Bauerndemo vor Grünen-Versammlung: Schulze-Besuch in Wolfratshausen von Protest begleitet

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen

KommentareDrucken

Traktoren vor dem Badehaus: Vor einem Gesprächsabend der Grünen in Waldram protestierten am Donnerstagabend an die 100 Landwirte. Imposant war die zugehörige Maschinenschau – 32 Traktoren zählte die Polizei. © Hans Lippert

Katharina Schulze führte in Wolfratshausen ein geheimes Gespräch mit Landwirten - ein „gutes Gespräch“, sagen beide Seiten. Trotzdem gab es Protest.

Wolfratshausen – Katharina Schulze hatte gerade gewohnt engagiert vom Wirtschaftsstandort Bayern gesprochen und ein Stück von ihrem Camembert-Baguette abgebissen („Entschuldigung, ich habe noch nichts gegessen“) als es vor dem Haus laut hupte. Dann bimmelte eine Kuhglocke am Kolpingplatz. Und während die Frontfrau der bayerischen Grünen am Donnerstagabend noch in kleiner Runde von „guten Gesprächen“ mit örtlichen Landwirten erzählte, formierte sich Protest. Gut 100 Demonstranten standen vor der Tür. Die Polizei zählte 32 Traktoren.

Bauern und Katharina Schulze
Krisentreff: Grünen-Landespolitikerin Katharina Schulze (in rot) traf sich im Badehaus mit einigen BBV-Vertretern und grünen Kollegen. Aus dem Landkreis waren Obmann Peter Fichtner (3. v. li) und Maximilian Kranz (rechts daneben) dabei. © Hans Lippert

Maximilian Kranz führte den Protest mit an. Er hatte zuvor an dem Gespräch im Badehaus teilgenommen. Schulze stellte sich zusammen mit örtlichen Grünen-Spitzen den Kreisobmännern des Bayerischen Bauernverbands (BBV) aus Miesbach, Starnberg und dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. „Sie hat uns zugehört“, sagte der Dietramszeller. „Es war die erste Partei, die sich mit uns getroffen hat.“ Schulze habe Verständnis geäußert „und sie hat erklärt, wo’s in der Politik hakt“.

Grüner Mittwoch: Katharina Schulze ist Hauptrednerin zum Thema Demokratie

Schulze war im Badehaus nicht zu einem agrarpolitischen Fachvortrag eingeladen, sondern zu einer Grünen-Veranstaltung zum Thema „Demokratie stärken“.(Bericht folgt) Während der zweistündigen Diskussion kam die Agrarpolitik aber immer wieder zur Sprache. Auch, weil einige Landwirte im Publikum saßen. Peter Lichtenegger aus Thanning etwa. „Bei den Entscheidungen wurden die Landwirte nicht gehört“, sagte er. Dabei gehöre zur Demokratie, alle zu Wort kommen zu lassen.

Die Landespolitikerin stellte klar: „Die Entscheidungen, die kurz vor Weihnachten getroffen wurde, fand ich falsch.“ Es ging um massive Kürzungen der Agrar-Subventionen. Inzwischen wurden große Teile zurückgenommen – „eineinhalb von zwei Entscheidungen“. Sie wehrte sich daher gegen den Vorwurf, die Politik habe den Landwirten nicht zugehört. Die aktuelle Debatte sei nur der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass habe überlaufen lassen, meinte Schulze. „Auf dem Fass steht aber ,CDU/CSU – 30 Jahre verfehlte Agrarpolitik’.“

Landwirt spricht von „Diskrepanz“ - Land-Probleme in der Stadt nicht bekannt

Lichtenegger bemängelte eine Diskrepanz zwischen Großstadt und Land. „Die beobachte ich mit großer Sorge“, bestätigte die Grüne, die in Herrsching aufgewachsen ist. Anton Huber aus Oberherrnhausen erklärte, dass es den Landwirten nicht darum gehe, möglichst viele Subventionen abzugreifen. „Wir wollen angemessenes Geld für unsere Produkte.“ Dass der Liter Bio-Milch seinen Hof für 55 Cent verlässt und im Supermarkt 1,80 Euro kostet, sorgt für Verdruss. „Wo die 1,25 Euro hingehen, weiß ich nicht.“ Huber forderte politische Lösungen gegen die Marktmacht einzelner, weniger Großkonzerne.

Als die Besucher im Badehaus noch bei Getränken und Schnittchen zusammenstanden, waren vor dem Erinnerungsort nur noch ein paar Demonstranten übrig. Der Chef der Wolfratshauser Polizei, Andreas Czerweny, sprach von einem ruhigen Protest. „Wir haben die Spielregeln erklärt“, sagte er. Die Teilnehmer hätten sich daran gehalten – zum Beispiel von großem Lärm abgesehen und die Rettungswege freigehalten. Die Demo sei nicht angemeldet gewesen, die Polizei habe aber ohnehin ein Auge auf die Veranstaltung gehabt: „Zum einen, weil die Fraktionssprecherin einer Landtagsfraktion zu Gast war – zum anderen, weil es sich beim Badehaus um einen sensiblen Ort handelt.“

Landwirt findet Grünen-Frontfrau „schwer in Ordnung“

Dass der Protest ruhig verlaufen sei, betonte auch Maximilian Kranz. „Eine Person ist etwas forscher aufgetreten – die gehörte aber nicht zu uns.“ Wichtig sei gewesen, Präsenz zu zeigen – und die Unzufriedenheit. Zwar habe ihm das Gespräch mit der Grünen-Politikerin „getaugt“ und Schulze kam ihm „schwer in Ordnung“ vor. An den Forderungen der Landwirte ändere das aber nichts. Kranz zählte auf: Düngeverordnung, CO2-Steuer, Milchabkommen, Bürokratie-Ungetüme – die Liste ist lang. „Es geht uns nicht nur um die Landwirtschaft.“ Die Bürokratie betreffe jeden – und dass von den Rekord-Steuereinnahmen „zu wenig vor Ort ankommt“, sei auch kein spezielles Thema der Bauern.

Schulze forderte im Badehaus Konzepte, um die Landwirte zu unterstützen. Unter anderem wolle sie staatliche Kantinen – in Schulen oder Behörden – dazu verpflichten, Produkte von regionalen Anbietern zu kaufen. Das würde eine gewisse Planbarkeit für die Bauern mitbringen. Und nebenbei trage es zur gesunden Ernährung von Schülern bei. (Bericht zur Grünen-Versammlung folgt)

Auch interessant

Kommentare