Einschätzung Tschechiens: Putin könnte im Ukraine-Krieg die Oberhand gewinnen

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Der tschechische Präsident Petr Pavel klagt die langsame Hilfe des Westens für die Ukraine an. Sollte die Unterstützung nicht steigen, wäre das ein Vorteil für Putin.

Prag – Alarmstimmung in Osteuropa: Tschechiens Präsident Petr Pavel hat kurz vor seiner Reise nach Italien in einem Interview mit der italienischen Zeitung Corriere Della Sera den Umfang der Hilfsgüter westlicher Staaten für die Ukraine als zu gering bezeichnet. So hätten sich auch ukrainische Beamte bereits beschwert, dass die Lieferungen nur schleppend vonstattengingen.

US-Hilfsmittel für Ukraine zu 96 Prozent aufgebraucht

Nicht nur, dass die Lieferungen zu langsam seien, die USA hätten bereits angekündigt, dass 96 Prozent ihrer für die zur Unterstützung im Ukraine-Krieg gedachten militärischen Mittel bereits aufgebraucht seien. „Sollten wir die Möglichkeit verpassen, unsere Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten, könnte das nächste Jahr für Russland noch besser werden“, sagte Pavel im Interview.

Petr Pavel
Tschechiens Präsident Petr Pavel betont, der Westen müsse seine Unterstützung für die Ukraine noch einmal intensivieren. © Michael Kappeler/dpa

Der kommende Winter und die erlahmende Gegenoffensive der Ukraine könne Wladimir Putin die nötige Zeit verschaffen, das Land wieder aufzubauen und mehr Waffen, Munition und Soldaten zu beschaffen. Die Ukraine, in der ein großer Teil der Infrastruktur zerstört wurde, sehe einem harten Winter entgegen, der vor allem die Bevölkerung schwer treffen werde. „Wir haben keine andere Wahl, als der Ukraine alles zu geben, was sie braucht, um ihre Mission zur Wiederherstellung der Souveränität und Kontrolle ihrer Grenzen erfolgreich zu erfüllen.“

Ausbleiben deutscher Raketen sorgt für Unsicherheit in der Ukraine

Im Besonderen hebt Pavel die Rolle Deutschlands bei den ausbleibenden Lieferungen hervor. Während Staaten wie Frankreich und Großbritannien bereits Raketen in die Ukraine geliefert haben sollen, habe „Berlin noch nicht entschieden, ob es diese Raketen liefern soll oder nicht“. Das sorge auf Seiten der Ukraine für Unsicherheiten in der militärischen Planung.

Im Gegensatz dazu würden die Partner Russlands über große Waffen- und Munitionsbestände verfügen. So hätte alleine Nordkorea ein Potenzial von einer Million Artilleriegeschosse. „Aber ich glaube weiterhin daran, dass wir die Fähigkeit haben, Dinge zu verändern“, so Pavel.

Russland macht Fortschritte trotz hoher Verluste

Die Einschätzung, dass Russland im Ukraine-Krieg die Oberhand gewinnen könnte, ist im Kontext der herbsten Verluste Russlands seit Beginn des Angriffskriegs durchaus überraschend. Die Schlachten um die Stadt Awdijiwka waren aber nicht nur von Verlusten für Russland gekennzeichnet. Russische Soldaten konnten auch einige Fortschritte in Richtung der strategisch wichtigen Stadt machen.

Pavel fügt noch hinzu, dass der Krieg in Israel auch zu Russlands Vorteil werden könne, da dieser die Aufmerksamkeit westlicher Staaten auf sich ziehe. Auch Wolodymyr Selenskyjs Solidarität mit Israel könnte einigen Staaten sauer aufstoßen und die Unterstützung für die Ukraine weiter schmälern. (nhi)

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