In der Champions League

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Am Keyboard: Thomas Wohlschläger spielt mit seiner Band im Hackerzelt, dem „Himmel der Bayern“. © Privat

Auf der Wiesn zu spielen, ist der Traum eines jeden Unterhaltungsmusikers. Ein Duo aus Holzkirchen und ein Otterfinger haben es geschafft: Sie bringen auch heuer wieder die Stimmung im Festzelt zum Kochen – manchmal mit Hilfe von Tee.

Wenn Thomas Wohlschläger seine Band Beyoncés „Crazy In Love“ spielen lässt, hat der Abend im „Himmel der Bayern“ seinen Höhepunkt erreicht. 7000 Bierselige stehen auf den Bänken des Hackerzeltes und singen mit. Vielleicht setzt der Otterfinger noch einen drauf – und lässt seine Musiker zu Katy Perrys „Hot N Cold“ schuhplatteln. „Die Dosierung muss man im Gespür haben“, sagt der 59-Jährige. „Mit der richtigen Musik zum richtigen Zeitpunkt hat man das ganze Zelt in der Hand.“

Seit mehr als 30 Jahren spielt der Keyboarder, Akkordeonist, Sänger und Bandleader im Hackerzelt auf dem Münchner Oktoberfest. Seine Band heißt „Die Kirchdorfer“, weil sie 1870 von Dorfmusikanten in Kirchdorf im Kreis Rosenheim gegründet wurde. Heute stammen ihre Mitglieder aus dem gesamten Großraum München. Bekannt sind sie für den sogenannten Happy Sound – Stimmungsmusik, die gute Laune macht und partytauglich ist.

Weltweite Auftritte

Zehn bis zwölf Mal im Jahr reisen die Kirchdorfer ins Ausland. Sie spielen auf Oktober- und Bierfesten in Dubai, Japan, China und Chile, um nur ein paar der 22 Länder zu nennen, in denen die Band schon aufgetreten ist. Außerdem beim Starkbierfest auf dem Münchner Nockherberg – und auf dem Holzkirchner Frühlingsfest. „Meine Affinität zum Oktoberfest hat sich früh entwickelt“, erzählt Wohlschläger. Als kleiner Bub habe er seinen Vater oft ins Hackerzelt begleitet, wo dieser als Posaunist engagiert war. Die Ära der Wiesn-Hits habe erst in den 80er-Jahren mit der S.T.S.-Hymne „Fürstenfeld“ und Opus‘ „Live Is Life“ begonnen. „Das hat mich inspiriert.“

Trotzdem studierte Wohlschläger zunächst Jura und arbeitete anschließend in der Wirtschaft. Erst seit 2008 ist er hauptberuflicher Musiker und Musikmanager. Viele seiner Bandkollegen sind Profis, die – wenn sie nicht mit den Kirchdorfern auftreten – in anderen Formationen spielen oder Instrumentalunterricht erteilen.

„In unserer Branche, der Unterhaltungsmusik, ist das Oktoberfest die Champions League“, sagt Wohlschläger. Jedes Jahr bewerben sich zahlreiche Bands bei den Festwirten. Meist scheitert es nicht am musikalischen Können. „Man braucht eine gute Struktur hinter den Kulissen“, erklärt der Otterfinger. Seine insgesamt 45 Musiker spielen im Rotationsprinzip auf 21 Positionen –immer live. Vor allem die Sängerinnen brauchen nach zwei Tagen eine Pause. „Sonst wird die Belastung für die Stimme zu groß.“

Virtuos: Das Holzkirchner Vater-Tochter-Gespann „Larisa und Klaus“ spielt im Schichtl, einem der ältesten Schaustellerbetriebe auf dem Münchner Oktoberfest.
Virtuos: Das Holzkirchner Vater-Tochter-Gespann „Larisa und Klaus“ spielt im Schichtl, einem der ältesten Schaustellerbetriebe auf dem Münchner Oktoberfest. © Privat

Wohlschläger entscheidet die Reihenfolge der Titel spontan. Das macht er von der Atmosphäre im Zelt abhängig. Über digitale Bildschirme zeigt er seinen Musikern an, welcher Titel dran ist – eine akustische Verständigung funktioniert nicht in einem Zelt, das mehr als fünf Mal so viele Plätze hat wie die Dresdner Semperoper.

Das Repertoire der Kirchdorfer entwickelt sich laufend weiter – abhängig von den Charts und dem, was am Ballermann und beim Après-Ski zündet. Wohlschläger schickt neue Titel an einen Arrangeur, der sie der Instrumental-Besetzung der Kirchdorfer anpasst. Schließlich macht es einen Unterschied, ob Coldplay „Viva la Vida“ intonieren oder eine Bigband. Die Noten kommen dann zusammen mit exemplarischen Aufnahmen in die Cloud, wo sie die Bandmitglieder abrufen. Nur zwei gemeinsame Proben finden vor der Wiesn statt. „Da müssen alle vorbereitet kommen, denn wir verfeinern dann nur noch.“

Holzkirchner Duo

Überschaubarer – aber nicht weniger mondän – ist der Rahmen, in dem Klaus Bacher (61) und seine Tochter Larisa (35) auftreten. Das international gefragte Duo aus Holzkirchen ist seit 2013 Hausband im rund 400 Plätze zählenden Wirtshaus im Schichtl, einem 150 Jahre alten Schaustellerbetrieb. „Wir genießen es sehr, in einem Zelt mit so langer Tradition aufzutreten“, sagt der Hartpenninger, der gerade erst von Auftritten auf Firmen-Events in der Schweiz und Österreich zurückgekehrt ist.

16 Tage lang halten der Akkordeonist, Posaunist und Sänger sowie die Geigen-Virtuosin, Sängerin und Perkussionistin ihr Publikum im Schichtl mit Austro-Pop, Italo-Schlagern und Klassikern wie „Sweet Caroline“ bei Laune. Mehr als 1000 Stücke haben sie im Repertoire, darunter auch Oimaras „Wackelkontakt“ und „Bella Napoli“ von Roy Bianco und den Abbrunzati Boys. Vor allem letzteres habe „großes Hitpotenzial“, prognostiziert Bacher mit Blick auf den Wiesnhit 2025. „Ein Hit braucht Zeit, um sich aufzubauen.“

Stimmbänder-Schutz

„Larisa und Klaus“ beginnen ihre Schicht im Schichtl zur Mittagszeit. „Ab 15 Uhr kann man die Party-Hits raushauen“, erklärt Bacher, der bereits in den 70er-Jahren mit der Blaskapelle Hartpenning im Hackerzelt spielte. „Weil ich schon so lange im Geschäft bin, kann ich das Publikum gut lesen.“ Das sei wichtig, damit die Stimmung nicht ausarte. Überdreht das Publikum, erdet er es beispielsweise mit „Ohne Dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“.

Auch wenn die beiden um 18 Uhr an eine andere Band übergeben: „Man muss mit seinen Kräften haushalten“, sagt Bacher. Vor allem wegen der Stimmbänder. Das größte Problem für einen Wiesn-Musiker sei Heiserkeit. „Dann kann man die Party-Kracher nicht mehr performen.“ Zwar fehlte er in 40 Jahren auf der Wiesn nicht einmal krankheitsbedingt – heiser wurde er aber schon. Er behilft sich dann mit „Skandal im Sperrbezirk“ von der Spider Murphy Gang. „Das muss ich nicht singen, das singt das Publikum schon allein.“ Außerdem trinkt er aus einem Steinkrug. „Da sieht man nicht, was drin ist. Das kann auch mal ein Tee sein.“

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