Zum Weihnachtsfest: Geretsrieder Landwirtin verteilt Geschenke an Kinder in Flüchtlingslagern

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Weihnachtsengel: Alexandra Zwickl beim Verteilen von Mandarinen. © privat

Das Schicksal der Betroffenen in der Ukraine ließ sie nicht mehr los: Mit ihrem Lebensgefährten und einem Freund fuhr Alexandra Zwickl aus Geretsried in Flüchtlingslager, um Geschenke zu verteilen.

Geretsried – Ein Angriffskrieg, der Familien auseinanderreißt, der Menschen ihr Zuhause nimmt – ein Krieg, bei dem eigentlich jeder nur verlieren kann. Alexandra Zwickl, Landwirtin aus Geretsried, ließ das Schicksal der Betroffenen in der Ukraine nicht mehr los. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Robert Mayr und dessen Freund Heiner Grau machte sie sich zu Weihnachten auf den Weg in verschiedene Flüchtlingslager, um Geschenke an die Kinder zu verteilen.

Landwirtin aus Geretsried verteilt Geschenke an Kinder in Flüchlingslagern

Ihren Anfang nahm die ganze Geschichte im März 2022. Kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine lernte Zwickl über den Montessori-Verein Bad Tölz die Organisation „Grenzenlose Kinderhilfe“ kennen, die um Sachspenden und Lebensmittel bat. „Ich wollte einfach etwas tun“, sagt die Bäuerin. Ihre erste Maßnahme war etwas ungewöhnlich: Zwickl schickte über 17 000 Eier in die Ukraine (wir berichteten). Fast genau ein Jahr später sollte das 100 000. Ei dort ankommen.

Unbeschreibliche Freude: Glänzende Kinderaugen beim Empfang der Pakete.
Unbeschreibliche Freude: Glänzende Kinderaugen beim Empfang der Pakete. © privat

Nicht nur das. Alexandra Zwickl sammelte gemeinsam mit ihren Mitstreitern Hilfs- und Lebensmittel, bat um Weihnachtspäckchen für die Kinder. Sie intensivierte den Kontakt zur „Grenzenlosen Kinderhilfe“, deren Gründer Janos Mester direkt ukrainische Waisenhäuser in Nagydobrony und Munkacs unterstützt. 120 Lastwagen mit über 350 Tonnen Ladung erreichten so innerhalb von zwölf Monaten die notleidenden Menschen.

Zum Weihnachtsfest 2023 wollte die Bäuerin sich selbst erneut auf den Weg machen. Ihr Ziel war ehrgeizig: Sie wollte nicht nur Mester 500 „Weihnachten im Schuhkarton“-Päckchen überreichen, sondern selbst ein Lager besuchen und Geschenke verteilen. Ihre Bitte nach Unterstützung wurde erhört: Schon bald stapelte sich auf Zwickls „Donibauer“-Hof Geschenk um Geschenk. „Bei 1000 habe ich aufgehört zu zählen. Das ist gigantisch“, erzählt die quirlige junge Frau mit strahlenden Augen.

Geschenke für Ukraine-Flüchtlinge: Bei Landwirtin stapelten sich Pakete - „Bei 1000 habe ich aufgehört zu zählen“

Am 23. Dezember machte sich das Trio – Zwickl, Mayr und Grau – gegen Abend mit seinen zwei Transportern plus Anhänger auf den Weg. „Wir hatten bis an die Belastungsgrenze geladen“, sagt sie. Die Folge bekamen sie bei jeder Steigung zu spüren. „Wir krochen mit heißem Motor und Tempo 40 hoch.“ Doch: „Wo es hochgeht, geht es auch wieder runter. Da konnte er ja wieder abkühlen.“ Da die Grenzübergänge zur Ukraine wegen der vielen Blockaden unpassierbar waren, steuerten sie als Ziele Lager in Rumänien und in Ungarn an.

Gleich im ersten, in dem rund 3000 Menschen – darunter etwa 500 Kinder – leben, wurde die Situation „beklemmend“, wie es Grau formuliert. Als die Bewohner nämlich bemerkten, was die Besucher an Bord hatten, kippte die Stimmung. Einige der Jugendlichen wurden aggressiv. „Wenn uns die Lagerleitung nicht zur Seite gestanden hätte, wäre alles weggewesen“, sagt Grau.

Auf Tour: Robert Mayr, Alexandra Zwickl und Heiner Grau.
Auf Tour: Robert Mayr, Alexandra Zwickl und Heiner Grau. © Sh

Dennoch haben die drei Bayern und auch Mester, der mittlerweile dazugestoßen war, Verständnis: „Wir kommen einfach daher, geben Sachen ab und fahren zurück in unser Leben. Ein Leben, in dem wir uns kaufen können, was wir brauchen, wo wir uns weiterbilden können, reisen, wohin wir wollen. Hier sind Menschen, die nicht einmal eine dieser Möglichkeiten haben.“ Im Gegenteil: „Not, wohin man schaut. Erschütternd.“

Die Geretsrieder wandten sich an den Pfarrer. „Wir übergaben ihm die Geschenke zur Verteilung“, erzählt Mayr. „Wir wollten ja auch nicht, dass die Situation eskaliert.“

Wenn vier Kinder in einem Bett schlafen müssen, wenn man in so vielen Augen Hoffnungslosigkeit sieht - das kann einen nicht kalt lassen.

In Ungarn war die Lage fast umgekehrt. „Wir wurden in der Stadthalle inklusive Bürgermeister empfangen“, berichtet Zwickl. Die Verteilung der Gaben ging ohne Probleme über die Bühne – und zauberte so manchem Kind ein Strahlen ins Gesicht. „Da kommen einem selbst die Tränen“, sind sich die vier einig.

Im dritten Lager wurden die „Weihnachtsmänner“ ebenfalls sehnsüchtig erwartet. „In diesem Jahr hat es so sehr an Geldern gefehlt, dass für Geschenke für Kinder nichts mehr übrig war“, sagt Zwickl. Als besonders belastend empfanden die Reisenden die Armut, die ihnen überall begegnete. „Wenn vier Kinder in einem Bett schlafen müssen, wenn man in so vielen Augen Hoffnungslosigkeit sieht – das kann einen nicht kalt lassen“, sagt Mayr.

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Gleichzeitig ist es aber auch ein Ansporn, um weiterzumachen. „Das nächste Mal nehmen wir einen 7,5-Tonner“, geht Zwickl bereits die Planung für den nächsten Transport an. „Und wir werden nachfragen, was dringend gebraucht wird, sozusagen als Bedarfserhebung, um gezielter helfen zu können.“

Doch nach vier Tagen anstrengender Fahrt, Übernachtungen im Camper („Einmal schliefen wir auf einem Friedhofsparkplatz“) und emotionalen Erfahrungen ist nun eine kurze Phase der Erholung angesagt. „Wir werden jetzt erst einmal zwei Monate durchschnaufen“, sind sich Zwickl, Mayr und Grau einig. Und dann? Zwickl lacht verschmitzt: „Na was wohl? Weitermachen.“ sh

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