Yacht-Drama in Italien: Wetterexperte Kachelmann spricht von „Fahrlässigkeit“ und zieht drastischen Vergleich

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Warum ist die Yacht „Bayesian“ gesunken? Wetterexperte Jörg Kachelmann schimpft, die Crew hätte auf das Unwetter in Italien vorbereitet sein müssen.

Palermo – „Wir haben es nicht kommen sehen“, das ist bislang die einzige Aussage von „Bayesian“-Kapitän James Catfield. Nach dem tragischen Yacht-Unfall in Sizilien türmen sich nun die Fragen. Wie konnte das Segelschiff so unerwartet von einem Tornado getroffen werden? Auch unklar, warum das Schiff während des Unwetters eine halbe Seemeile vor der Küste Italiens vor Anker lag.

Yacht „Bayesian“ ankerte bei Unwetter vor Sizilien – Kachelmann überzeugt: „Niemand wurde überrascht“

Das Video einer Überwachungskamera zeigt, wie die „Bayesian“ beim Sturm in weniger als zwei Minuten sank. „Es ging alles sehr schnell“, erinnert sich auch der deutsche Kapitän Karsten Börner, der mit der „Sir Robert Baden Powell“ in unmittelbarer Nähe war und die 15 Überlebenden vor dem Ertrinken rettete.

Wurden die Crew und Passagiere der Luxusyacht im Schlaf vom Unwetter überrascht? Der Wetterexperte Jörg Kachelmann kann sich mit dieser Erklärung nicht anfreunden. „Nein, es hat natürlich niemand geschlafen und nein, nichts kam ‚überraschend‘“, schreibt der Meteorologe auf X (Twitter).

„Fahrlässigkeit“: Kachelmann vergleicht Yacht-Unglück in Italien mit Kreuzfahrt-Katastrophe der Costa Concordia

Kachelmann kann nicht nachvollziehen, warum die „Bayesian“ nicht auf das Unwetter vorbereitet war. „Alle Computermodelle haben am Sonntag (18. August, d.R.) starke Gewitter für das Umfeld von Porticello vorhergesagt“, erklärt er und fügt hinzu: „Das Ausmaß von Fahrlässigkeit, dass das Schiff dort war, hat schettinske Dimensionen.“

Mit „schettinske Dimensionen“ bezieht sich Kachelmann offensichtlich auf Francesco Schettino, den Kapitän, der 2012 für das Unglück der Costa Concordia verantwortlich gemacht wurde. Schettino wurde als „Kapitän Feigling“ bekannt, weil er das Kreuzfahrtschiff als einer der Ersten verließ, nachdem es unter seiner Führung gegen einen Felsen gefahren war. Bei dem Unglück kamen 32 Menschen ums Leben und Schettino wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt.

Gewitter brachen um 2.45 Uhr vor Sizilien los: Hätte die Crew der „Bayesian“ reagieren müssen?

Selbst wenn die Crew sich „geweigert“ hätte, die Wettervorhersagen zu beachten, hätte sie laut Kachelmann lange vor dem Unwetter aufwachen müssen. Die ersten Gewitter brachen laut Wetterdaten gegen 2.45 Uhr vor Palermo aus, die Yacht sank gegen 4 Uhr. „Noch genug Zeit, alles für den Super-GAU bereits zu machen, den es zweifellos geben wird“, so der Meteorologe.

Gegen 2.45 fegte das erste Gewitter über die Küste von Sizilien: Eigentlich Zeit genug, um die Crew der „Bayesian“ zu wecken, vermutet Jörg Kachelmann. © Handout/Kachelmannwetter

Einige Medien aus Italien vermuten, die „Bayesian“ hätte ihre Anker nicht rechtzeitig lösen können, was bei Unwetter katastrophale Folgen haben kann. Auch die Nähe zur Küste war problematisch. „Auf dem offenen Meer kann ein Schiff extreme Wettersituationen grundsätzlich besser abwettern als dicht unter Land, wo im flacheren Wasser Wellen eher brechen und das Schiff gefährden“, erklärt Bootsbauer Jan Maas der FAZ. Tiefsee-Experte Philippe Epelbaum schildert bei IPPEN.MEDIA, dass eine große Welle, die zu viel Wasser an Bord spülte, zum schnellen Untergang der „Bayesian“ geführt haben könnte.

Was führte zum Bootsunglück vor Sizilien? Kachelmann hofft auf Ermittlungen zu fahrlässiger Tötung

Kachelmann sieht es offenbar nicht ausreichend, von einem Unwetter-Unglück vor Sizilien zu sprechen. Er mahnt: „Es ist auf einen Staatsanwalt zu hoffen, der sich mit fahrlässiger Tötung auskennt und hilft, dass sowas nicht mehr wieder passiert. Es hätte nie passieren dürfen.“ Beim Untergang der Luxusyacht kam mindestens ein Mann ums Leben, sechs Personen werden noch vermisst, darunter der britische Tech-Milliardär Mike Lynch. (moe)

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