US-Wahl: „Die Republikaner können mit einem versöhnlichen Trump wenig anfangen“
Donald Trump gelingt es beim Parteitag nicht, den Staatsmann zu geben. Der einzige SPD-Abgeordnete vor Ort sagt: „Das Publikum hat sich den aggressiven Trump gewünscht.“
Berlin – Von wegen Versöhnung. Das haben zahlreiche Beobachter nach der Rede von Donald Trump beim Parteikonvent der Republikaner gedacht. Einige hatten zuvor geglaubt, dass Trump es womöglich schafft, nach dem Attentat irgendwie staatsmännisch zu wirken. Trump selbst hatte nach den Schüssen auf seine Person versprochen, er werde sich bei dieser Rede neu präsentieren und von „nationaler Versöhnung“ sprechen.
Das ist Trump nicht gelungen. Zu dieser Überzeugung gelangt Metin Hakverdi noch während der Parteitagsrede. „Trump hat sich große Mühe gegeben, möglichst versöhnlich aufzutreten“, erzählt der SPD-Abgeordnete im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Der frühere US-Präsident, der eine Rückkehr ins Weiße Haus anstrebt, habe es aber nicht geschafft, diesen Stil durchzuhalten. „Die Republikaner auf der Convention konnten mit dem versöhnlichen Trump wenig anfangen“, sagt Hakverdi. Immer wieder habe der Kandidat auf Sprechchöre im Saal reagiert. „Das Publikum hat sich den aggressiven Trump gewünscht.“
Trump spricht vor der US-Wahl von der „Gnade des Allmächtigen“
Der SPD-Politiker Hakverdi war vor dem Auftritt vom Kongress in Milwaukee nach Atlanta geflogen, um die Rede mit Demokraten zu verfolgen. Vorher hatte er sich als einziger SPD-Abgeordneter vor Ort ein Bild gemacht. Nun trat Trump das erste Mal seit dem Attentat auf offener Parteitagsbühne auf, sein rechtes Ohr war mit einem Pflaster überklebt. Trump erzählte von dem zunächst „wunderschönen Abend“ in Butler County, Pennsylvania, der jäh mit den Schüssen endete. „Er hat lange über diese Sache gesprochen“, sagt Hakverdi. Gegipfelt sei dies in diesen Sätzen: „Ich sollte heute Abend eigentlich gar nicht hier stehen. Ich stehe hier nur dank der Gnade des Allmächtigen.“

Eigentlich hatte sich Trump vorgenommen, seine politischen Gegner „nicht zu verteufeln“ – dann lästerte er doch wie gewohnt über „die verrückte Nancy Pelosi“, die Grande Dame der US-Demokraten, die angeblich „das Land zerstört“. Mehrfach hat Trump in seiner Rede über US-Präsidenten Joe Biden gesprochen – jedoch fast durchgehend als den Mann, „dessen Namen ich hier nicht erwähne“. Biden hat aus Trumps Sicht „unverzeihliche Fehler gemacht“. Was vor so einer Rede geplant ist und was spontan heraussprudelt, ist gerade bei Trump schwer zu sagen. „Man konnte aber den Eindruck gewinnen, dass er sich nicht mehr im Griff hatte“, findet Hakverdi. „Auch die Reaktionen aus dem Publikum passten nicht zur Parteitagsregie.“
Trump fällt in alte Muster und schimpft über eine „parteiische Hexenjagd“
Zu den zentralen Botschaften der Rede gehören jene, die man vom rechten Populisten Trump schon häufiger gehört hat: „America first“, selbstverständlich: Im Fall eines Wahlsieges wolle er „nicht zulassen, dass andere Länder in die USA kommen und unser Land ausplündern“. In der Autoindustrie wolle er „jeden einzelnen Job zurückholen – jeden einzelnen“. Er sprach von den Strafverfahren gegen ihn als „parteiische Hexenjagd“ und „totally fake“.
Trump wird es nach dieser Rede kaum schaffen, sich bis zur US-Wahl glaubhaft als Versöhner zu zeigen. „Es wird keinen neuen Trump geben“, prophezeit Hakverdi. „Darauf setzen die Demokraten.“
Der US-Bundesstaat Georgia geört zu den sogenannten Swing States, die am Ende über diese Wahl entscheiden werden. SPD-Mann Hakverdi spricht dort derzeit mit Demokraten, die in dem Staat wiedergewählt werden wollen. In den Gesprächen geht es häufig um einen möglichen Rückzug des in der Partei schwer kritisierten US-Präsidenten Biden. Rechtlich gesehen habe Biden wohl noch neun oder zehn Tage Zeit, um sich zu entscheiden, ob er Kandidat bleiben wolle, erklärt Hakverdi. Tatsächlich zählt für die Demokraten jetzt jeder Tag. „Mit Ende des Parteitags der Republikaner liegt der Ball jetzt klar im Feld von Joe Biden“, sagt der SPD-Abgeordnete. „Möglicherweise wird der Druck schon bald zur groß.“