Situation bei Kita-Plätzen dramatisch - Ein Vorschlag könnte Not lindern

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Glück gehabt: Diese Kinder haben einen Platz in einer Kindertagesstätte erhalten. © Bernd Thissen/dpa

Schon heute gibt es viel zu wenige Erzieherinnen, und der Bedarf in Kitas wird noch deutlich steigen. Längst sind wegen Personalmangels reduzierte Öffnungszeiten an der Tagesordnung. Besserung ist nicht in Sicht. Ein Vorschlag der Murnauer Grünen-Gemeinderätin Veronika Jones-Gilch könnte etwas Abhilfe schaffen.

Murnau – Zu wenig Personal, zu wenig Geld, Probleme wohin sie schaut: Veronika Jones-Gilch wird seit Jahren nicht müde, darauf hinzuweisen, was in Sachen Kinderbetreuung schiefläuft – im Staate Deutschland und ganz besonders im Markt Murnau. Als sich in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag die meisten ihrer Kollegen schon auf den nicht öffentlichen Teil vorbereiteten, sah sich die Co-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen veranlasst, unter dem Punkt „Anfragen“ ein Problem anzusprechen, das besorgte Eltern an sie herangetragen hatten. „Die Kindergartensituation ist dramatischer denn je“, sagte Jones-Gilch. „Die Probleme werden immer massiver.“

Die vorhandenen Betreuungsplätze halten mit dem Bedarf nicht Schritt. Eine Kindergartenleitung habe sie angesprochen und auf die wachsende Diskrepanz hingewiesen, die wohl in allen Einrichtungen massiv ist. „Vieles deutet darauf hin, dass zahlreiche vier- bis fünfjährige Kinder nicht aufgenommen werden können“, tat Jones-Gilch kund. Wenn es so passiert, befürchtet sie, bestehe die Gefahr, dass viele Kinder, ehe sie in die Schule kommen, nicht die Vorzüge eines Kindergartens genossen haben. Bei ihr macht sich Frust breit, sie sei nicht mehr „so leidenschaftlich“, weil sie immer gebetsmühlenhaft Hinweise liefert, es sich aber nichts ändert. Die Rathausverwaltung kennt die Schwierigkeiten, die sie anspricht. Nina Herweck-Bockhorni, stellvertretende Geschäftsleiterin, teilte mit, dass geplant ist, in der April-Sitzung des Gemeinderats die aktuelle Lage und Zahlen darzulegen.

Zu wenig Erzieherinnen, zu wenig Plätze

Jones-Gilch befürchtet, dass dann das gesamte Ausmaß deutlich wird. Murnau verfügt – wie die meisten Kommunen in der Bundesrepublik – über zu wenig Erzieherinnen und damit über zu wenig Plätze. „In den vergangenen Jahren sind Gruppen weggebrochen und keine neuen hinzugekommen.“ Explizit nennt sie die Kindertagesstätte St. Nikolaus. Dort mussten die Gruppen vor gar nicht langer Zeit von fünf auf nur noch zwei reduziert werden, weil Personal zahlreich von der Fahne ging. Ob die Diözese Augsburg, die über die St.-Simpert-Stiftung die Kindertagesstätte verwaltet, in der Lage ist, bis zum Sommer 2025 Personal für acht Gruppen zu akquirieren, die im Kinderhaus, das gerade für zehn Millionen Euro gebaut wird, entstehen sollen, daran hegt Jones-Gilch große Zweifel. Sie hat schon häufiger dafür plädiert, die Gemeinde solle sich nach einem anderen Betreiber umsehen, da ihr Vertrauen in die Diözese im Verlauf der vergangenen Jahre geschrumpft ist. „Man sollte an die Sache völlig tabulos herangehen“, meint sie. „Wir brauchen einen verlässlichen Partner.“ Die Verbindung zu kappen – wohl schwierig. Immerhin baut die Gemeinde auf einem Grundstück, das der Kirche gehört. Damit dürfte die Beziehung zementiert sein.

Weiter verschärfen könnte sich die Situation auf dem Feld der Kinderbetreuung ab 2026, weil ab diesem Zeitpunkt noch der massive Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder dazukommt. „Das lässt sich nur mit mehr Personal lösen“, sagt Jones-Gilch. Zwar hat der Markt Murnau schon Maßnahmen ergriffen und bietet Ausbildungsplätze für Erzieherinnen an, doch bis diese wirken, ziehen noch Jahre ins Land. Da ist jede gute Idee herzlich willkommen. An denen mangelt es bei Jones-Gilch nicht. Ein Gamechanger, ein Punkt, der die Sache Kinderbetreuung radikal unterstützen könnte: Jones-Gilch will versuchen, bei der Schaffung von Plätzen Unternehmen und Betriebe mit ins Boot zu holen. Damit ließen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Betriebe könnten bei der Suche nach Arbeitskräften damit werben, dass sie in der Lage sind, Betreuungsplätze für die Kinder der neuen Mitarbeiter anzubieten, oder es Eltern ermöglichen, schneller aus der Elternzeit in die Firma zurückzukehren.

Bundeswehr kauft Plätze

Ein Konzept, das es teilweise schon gibt. „Die Bundeswehr hat bei uns Plätze gekauft“, sagte Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP/Bürgerforum) in der Sitzung des Hauptverwaltungsausschusses, wo der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen besprochen wurde. Jones-Gilch wies explizit darauf hin, dass es nur darum gehe, neue Plätze zu schaffen, die Kosten müssen die Betriebe tragen. Dr. Michael Rapp (CSU) fürchtet, dass Mädchen oder Buben, die in der Region wohnen, deren Eltern aber bei einem Murnauer Unternehmen arbeiten, einem Murnauer Kind den Platz wegnehmen. Die Kommunalpolitiker gaben der Verwaltung den Auftrag festzustellen, ob hiesige Firmen grundsätzlich bereits sind, sich zu beteiligen. Die Wirtschaftsförderin kann diese Aufgabe nicht übernehmen. Beuting zufolge verfügt sie über keine Kapazitäten mehr. „Wir benötigen neue Ideen“, erklärt Jones-Gilch. Grundsätzlich müssten Bund und Länder bei der Lösung der Probleme stärker zusammenarbeiten, sagt sie. Wenn Bayern nicht zu Potte komme, „dann braucht es eine Reaktion von uns als Kommune“.

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