Trumps Migrationskurs stürzt US-Wirtschaft ins Verderben: Mitarbeiter erscheinen nicht mehr zur Arbeit

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In den USA werden illegale Einwanderer mittlerweile überall abgeholt und abgeschoben. Für US-Unternehmen ist Trumps Kurs ein Problem.

Washington – In den USA bereiten sich mittlerweile viele Unternehmen auf unangekündigte Razzien auf Geschäftsstellen durch Einwanderungsbehörden vor. Nachdem ICE-Beamte angefangen haben, illegale Einwanderer von ihren Arbeitsstellen abzuholen, genauso wie Tagelöhner, die vor Geschäften wie Home Depot oder 7-Eleven auf einen Job warten, sind Unternehmen angespannt. Wie die New York Times (NYT) in dieser Woche berichtet, haben Firmen nun Richtlinien erschaffen, wie sie in diesen Situationen reagieren können.

US-Wirtschaft auf Einwanderer angewiesen: Aus Angst vor ICE kommen viele nicht mehr zur Arbeit

Besonders betroffen sind die Branchen wie die Bauwirtschaft, die Landwirtschaft, die Gesundheitsversorgung und die Gastro- und Hotelbranche. In diesen Sektoren wird sehr viel auf Einwanderer gesetzt – und wenn diese Arbeiter nun fehlen sollten, droht das die US-Wirtschaft zu destabilisieren. Ein Sprecher einer Gewerkschaft für die Baubranche, die Associated General Contractors of America, hat der NYT mitgeteilt, dass sie ihren Mitgliedern vor möglichen Razzien auf Baustellen warnen.

Der US-Zeitung zufolge wird Unternehmen in den USA geraten, sich erstmal ein Bild von der Zahl der Mitarbeiter ohne Papiere in ihrem Betrieb zu machen. Anwälte empfehlen Firmen, Listen anzufertigen von allen Mitarbeitern und, sollte es zu Razzien kommen, auch das zu notieren, was Beamte mitnehmen. Zudem gebe es eine steigende Zahl an Arbeitern mit südamerikanischen Wurzeln, die aus Angst nicht mehr zur Arbeit kommen. Das erzählte ein Mann in Los Angeles auch der Deutschen Presseagentur: „Die Leute gehen nicht aus dem Haus. Sie gehen nicht zur Arbeit, weil es immer noch ein angespanntes Gebiet ist.“

Proteste in Los Angeles: Demonstranten und Polizei geraten aneinander.
Proteste in Los Angeles: Demonstranten und Polizei geraten aneinander. © IMAGO/Tayfun Coskun

Einem Bericht von USA Today zufolge machen Migranten in den USA 28 Prozent der Arbeitskräfte in Gesundheitsberufen aus, 44 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe und 40 Prozent in der Baubranche. Nicht alle dieser Personen sind ohne Papiere, doch es gibt wohl gut elf Millionen Einwanderer ohne gültigen Aufenthaltsstatus in den USA. Und all jene, die einer Arbeit nachgehen (die Mehrheit), zahlen auch Steuern.

Latinos und Hispancis vor Abschiebungen in den USA bedroht: Konsum geht zurück

Es sind aber nicht nur die fehlenden Arbeitskräfte, die der US-Wirtschaft zusetzen. Die Latinos sind auch Kunden, die nun fehlen. Gegenüber NTV sagt Handelsexperte Jörg Funder: „Aus Angst vor Deportation, Repressalien und steigenden Preisen beschränken diese Bevölkerungsgruppen ihre Ausgaben“. Es gebe Unternehmen, die schon jetzt von Umsatzeinbrüchen von 50 Prozent berichten. „Auch Großkonzerne, die Produkte herstellen, die sich bei Hispanics und Latinos großer Beliebtheit erfreuen, haben ihre Absatzprognosen deutlich nach unten korrigiert.“

Angeblich hat sogar Donald Trump nun gemerkt, dass sein Kurs bei der Migration der US-Wirtschaft massiv schaden könnte. Trumps Regierung habe ihren Schwerpunkt in der Kampagne für Massenabschiebungen abrupt verlagert, schreibt die New York Times unter Berufung auf namentlich ungenannte US-Beamte und eine interne E-Mail. Beamte der Einwanderungsbehörde ICE seien angewiesen worden, Razzien und Festnahmen in Landwirtschaftsbetrieben, Hotels und Restaurants weitgehend auszusetzen. Das Heimatschutzministerium bestätigte die neue Anweisung. ICE steht für Intercontinental Currency Exchange.

Am Donnerstag (12. Juni) schlug der Präsident dann überraschend selbstkritische Worte an. „Unsere großartigen Landwirte und Menschen im Hotel- und Freizeitsektor haben erklärt, dass unsere sehr aggressive Einwanderungspolitik ihnen sehr gute, langjährige Arbeitskräfte wegnimmt“, schrieb Trump auf der Online-Plattform Truth Social. Sie seien keine Bürger, hätten sich aber als „großartig“ erwiesen, führte er vor Journalisten aus. Man könne den Landwirten nicht deren Arbeitskräfte nehmen und sie zurückschicken, nur weil ihnen etwas fehle, was sie möglicherweise haben sollten – sprich: Papiere.

Populisten richten immer wirtschaftlichen Schaden an: Das zeigt die Geschichte

Dass Trump seiner heimischen Wirtschaft so sehr schadet, ist vielen Ökonomen keine Überraschung. Denn wie eine große Studie des Wirtschaftsinstituts IfW in Kiel festgestellt hat, richten Populisten nahezu immer großen Schaden an. Die Ökonomen haben die wirtschaftlichen Folgen von Populisten auf den von ihnen regierten Länder über einen Zeitraum von über 100 Jahren verglichen. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Schon wenige Jahre nachdem sie in die Regierung eingetreten sind, sind die negativen Folgen messbar. Nach 15 Jahren liegt das reale Bruttoinlandsprodukt eines Landes sogar ganze 10 Prozent niedriger. Diese starken Auswirkungen sind ähnlich, ob nun Rechts- oder Linkspopulisten an der Macht sind“, so das IfW.

Das zentrale Versprechen der Populisten, ihren Bürgerinnen und Bürgern ein besseres Leben zu ermöglichen („Make America Great Again“), werde nie eingelöst. „Im Gegenteil, die Daten zeigen, dass nicht nur Wachstum und Konsum sinken, sondern auch, dass die Ungleichheit eher ansteigt. Besonders bei rechtspopulistischen Regierungen geht die Schere zwischen Arm und Reich auseinander, da untere und mittlere Einkommensschichten besonders stark verlieren.“

Noch dazu kommen im Falle von Trump die Zölle, die er gegen die ganze Welt einsetzt. Im ersten Quartal des Jahres haben die Zölle gegen Kanada, Mexiko und China einen Einbruch der US-Wirtschaft zur Folge gehabt: Das Wachstum schrumpfte auf 0,3 Prozent, nachdem im Vorquartal noch ein starkes Wachstum von über 2 Prozent verzeichnet wurde.

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