen ohne deutschen Pass.
Linke wirft Arbeitsagentur wegen Bürgergeld-Entscheidung Einknicken vor Rechtspopulisten vor
Der Schritt der BA löste eine hitzige Debatte aus. Andrea Nahles‘ Behörde begründete den Schritt gegenüber der Welt mit einer pragmatischen Entscheidung. „Die Downloads der fremdsprachigen Merkblätter zum Bürgergeld waren zuletzt relativ gering, der Pflegeaufwand bei Aktualisierungen aber hoch. Da mittlerweile zudem fast alle Browser eine Übersetzungsmöglichkeit integriert haben, ist die Entscheidung gefallen, bei den nächsten wesentlichen Änderungen die Merkblätter nicht mehr in anderen Sprachen zur Verfügung zu stellen“, hieß es von der BA.

Für die Linke ist diese Begründung nicht akzeptabel. „Es ist doch eine peinlich unglaubhafte Begründung, dass PDFs in verschiedenen Sprachen die Bundesagentur für Arbeit überfordern würden. Das ist offensichtlich vorgeschoben, um Rechtspopulisten in vorauseilendem Gehorsam das Feld zu räumen“, sagt Bundesgeschäftsführer der Linken, Janis Ehling, gegenüber der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. Ehling weiter: „Man darf nicht vergessen: Es geht um Menschen, die einen Rechtsanspruch haben, die dafür aber auch rechtssichere Informationen benötigen. Das kann kein Auto-Übersetzer liefern, und dafür reicht auch das Sprachverständnis von Menschen, die Deutsch als Zweitsprache lernen, oft nicht aus.“
AfD kritisierte Arbeitsagentur schon vor Bekanntgabe der Bürgergeld-Entscheidung
Der Linken-Geschäftsführer bemängelt, dass die bürokratischen Formulierungen der Bundesagentur für Arbeit selbst für deutsche Muttersprachlerinnen und Muttersprachler oft überfordernd seien. „Unsere Sozial-Bürokraten sollten sich lieber Gedanken machen, wie sie die Verständlichkeit ihrer Anforderungen verbessern, statt sie zu verschlechtern“, so Ehling.

Zuvor wurde Kritik von der AfD laut, die der Arbeitsagentur mit den mehrsprachigen Merkblättern und Broschüren „Bürgergeld-Werbung“ vorwarf. Etliche Politikerinnen und Politiker der Rechtsaußenpartei stürzten sich in den sozialen Netzwerken auf die fremdsprachigen Merkblätter. AfD-Politiker René Springer aus dem Ausschuss für Arbeit und Soziales wetterte auf X über die BA und die Broschüren – einen Tag, bevor die Arbeitsagentur ihre Entscheidung zu den künftig nur noch auf Deutsch verfügbaren Merkblättern bekannt gab.