Anklage lautet auf Mord: Ukrainerin soll 54-jährigen Dachauer erstochen haben
Es geht um Mord: Ukrainerin soll 54-jährigen Dachauer erstochen haben
Eine 52-jährige Geflüchtete ist seit Donnerstag wegen Mordes vor dem Landgericht angeklagt. Sie soll vor einem Jahr ihren 54-jährigen Bekannten in Dachau erstochen haben.
Dachau/München – Die Staatsanwaltschaft hat wegen Totschlags angeklagt. Seit Beginn der Verhandlung am Münchner Landgericht steht jedoch fest: Es geht um Mord. Die angeklagte Ukrainerin soll sich in der Wohnung eines 54-jährigen Bekannten in Dachau eingenistet, ihn tyrannisiert und erstochen haben, weil er sie rauswerfen wollte. So wie sich die 52-Jährige vor Gericht verhält, drängt sich die Frage auf: Ist sie schuldfähig?
Nicht größer als 1,60 Meter kauert die Ukrainerin am Donnerstagvormittag auf der Anklagebank. Schüchtern streift sie die Kapuze ab und zieht den Schal aus ihrem Gesicht, nachdem ihr der Vorsitzende Richter Thomas Bott versichert hat, dass Fotografieren während der Verhandlung verboten ist. Mit geröteten Wangen und weinerlicher Stimme erzählt sie über Hunde, Katzen und Reserveschlüssel. „Sie erzählen uns ausführlichst Nebensächlichkeiten. Kommen’s halt auf den Punkt!“, ermahnt sie Bott. Beeindrucken lässt sie sich davon nicht: Nach fast fünf Stunden bricht der Richter die Vernehmung ab.

Die 52-Jährige gab an, den Getöteten schon lange zu kennen. Nach Beginn des Ukrainekrieges sei sie nach Deutschland geflohen: zunächst zu ihrer Schwester in den Schwarzwald, später nach Dachau. „Aus Hilfsbereitschaft und Mitleid“ habe sie der Dachauer aufgenommen, steht in der Anklage. Es sei vereinbart gewesen, dass sie „für einige Tage, maximal wenige Wochen“ unterkommen könne. Tatsächlich habe sich die Angeklagte jedoch bald zur „Hausherrin“ aufgespielt und ihren Bekannten „terrorisiert“. Sie soll den 54-Jährigen geschubst, gekratzt und geohrfeigt haben. Aus Angst vor seiner Mitbewohnerin soll er gelegentlich sogar bei seiner geschiedenen Frau übernachtet haben.
Die Angeklagte bestreitet, dass es „ständig Streit“ gegeben habe. Vielmehr sei ihr Verhältnis intakt gewesen, der 54-Jährige habe es nur geheim halten wollen. Er habe nämlich befürchtet, dass ihm seine Ex-Frau ansonsten die Kinder entzieht.
In der Nacht auf den 5. Februar vergangenen Jahres eskaliert die Situation: Mit seinem Sohn und seiner Ex-Frau will er die Ukrainerin zur Rede stellen. Ebenfalls dabei ist der jetzige Mann der Ex-Frau, den die 52-Jährige laut Anklage in der Küche der Wohnung angreift. Sie habe den Mann nicht gekannt, verteidigt sie sich. In der Hand habe er einen Gegenstand gehalten. Obwohl sie schlecht sieht und das Licht sie geblendet habe, habe sie eine „glänzende Klinge“ erkannt und sei sich sicher gewesen, dass es ein Messer war.
In der Anklage ist davon nichts zu lesen. Stattdessen soll die Ukrainerin nach einem Küchenmesser gegriffen und damit auf ihren Bekannten eingestochen haben, der sich zwischen sie und den Mann der Ex-Frau gestellt hat. Dass sie mit einem Messer „Kreise gemacht“ hat, räumt die Angeklagte ein. Als sie dann jedoch behauptet, niemanden getroffen zu haben, reagiert Richter Bott ungehalten: Dass man Stiche wie die, die zu den festgestellten Verletzungen führen, nicht bemerkt, sei nicht denkbar. Auch den Todeskampf ihres Bekannten und dessen Hilfeschreie will die Ukrainerin nicht mitbekommen haben. „Ich frag’ mich grad, ob Sie mir hier einen Schmarrn erzählen“, kommentiert Bott.
Der Dachauer stirbt an den Folgen der Stiche in seine Brust. Besonders tragisch: Zwei Tage zuvor hat er sich mit einer anderen Frau verlobt. Mehrfach hat die Angeklagte betont, dass sie große Angst habe, vom russischen Militär entdeckt zu werden. Auch den am Tatort eintreffenden Polizisten soll sie „Russian military“ entgegen gerufen haben. Das Urteil ist für Ende Februar geplant.